NATO warnt vor großem Angriff Russlands auf Ukraine
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat vor einem „groß angelegten Angriff“ Russlands auf die Ukraine gewarnt. Das Militärbündnis beobachte einen fortgesetzten russischen Truppenaufmarsch und Vorbereitungen für einen solchen Angriff, sagte Stoltenberg am Dienstag nach einer Sitzung des NATO-Ukraine-Komitees in Brüssel. Er sprach von der gefährlichsten Lage für Europa innerhalb einer Generation.
Stoltenberg begrüßte den deutschen Stopp des Genehmigungsverfahrens für die umstrittene Gas-Pipeline Nord Stream 2. Zugleich verurteilte der Norweger die Entscheidung Russlands zur Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk sowie „den weiteren russischen Einmarsch in die Ukraine“. Russland sei nun von verdeckten Versuchen, die Ukraine zu destabilisieren, zu offenen militärischen Aktionen übergegangen. „Das ist eine ernsthafte Eskalation Russlands“, sagte Stoltenberg.
Auf die Frage, ob er das russische Vorgehen als Invasion bezeichnen würde, antwortete Stoltenberg, dass Russland die Ukraine bereits 2014 überfallen habe. Nun sehe man eine weitere Invasion eines Landes, das bereits überfallen worden sei. Russland habe versprochen, sich von der Grenze zur Ukraine zurückzuziehen, doch der Aufmarsch werde fortgesetzt. Man sehe, dass immer mehr Streitkräfte zum Angriff bereit seien.
Außerdem gebe es die andauernden Provokationen im Donbass sowie verschiedene Operationen unter falscher Flagge, mit denen versucht werde, einen Vorwand für einen Angriff zu schaffen. Am Vorabend habe man zudem gesehen, dass weitere russische Truppen in den Donbass vorgerückt seien. Außerdem verwies Stoltenberg auf die drohende Rhetorik Russlands, die am Montagabend von Präsident Wladimir Putin bestätigt worden sei. Zugleich rief er Moskau zur Deeskalation auf: „Es ist nie zu spät, nicht anzugreifen.“
Vertreter der 30 NATO-Staaten waren am Dienstagnachmittag in Brüssel zu einem Sondertreffen mit Vertretern der Ukraine zusammen gekommen. Es wird erwartet, dass die NATO der Ukraine bei dem Treffen weitere Hilfe und Solidarität im Konflikt mit Russland zusichert. Als ausgeschlossen gilt allerdings direkte militärische Unterstützung. Da die Ukraine kein Mitglied des Bündnisses ist, kann sie auch nicht nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrags Beistand beantragen.
Derzeit unterstützt die NATO die Ukraine zum Beispiel beim Aufbau von Cyberabwehr-Fähigkeiten und mit Beratung. Zudem liefern einzelne Alliierte wie die USA auf Grundlage von bilateralen Vereinbarungen Waffen.