Kiew will Wogen nach Steinmeier-Ausladung glätten
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba will nach dem geplatzten Besuch von Präsident Frank-Walter Steinmeier die Wogen in den Beziehungen mit Deutschland glätten. „Wir sind nicht an einer Verschärfung der bilateralen Beziehungen interessiert“, sagte Kuleba laut Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine am Donnerstag in Kiew. Die Ukraine achte Deutschland und die Institution seines Präsidenten. Präsident Wolodymyr Selenskyj erhob jedoch wieder schwere Vorwürfe gegenüber Berlin.
In einem Interview mit dem britischen Sender BBC stellte Selenskyj Deutschland in eine Reihe mit Ungarn und warf den beiden Ländern vor, ein Ölembargo gegen Russland verhindert zu haben. „Wir verstehen nicht, wie man mit Blut Geld verdienen kann. Leider ist es das, was einige Länder tun“, sagte er. Nun müsse mit diesen Ländern gesprochen werden, um deren Haltung zu ändern.
Steinmeier hatte zusammen mit den Staatspräsidenten Polens, Lettlands, Litauens und Estlands in die Ukraine reisen wollen. Steinmeier sagte jedoch, das sei in Kiew nicht gewünscht. Die ukrainische Regierung lud stattdessen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein.
Kuleba führte das auf Abstimmungsprobleme bei der Organisation des Besuchs mehrerer ausländischer Präsidenten zurück. „Wir achten Deutschland als Staat, als Partner, und für uns ist offensichtlich, dass das Staatsoberhaupt, der Präsident der BRD, eines der Symbole dieses Staates ist“, unterstrich Kuleba. Kiew achte die Institution des Bundespräsidenten.
Allerdings erwarte Kiew eine neue deutsche Ukraine-Politik, betonte Kuleba. In einem Interview mit den ARD-Tagesthemen machte der ukrainische Chefdiplomat klar, was darunter zu verstehen ist. Es gehe um die Lieferung von schweren Waffen wie Panzer und ein Ölembargo. „Deutschland ist eine führende Nation in Europa“, sagte er, „und wir zählen auf diese führende Rolle“, sagte Kuleba. Die Argumente gegen Waffenlieferungen seien nicht stichhaltig. „Ich hoffe, dass Scholz eine positive Entscheidung fällt“, sagte er mit Blick auf den deutschen Kanzler.
Die Ausladung Steinmeiers hatte in Deutschland parteiübergreifend für Empörung gesorgt. Am Donnerstag kritisierte auch Vizekanzler Robert Habeck die Absage. „Der Bundespräsident ist Deutschland. Und deswegen ist seine Ausladung durch Präsident Selenskyi eine Ausladung Deutschlands“, sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstag). „Ich muss es leider so sagen: Die ukrainische Seite hat einen diplomatischen Fehler gemacht.“
Auf die Frage, ob nun er oder Kanzler Olaf Scholz (SPD) in die Ukraine reisen werden, sagte er: „Jetzt sollten wir alle schnell zusehen, dass wir das Problem lösen und nicht eskalieren. Dafür wurden Telefone ja erfunden.“ Die gesamte Regierung stehe im ständigen Austausch mit der ukrainischen Regierung.