Putin ordnet Entsendung von Truppen in Ostukraine an
Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Entsendung von Truppen in die Ostukraine angeordnet. Die Einheiten sollen in den von Moskau nun als unabhängige Staaten anerkannten „Volksrepubliken Luhansk und Donezk“ für Frieden sorgen, wie aus einem Dekret hervorgeht, das der Kremlchef in der Nacht auf Dienstag in Moskau unterzeichnet hat. Wann die Soldaten entsendet werden, war zunächst unklar. Als Reaktion kündigten die EU und die USA umgehend Sanktionen an.
Zudem wies Putin das Außenministerium an, diplomatische Beziehungen zu den beiden Regionen aufzunehmen, die völkerrechtlich zur Ukraine gehören. Zuvor hatte Putin die selbst ernannten „Volksrepubliken Donezk und Luhansk“ als unabhängige Staaten anerkannt.
Laut dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte haben sich die EU-Staaten auf ein begrenztes Sanktionspaket verständigt. „Ziel sind jene, die für diese Entscheidung verantwortlich sind“, sagte Rutte im niederländischen TV. Entscheidungen zu Details der Maßnahmen würden vermutlich am Dienstag getroffen.
Auch die US-Regierung wird mit Sanktionen auf Russlands Entscheidung reagieren. US-Präsident Joe Biden werde in Kürze eine entsprechende Anordnung erlassen, teilte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, mit. Die Maßnahmen sollen demnach neue Investitionen, Handel und Finanzierung durch US-Personen in Donezk und Luhansk verbieten.
US-Außenminister Antony Blinken erklärte: „Die Anordnung (von US-Sanktionen) soll Russland daran hindern, von dieser eklatanten Verletzung des Völkerrechts zu profitieren.“ Die Strafmaßnahmen richteten sich nicht gegen die ukrainische Bevölkerung oder die ukrainische Regierung und ermöglichten die Fortsetzung humanitärer und anderer Aktivitäten in diesen Regionen. Russlands Entscheidung stelle eine völlige Abkehr der von Russland im Rahmen der Minsker Vereinbarungen eingegangenen Verpflichtungen dar, so Blinken weiter. Sie stehe außerdem im direkten Widerspruch zu Russlands „behauptetem Bekenntnis zur Diplomatie“ und sei ein „klarer Angriff auf die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine“.
Zuvor hatte Putin die Staatlichkeit der Ukraine als Ganzes infrage gestellt. Der Kremlchef bezeichnete die Ukraine als einen durch Russland unter dem kommunistischen Revolutionsführer Lenin geschaffenen Staat. Die Denkmäler Lenins seien dort zerstört worden als Zeichen der „Entkommunistifizierung“, so Putin mit Blick auf die Abschaffung der Überreste des Kommunismus. „Wir sind bereit, der Ukraine zu zeigen, was eine echte Entkommunistifizierung ist.“ Zudem warnte Putin in einer TV-Ansprache davor, dass in der Ukraine Atomwaffen hergestellt werden könnten. „Wir wissen, dass es bereits Berichte gab, die Ukraine wolle ihre eigenen Atomwaffen herstellen. Das ist keine leere Prahlerei“, meinte der Kreml-Chef. „Die Ukraine verfügt tatsächlich immer noch über sowjetische Nukleartechnologien und Trägersysteme für solche Waffen.“
Deutschland, die USA und Frankreich verurteilten die Anerkennung der Unabhängigkeit der selbst proklamierten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in der Ostukraine durch Putin scharf und eine kündigten eine Reaktion an. US-Präsident Joe Biden, der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron seien sich in einem Gespräch einig gewesen, dass es sich um einen klaren Bruch des Minsker Friedensabkommens für die Ostukraine handle, erklärte der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montagabend. Dieser Schritt werde nicht unbeantwortet bleiben.
Scholz, Biden und Macron hätten sich solidarisch mit der Ukraine erklärt und die bisher zurückhaltende Reaktion von Präsident Wolodymyr Selensky gewürdigt, erklärte Hebestreit weiter. „Die Partner waren sich einig, nicht nachzulassen in ihrem Einsatz für die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine. Zugleich werde man sich nach Kräften dafür engagieren, eine weitere Eskalation der Lage zu verhindern.“
Seit 2014 kämpfen vom Westen ausgerüstete ukrainische Regierungstruppen gegen von Russland unterstützte Separatisten in der Donbass-Region nahe der russischen Grenze. UNO-Schätzungen zufolge wurden seitdem mehr als 14.000 Menschen getötet.