SP-OÖ-Chef Lindner hat sich Wechsel „so nicht gewünscht“
„Wir haben uns das beide so nicht gewünscht“, sagt der designierte oö. SPÖ-Chef Michael Lindner (38) nach der Absetzung seiner Vorgängerin im Gespräch mit der APA. Bei der Zusammenstellung seines Teams will er auf Verjüngung und Frauen setzen, bei seiner Wahl die Mitglieder beteiligen. Am Einfluss der Gewerkschaften rüttelt er nicht. Die SPÖ müsse Antworten auf Zukunftsfragen wie Digitalisierung und Klimaschutz liefern und die ÖVP als Wirtschafts- und Familienpartei ablösen.
Hinter Michael Lindner liegt eine turbulente Woche: Dass der Klubchef die Landespartei von Birgit Gerstorfer übernimmt, überrascht nicht wirklich, wohl aber Tempo und Stil des Wechsels, an denen Lindner Kritik durchklingen lässt: „Wir waren schon mitten in einem Veränderungsprozess“, den Gerstorfer mit ihrer Ankündigung 2027 nicht mehr zu kandidieren, selbst eingeleitet habe. „Da hätte es andere Möglichkeiten für die Zukunft gegeben, jetzt müssen wir mit der Situation so umgehen, wie sie jetzt ist.“
Den Stein ins Rollen gebracht hat eine Impfkampagne. Der Plan sei zwar bekannt gewesen, „aber diese Form des Sujets habe ich vorher nicht gekannt“. Das sei „intern zu wenig abgestimmt“ gewesen, übt er indirekt Kritik an seiner Vorgängerin. „Unser politisches Ziel war und ist, dass wir positiv von der Impfung überzeugen“, aber die Kampagne sei dafür „nicht geeignet“ gewesen. Daher werde sie auch beendet.
Bereits zuvor hatten sich Gerstorfer und ihr Landesgeschäftsführer Georg Brockmeyer, der ebenfalls gehen muss, aber Ärger mit der mächtigen Gewerkschaft eingehandelt: Eine im Auftrag der Partei erstellte Analyse riet, diese in ihrem Einfluss zu beschneiden. Ob die Gewerkschaft die Ablöse Gerstorfers orchestriert habe, will Lindner „nicht beurteilen“, aber es habe im Präsidium „eine sehr offene und breite Diskussion gegeben“. Dass er letztlich einstimmig unterstützt wurde, „hat mir schon gezeigt, dass wir jetzt alle an einem Strang ziehen“.
Lindner, der am Montag im Parteivorstand zum geschäftsführenden Vorsitzenden gewählt wird, ist anders als seine quereingestiegene Vorgängerin in der Partei groß geworden. Vielleicht hütet er sich auch deshalb, am Einfluss der Gewerkschaft zu rütteln: „Der Austausch und die Zusammenarbeit werden noch enger werden müssen, weil wir auch in der Arbeitswelt Herausforderungen haben“. Dennoch - die umstrittene Analyse werde sicher nicht in der Schublade verschwinden, „sie ist die Grundlage für einen wichtigen Veränderungsprozess“, betont er. „Herzensprojekt dabei ist für mich das politische Zukunftsbild für Oberösterreich. Ich will Politik für heute und für morgen machen“, wobei er „heute“ an den Themen (Kinder)bildung, Frauen und Vermögensverteilung festmacht, die Herausforderungen für „morgen“ sieht er in der Digitalisierung, einem sozial gerechten Klimaschutz oder Veränderungen in der Arbeitswelt. Er bleibt also seiner Vorgängerin inhaltlich nahe.
Innerparteilich setzt er auf Mitbestimmung: „Die Mitglieder werden bei der Vorsitzwahl (beim Parteitag im September, Anm.) eingebunden. Ich werde am Montag beim Parteivorstand vorschlagen, dass sich eine Arbeitsgruppe ein konkretes Modell überlegt.“ Die SPÖ soll „dynamischer und offener werden“. Seine Rolle in der Bundespartei legt er vorerst zurückhaltend an: „Ich glaube, dass es schon viel zu viele Zurufer gibt. Ich bin ein Anpacker.“ Er werde sich jetzt einmal um die Landespartei kümmern.
Ein Blick in den Rückspiegel zeigt Lindner, „dass wir den Markenkern der SPÖ schärfen“ müssen. „Das ist uns vielleicht ein bisschen zu wenig im Wahlkampf gelungen.“ Man müsse sich auch inhaltlich erweitern. Für Lindner ist es an der Zeit, „dass die SPÖ die ÖVP als Wirtschafts- und Familienpartei ablöst“, etwa weil die Volkspartei einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung „blockiert“.
Was sein künftiges Team angeht, „gibt es viele Personen und Namen, die mir im Kopf herumschwirren“, aber er stehe noch ganz am Anfang. Wichtig sei, dass es „ein Vorschlag ist, bei dem alle mitkönnen, der Frauen gut repräsentiert und vielleicht eine Verjüngung ist“. Fix ist, dass er Gerstorfer nach dem Parteitag als Landerat ablösen wird. Er sei aber „im ständigen Austausch mit ihr und das werde ich bis in den Herbst so weiter pflegen“.
Dass die SPÖ seit der Landtagswahl kantiger auftrete, sei einfach den Machtverhältnissen geschuldet, die eine „starke parlamentarische Kontrolle erfordern“. Einen Sideletter mit der ÖVP habe die in der Proporzregierung mit einem Sitz vertretene SPÖ - im Gegensatz zu den Grünen - nicht. Bei jenem zwischen den Regierungspartnern ÖVP und FPÖ „wäre ich sehr dafür, dass das transparent wird.“