Russland setzt in Ukraine-Krieg erneut Hyperschallrakete ein

Die Kämpfe in der Ukraine sind auch am 25. Tag des russischen Krieges gegen das Nachbarland weitergegangen. Russland berichtete erneut vom Einsatz einer Hyperschallrakete, die ukrainische Seite sprach von Angriffen auf verschiedene Städte und auch Toten in der Nacht auf Sonntag. Vor allem die Lage in der Hafenstadt Mariupol blieb katastrophal, nach Angaben des Stadtrats wurde dort eine Kunstschule Ziel eines Bombenangriffs. 400 Menschen hätten dort Schutz gesucht.

Russland warnte warnt vor einer humanitären Katastrophe in Mariupol und forderte die dort aktiven ukrainischen Streitkräfte auf, die Waffen niederzulegen. „Es hat sich eine schreckliche humanitäre Katastrophe entwickelt“, erklärt der Leiter des Nationalen Zentrums für Verteidigung, Michail Misinzew, mit Blick auf die Lage in der Stadt. „Allen, die ihre Waffen niederlegen, wird ein freies Geleit aus Mariupol garantiert.“ Er kündigte an, Fluchtkorridore sollten am Montag ab 10.00 Uhr Moskauer Zeit (08.00 MEZ) geöffnet werden.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wandte sich mit drastischen Worten an die Bevölkerung in Russland. Es häuften sich die Leichen russischer Soldaten, sagte er in einer Videobotschaft. Er teilte in der Nacht per Videobotschaft mit, dass der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat die Arbeit einer Reihe von prorussischen Parteien für die Dauer des Krieges im Land verboten habe. „Die Aktivitäten von deren Politikern, die auf Spaltung oder Kollaboration abzielen, werden keinen Erfolg haben, dafür aber eine harte Antwort erhalten“, wurde Selenskyj von der „Ukrajinska Prawda“ zitiert. Zu den betroffenen Parteien gehören unter anderem die „Oppositionsplattform für das Leben“ und der „Oppositionsblock“, die auch im Parlament vertreten sind. Sie gelten ebenso wie die übrigen neun nunmehr verbotenen außerparlamentarischen Parteien als euroskeptisch, antiliberal oder als prorussisch.

Am Sonntag unterstrich Selenskyj erneut seine Bereitschaft zu persönlichen Verhandlungen mit Kremlchef Wladimir Putin über ein Ende des Kriegs in seinem Land. „Ich bin bereit für Verhandlungen mit ihm“, sagte Selenskyj am Sonntag dem US-Sender CNN laut Übersetzer. „Wenn es nur eine einprozentige Chance gibt, diesen Krieg zu stoppen, dann denke ich, dass wir sie ergreifen müssen.“ Selenskyj machte deutlich, dass die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine sowie ihre Unabhängigkeit nicht zur Verhandlung stehen könnten. Von westlichen Staats- und Regierungschefs forderte der ukrainische Präsident Sicherheitsgarantien für sein Land.

Selenskyj zeigte in der CNN-Sendung ein Video, das erschütternde Kriegsszenen in der Ukraine zeigte, zugleich aber Optimismus verbreiten sollte. „Wir werden gewinnen, und es wird neue Häuser, neue Städte, neue Träume geben“, hieß es in dem Video.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj setzte in einer Video-Botschaft an Israel Russland mit Nazi-Deutschland gleich und warf dem Kreml einen Plan zur Auslöschung der Ukraine vorgeworfen. „Hört darauf, was jetzt in Moskau gesagt wird: „Endlösung“, aber jetzt bereits in Bezug auf die ukrainische Frage“, sagte der 44-Jährige am Sonntag in einem Video-Auftritt vor Knesset-Abgeordneten.

Im Hinblick auf die ständigen russischen Raketenangriffe sagte Selenskyj: „Jeder in Israel weiß, dass Ihre Raketenabwehr die beste ist. Jeder weiß, dass Ihre Waffen stark sind.“ Für ihn stelle sich daher die Frage, warum Israels Regierung bisher weder Waffen an Kiew geliefert noch sich den westlichen Sanktionen gegen Moskau angeschlossen habe. Israel müsse die Wahl treffen, ob es das Leben auch ukrainischer Juden retten wolle.

Die russische Armee rückte bei ihrem Angriffskrieg gegen die Ukraine im Osten der Ukraine um zwölf Kilometer vor. Die Grenze der Siedlung Nikolske nordwestlich der Stadt Mariupol wurde laut russischem Verteidigungsministeriums erreicht. Von ukrainischer Seite gab es dazu keine Angaben.

