Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Serbien

Der Superwahltag in Serbien ist am Sonntag zunächst ruhig verlaufen. Die Wahlbeteiligung an den Präsidentschafts- und Parlaments- sowie Kommunalwahlen in Belgrad und weiteren 13 Gemeinden lag nach Angaben der NGO Freie Wahlen und Demokratie (CESID) bis 11.00 Uhr mit 14,7 Prozent etwas höher als bei den Parlamentswahlen vor zwei Jahren. Damals wurde der Urnengang allerdings von der Opposition boykottiert.

Die staatliche Wahlkommission registrierte bis 10.00 Uhr eine Wahlbeteiligung von knapp zehn Prozent.

Nach Angaben der CESID gab es in den frühen Morgenstunden etliche Missachtungen des Wahlverfahrens, wie sie in Serbien meistens vorkommen. So wurde in zwei Wahllokalen die Stimmabgabe vorübergehend unterbrochen, nachdem es Versuche gab, die Wahlzettel zu fotografieren. In acht Wahllokalen habe es kollektive Stimmabgaben für ganze Familie gegeben. Ein weiteres Problem: Karteileichen im Wählerverzeichnis.

Belgrader Medien berichteten am Vormittag über eine fast zwei Kilometer lange Wagenkolonne am nordkosovarischen Grenzübergang Jarinje zu Serbien. Erstmals müssen Kosovo-Serben zur Stimmabgabe nach Serbien und können nicht an Ort und Stelle votieren. Im von Serben bewohnten Nord-Mitrovica wurde etwa ein Bustransport zu Wahllokalen in Raska im benachbarten Südwestserbien organisiert, berichtete das Internetportal „Kossev“.

Der serbische Präsident Aleksandar Vucic und seine Serbische Fortschrittliche Partei (SNS), die seit zehn Jahren an der Macht ist, erwarten sich heute einen weiteren überzeugenden Wahlsieg. Vucic sprach zuletzt gar von der Erwartung, sich heute 60 Prozent der Stimmen für seine zweite Amtszeit sichern zu können.

Im Parlament wird die SNS künftig wohl nicht wie bisher mit 188 von 250 Sitzen vertreten sein. Die Opposition, die vor zwei Jahren die Wahlen boykottiert hatte, hat sich nun entschlossen, dieses Mal am Urnengang teilzunehmen. Mindestens zwei von etlichen Gruppierungen - „Vereinigt für den Sieg Serbiens“ um die Partei der Freiheit und Gerechtigkeit (SSP) des Belgrader Ex-Bürgermeisters Dragan Djilas, und die Gruppierung „Wir müssen“ (Moramo), eine Koalition mehrerer Umweltverbände und kleiner Mitte-Links-Parteien - schienen im Voraus kein Problem zu haben, die Drei-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament zu überspringen. Damit nehmen sie der SNS Mandate weg.

Für das Präsidentenamt kandidieren acht Personen, um die Parlamentssitze 19 Parteien und Bündnisse. Große Hoffnungen auf einen Machtwechsel setzt die Opposition auch auf die kommunale Wahl in Belgrad, wo sich die Stadtverwaltung in den Händen der SNS befindet.

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Die ersten inoffiziellen Wahlresultate werden gegen 22.00 Uhr erwartet, die ersten offiziellen Ergebnisse dürften in der Nacht auf Montag folgen.

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