Diskriminierung beim Blutspenden womöglich vor dem Aus
In die bestehende Regelung beim Blutspenden, die die LGBTIQ-Community diskriminiert, könnte nach einem Vorstoß von Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) Bewegung kommen. Sie hatte am Dienstag zunächst in der Tageszeitung „Heute“ erklärt, sie verstehe in diesem Bereich „die Diskriminierung von Jungen und Homosexuellen ganz und gar nicht“. Darauf reagierte am Abend Gesundheitsminister Johannes Rauch: „Die sexuelle Orientierung darf beim Blutspenden keine Rolle spielen.“
Gegenüber der APA erklärte Rauch, er sei „sehr dafür, das Risiko individuell zu bewerten - wie meine beiden Vorgänger im Übrigen auch schon“. Er begrüße daher „die Unterstützung von Staatssekretärin Claudia Plakolm“ und freue sich, „wenn wir hier gemeinsam rasch in die Umsetzung kommen.“
Auch die Grüne LGBTIQ- und Menschenrechtssprecherin Ewa Ernst-Dziedzic zeigte sich über den Vorstoß von Staatssekretärin Plakolm erfreut. Die aktuelle Diskriminierung sei unhaltbar, meinte sie einer der APA übermittelten Stellungnahme: „Der Zugang zur Blutspende muss auf das individuelle Risiko abzielen und nicht auf den pauschalen Ausschluss ganzer Gruppen durch eine unrealistische und diskriminierende Rückstellfrist. Es freut uns, dass sich diese Sichtweise offenbar auch in der ÖVP durchzusetzen beginnt. Das sollte es auch beim Roten Kreuz.“
Zuvor hatte Plakolm gegenüber der APA bekräftigt, es sei „kontraproduktiv“, beim Blutspenden zusätzliche Hürden einzuziehen, wenn „jede Spende ohnehin genauestens untersucht wird“. Die Jugendstaatssekretärin war Dienstagfrüh mit ihrem Team dem medialen Aufruf Blut zu spenden gefolgt, um zur Versorgung der Ukraine mit Blutkonserven beizutragen. Drei von acht Teammitgliedern konnten allerdings dann gar nicht spenden, weil gewisse Ausschlussgründe vorlagen. So sind Homosexuelle, Bisexuelle und Transpersonen zum Blutspenden nach wie vor nicht zugelassen, sofern sie in den letzten zwölf Monaten Sex mit Männern hatten. Außerdem ist grundsätzlich ein Mindestalter von 18 erforderlich - für Plakolm unverständlicherweise: „Mit dem Blutspenden ist es aus meiner Sicht wie mit dem Fahrradfahren. Wenn man es als Junger nicht anfängt, wird man es als Erwachsener wesentlich unwahrscheinlicher tun.“
Im Dezember 2020 hatte im Gesundheitsausschuss des Nationalrats ein Hearing zum Blutspendeverbot stattgefunden, bei dem sich medizinische Expertinnen und Experten für ein rasches Ende der diskriminierenden Praxis aussprachen. Im Gesundheitsministerium wurde darauf eine eigene Kommission eingerichtet, die sich für eine Verkürzung der Rückstellungsfrist von zwölf auf vier Monate aussprach. Umgesetzt wurde das bisher nicht. „Wenn der Bericht der Kommission besagt, dass eine Verkürzung der Rückstellungsfrist von zwölf auf vier Monate empfohlen wird, dann bin ich sehr dafür, dass das so schnell wie möglich seitens der Beteiligten in konkrete Schritte umgesetzt wird“, verlangte nun Plakolm. Einerseits würde jede Blutkonserve benötigt, die Leben retten kann, „und andererseits halte ich jegliche Diskriminierung für vorgestrig“, meinte die Jugendstaatssekretärin.
Die SPÖ und die NEOS machen sich seit Jahren für ein Ende der Diskriminierung beim Blutspenden stark. Mit Johannes Rauch gebe es inzwischen den dritten grünen Gesundheitsminister - und beim Thema Blutspenden habe sich „exakt nichts verbessert“, konstatierte SPÖ-LGBTIQ-Sprecher Mario Lindner am Dienstagnachmittag in einer Aussendung. Dabei wäre Rauch in der Lage, „der unwissenschaftlichen Diskriminierung von Schwulen, Bisexuellen und Transpersonen noch heute per Verordnung einen Riegel vorschieben“.
Für NEOS-LGBTIQ-Sprecher Yannick Shetty „ist es bemerkenswert, dass es in der ÖVP nun ein Umdenken gibt und auch die konservative Staatssekretärin ihre Meinung geändert hat“. Der Ausschluss einer derart großen Personengruppe wie der LGBTIQ-Community von der Blutspende sei „medizinisch nicht notwendig, EU-rechtswidrig und diskriminierend“- und koste obendrein „Menschenleben, da gerade da angesichts der Pandemie und des Kriegs in der Ukraine Blutspenden dringendst gebraucht werden“, meinte Shetty. Es erscheine „besonders absurd“, dass unter mittlerweile drei grünen Gesundheitsministern das Blutspende-Verbot aufrecht erhalten wird.
Das könnte demnächst Geschichte sein. Schon der damalige Grüne Gesundheitsminister Rudolf Anschober habe „Sofortmaßnahmen auf den Weg gebracht, darunter eine Verkürzung der Rückstellfrist von zwölf auf vier Monate“, bemerkte die Grüne LGBTIQ- und Menschenrechtssprecherin Ernst-Dziedzic. Jetzt sei es an der Zeit, „den nächsten Schritt zu gehen und die Rückstellfrist ganz abzuschaffen. Daran werden wir weiter unermüdlich arbeiten. Ich freue mich über jede Unterstützung dabei“.