Netrebko verurteilt Krieg gegen die Ukraine „ausdrücklich“
Die russisch-österreichische Sopranistin Anna Netrebko, die zuletzt zahlreiche Engagements verlor, weil sie sich nicht explizit vom russischen Einmarsch in die Ukraine distanziert hatte, bezieht nun doch Position. Über ihren Anwalt ließ sie „in Ansehung der zahlreichen Medienberichte der letzten Tage“ eine Erklärung verbreiten: „Ich verurteile den Krieg gegen die Ukraine ausdrücklich und meine Gedanken sind bei den Opfern dieses Krieges und ihren Familien“, heißt es darin.
„Meine Position ist klar. Ich bin weder Mitglied einer politischen Partei noch bin ich mit irgendeinem Führer Russlands verbunden. Ich erkenne und bedauere, dass meine Handlungen oder Aussagen in der Vergangenheit zum Teil falsch interpretiert werden konnten“, so die Starsopranistin weiter. „Tatsächlich habe ich Präsident Putin in meinem ganzen Leben nur eine Handvoll Mal getroffen, vor allem im Rahmen von Verleihungen von Auszeichnungen für meine Kunst oder bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele.“ Sie habe ansonsten „nie finanzielle Unterstützung von der russischen Regierung erhalten“ und lebe in Österreich, wo sie auch steuerlich ansässig sei. „Ich liebe mein Heimatland Russland und strebe durch meine Kunst ausschließlich Frieden und Einigkeit an. Nach der angekündigten Auftrittspause werde ich meine Opern- und Konzertauftritte Ende Mai, zunächst in Europa, wieder aufnehmen.“
Bereits am Donnerstag wurde bekannt, dass die Sängerin im Mai an die Scala zurückkehren wird. Die Austro-Russin wird am 25. Mai bei einem Konzert begleitet von der Mezzosopranistin Elena Maximova, dem Geiger Giovanni Andrea Zanon und dem Pianisten Malcolm Martineau im legendären Opernhaus auftreten. Der Kartenvorverkauf für die Aufführung an der Scala beginnt am 13. April. Die erste Oper auf Netrebkos Programmkalender ist die „Turandot“ in der Arena di Verona ab dem 4. August.
Die New Yorker Metropolitan Oper indes will die Zusammenarbeit mit Netrebko zumindest vorerst dennoch nicht wieder aufnehmen. „Nach dem Lesen von Annas Mitteilung sind wir nicht bereit, unsere Position zu ändern“, sagte der Direktor der Metropolitan Oper, Peter Gelb, der dpa in New York. „Wenn Anna zeigt, dass sie sich ernsthaft, komplett und langfristig von Putin distanziert hat, dann wäre ich zu einer Unterhaltung bereit.“
„Ins Russische übersetzt bedeutet das (Reaktion der Met, Anm.): Du hast dich zu wenig erniedrigt, krieche am Bauch, küsse den Stiefel, schließe dich der ukrainischen Territorialverteidigung an und überweise eine Million Dollar für Granatenwerfer“, polemisierte Sachar Prilepin auf Telegram. Der prominente russische Schriftsteller und nunmehrige nationalistische Politiker hatte in der Vergangenheit die selbst ernannte „Donezker Volksrepublik“ unterstützt und war auch als Major der dortigen pro-russischen Separatisten aufgetreten.
„Mir tut Anna menschlich leid, aber Reue wird nicht helfen“, kommentierte zudem der Netrebko-Bekannte und ukrainische Ex-Politiker Oleg Zarjow. Viele würden nicht verstehen, dass es nur zwei Optionen gebe, dass sie uns (besiegten, Anm.) oder wir sie. Um Vergebung zu bitten und sich zu erniedrigen sei sinnlos, schrieb er auf Telegram.
Zarjow war im Dezember 2014 als selbst ernannter Sprecher eines nicht existierenden „Parlaments von Neurussland“ gemeinsam mit Netrebko aufgetreten. Die Sängerin hatte damals eine Spende von etwa 15.000 Euro für das Opernhaus von Donezk überreicht und mit Zarjow hinter einer Flagge eines imaginierten, russisch kontrollierten „Neurusslands“ im Osten und Süden der Ukraine posiert und damit für Kritik im Westen gesorgt.
Netrebko hatte anschließend erklärt, dass die Präsenz der Flagge nicht geplant gewesen sei und sie zunächst auch nicht verstanden habe, um welche Flagge es sich gehandelt habe. Der ukrainische Ex-Parlamentarier Zarjow, der 2014 nach Russland geflohen war, dementierte in Folge diese Darstellung der österreichisch-russischen Sängern und erklärte, dass die Überreichung der Flagge geplant und angekündigt gewesen sei.