Das russische Militär setzte nach eigenen Angaben abermals die Hyperschallrakete „Kinschal“ (Dolch) ein. Ein Treibstofflager im Süden der Ukraine wurde demnach getroffen. Der Militärstützpunkt im Gebiet Mykolajiw sei aus dem Luftraum über der von Russland annektierten Halbinsel Krim angegriffen worden, sagte Igor Konaschenkow, Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, in Moskau. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Am Samstag hatte Russland das erste Mal seit Beginn des Krieges über den Einsatz seiner neuen ballistischen Luft-Boden-Rakete „Kinschal“ berichtet.

Beim Beschuss eines mehrstöckigen Wohnhauses in Charkiw im Osten gab es ukrainischen Angaben zufolge Todesopfer - darunter sei ein neun Jahre alter Bub. In der Nacht auf Sonntag habe es mehrere Angriffe gegeben. Gebäude seien dabei in Brand geraten, teilte das Militär mit. Die Armee sprach von mindestens zwei Todesopfern, der Vize-Polizeichef des Gebiets Charkiw, Wjatscheslaw Markow, bei Facebook von fünf. Diese Zahl wurde auch im ukrainischen Fernsehen genannt.

Bei der Explosion einer Granate vor einem Wohnblock in der umkämpften ukrainischen Hauptstadt Kiew wurden fünf Menschen verletzt. Das zehnstöckige Gebäude im nordwestlichen Bezirk Swjatoschyn wurde schwer beschädigt und alle Fenster zerstört, wie AFP-Journalisten am Sonntag vor Ort berichteten. Angaben zu Opferzahlen und zu Angriffen in der Ukraine ließen sich auch am Sonntag nicht unabhängig überprüfen. Den Behörden der Stadt zufolge sind seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine vor mehr als drei Wochen allein in Charkiw 266 Zivilisten getötet worden. Russland bestreitet, Zivilisten anzugreifen.

Zu möglichen Opfern beim Angriff auf die Kunstschule in Mariupol wurden zunächst keine Angaben gemacht. Unter den Menschen, die in dem Gebäude Schutz gesucht hatten, waren laut dem Stadtrat Frauen, Kinder und Ältere. Das Gebäude sei bei dem Angriff am Samstag zerstört worden, hieß es bei Telegram. „Menschen liegen noch immer unter den Trümmern.“ Der Stadtrat machte russische Truppen für den Angriff verantwortlich.

Nach einem Raketenangriff auf eine Kaserne in Mykolajiw im Süden der Ukraine sollen Helfer am Samstag mindestens 50 Tote aus den Trümmern geborgen haben. Insgesamt hätten rund 200 Soldaten in dem Gebäude geschlafen, als die Raketen einschlugen, berichtete die „Ukrajinska Prawda“. Auch um die nordukrainische Stadt Tschernihiw gibt es nach Militärangaben aus Kiew weiter schwere Gefechte.

Um Kiew, Charkiw und Mariupol wurden sieben humanitäre Korridore für flüchtende Zivilisten eingerichtet. Über die Wege sollten auch Hilfsgüter in die Städte gebracht werden, teilte die ukrainische Vize-Regierungschefin Irina Wereschtschuk mit.

Die Ukraine gibt die Anzahl der bisherigen Verluste Russlands mit 14.700 Personen und 476 Panzern an. Diese Zahlen bezögen sich auf russische Verluste in den Kämpfen seit Beginn der Invasion am 24. Februar, teilte das ukrainische Militär am Sonntag mit. Russland selbst hatte zuletzt am 2. März Zahlen zu eigenen Verlusten genannt und von fast 500 gefallenen Soldaten gesprochen. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Die Ukraine und Russland nähern sich der Türkei zufolge bei kritischen Punkten an. Bei einigen Themen gebe es fast eine Einigung, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu der Tageszeitung „Hürriyet“. Er hoffe auf eine Waffenruhe, sofern es bei den Gesprächen zwischen den beiden Ländern keinen Rückschritt gebe und die erzielten Fortschritte damit zunichtegemacht würden.

Die Ukraine befürchtet unterdessen einen Angriff auf die westliche Region Wolyn von Belarus aus. Die Wahrscheinlichkeit sei hoch, teilte das Präsidialamt unter Berufung auf das Militär mit. Unklar blieb, ob russische Truppen von belarussischem Boden aus angreifen würden oder das belarussische Militär. Bisher konzentrierte sich der Einmarsch Russlands in die Ukraine auf den Norden, Süden und Osten des Landes. Der russische Präsident Wladimir Putin nennt das Vorgehen einen militärischen Sondereinsatz, um die Ukraine zu „entnazifizieren“ und zu „entmilitarisieren“. Der Westen hingegen spricht von einem völkerrechtlich inakzeptablen Angriffskrieg und hat deshalb schwere Wirtschaftssanktionen verhängt.

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