Wirtschaftsbund wird extern geprüft - Wallner unter Druck
Der Vorarlberger Wirtschaftsbund wird sich - wie von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) angekündigt - von einer externen Unternehmensgesellschaft prüfen lassen. Das hat der interimistische Obmann Karlheinz Rüdisser am Freitagabend bekannt gegeben. Unter die Lupe genommen wird der Zeitraum von 2016 bis 2020. Bereits zu Mittag hatten die Oppositionsparteien den Rücktritt von ÖVP-Landeschef Wallner als Landeshauptmann gefordert.
„Die Vorkommnisse der vergangenen Tage machen diesen Schritt notwendig. Es braucht eine schonungslose Aufklärung“, sagte Rüdisser am Abend. Um eine größtmögliche Objektivität und Unabhängigkeit der Prüfer zu gewährleisten, werde man eine Gesellschaft außerhalb Vorarlbergs engagieren. Man führe bereits Gespräche, die Auswahl einer renommierten Kanzlei soll in den kommenden Tagen erfolgen, so Rüdisser.
Es gelte insbesondere die Organisationsabläufe im Geschäftsbetrieb kritisch zu durchleuchten. Ebenso sollen die Ergebnisse der Steuerprüfung berücksichtigt werden. „Ziel sind nicht nur die Revision und das Aufzeigen von strukturellen Schwächen im laufenden Betrieb, sondern auch klare Handlungsempfehlungen für die zukünftige Neuorganisation samt Compliance-Richtlinien“, stellte Rüdisser fest.
Einem Bericht der „Vorarlberger Nachrichten“ in ihrer Freitagausgabe zufolge soll Wallner bei einem Betriebsbesuch selbst um Inserate geworben und dafür politisches Entgegenkommen versprochen haben. Nach der Publikation des Artikels gab es in der Landespolitik kein Halten mehr, auch wenn sich Wallner vehement verteidigte. „Ich bin doch kein Inseratenkeiler“, stellte der ÖVP-Landeschef das ihm unterstellte Verhalten in Abrede. Es handle sich um eine „glatte Lüge“.
Die Vorarlberger Opposition forderte nichtsdestotrotz unisono Wallners Abgang als Landeshauptmann. Ein Verbleib sei „in Wahrheit nicht mehr vorstellbar“, so FPÖ-Landesobmann Christof Bitschi. Auch die SPÖ-Abgeordnete Manuela Auer hielt Wallner für „nicht mehr tragbar“, ein Rücktritt sei „unumgänglich“. Die NEOS verlangten den Rücktritt von Wirtschaftslandesrat Marco Tittler (ÖVP), die Bundes-FPÖ den von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP).
„Nach den bereits auf dem Tisch liegenden Details des Parteifinanzierungs-Skandals der ÖVP von Landeshauptmann Wallner und den heute noch zusätzlich bekannt gewordenen skandalösen Machenschaften, die jetzt auch klar in Richtung Korruption gehen, kann ich mir nicht vorstellen, dass das Vertrauen der Vorarlberger in Wallner noch in ausreichendem Maß vorhanden ist“, sagte Bitschi. Die Vorwürfe gegen Wallner würden „von Tag zu Tag erdrückender“, erklärte die SPÖ in einer Aussendung. Es sei ein Punkt erreicht, an dem Wallner für den Landtag und als Landeshauptmann nicht mehr tragbar sei. Jeden Tag „neue verstörende Entwicklungen“ sahen die NEOS. Bei einem Landeshauptmann und einem Landesrat dürfe die Grenze des Machbaren nicht nur das Strafrecht sein. „Landeshauptmann Markus Wallner und Marco Tittler müssen zurücktreten“, forderte NEOS-Klubobfrau Sabine Scheffknecht.
Zurückgewiesen wurden die Rücktrittsforderungen an Wallner und Tittler von ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück. Er sprach in einer Aussendung von einem durchschaubaren politischen Manöver. „Es ist aus meiner Sicht beschämend, einem Landeshauptmann, der sich seit über zehn Jahren vorbildlich für das Land Vorarlberg und seine Bevölkerung einsetzt, aufgrund eines anonym veröffentlichten Schreibens zum Rücktritt aufzufordern“, sagte er. Die Volkspartei stehe weiter voll und ganz hinter Wallner. Der Opposition gehe es nicht um Aufklärung, sondern darum, die ÖVP massiv zu beschädigen und verdiente Amtsträger aus ihrer Funktion zu schießen.
Politikexperte Thomas Hofer sieht Wallner schon angezählt. „Die Luft wird jetzt schon sehr dünn“, sagt er zu „ORF.at“. Die Inseratenaffäre habe eine unerwartete Dimension erreicht - sei es doch durchaus „ungewöhnlich“, dass die dominierenden Medien eines Bundeslandes eine kritische bis ablehnende Haltung gegenüber dem Landeshauptmann einnehmen. Das könnte für den ÖVP-Landeschef noch „ungemütlicher“ werden, meinte Hofer.
Zurückhaltender kommentierte die Sache die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle in der „ZiB2“. Die Rücktrittsforderung der Opposition seien ja deren Geschäft und würden Wallner wohl „nicht sehr beeindrucken“. Ob er rücktrittsreif sei, entscheidet zuerst er selber, dann seine Partei und nicht zuletzt auch sein Koalitionspartner, die Grünen.
Diese wollen dem Koalitionspartner, wie sie am Freitag mitteilten, vorerst die Treue halten. Landesrat Daniel Zadra und Klubchefin Eva Hammerer sahen ihre Partei als stabilisierende Kraft. Sie erwarteten von der ÖVP weiter „hundertprozentige, lückenlose Aufklärung und Transparenz“ sowie ein Umdenken. Die Vorwürfe wiegen schwer, das Vertrauen habe „natürlich gelitten“, so die beiden. Landeshauptmann Wallner habe sich bisher sehr defensiv verhalten, spätestens am Montag im Sonderlandtag müsse er Verantwortung übernehmen. Die Aufarbeitung habe erst begonnen.
Indes schaltet sich auch die Bundes-FPÖ in die Debatte ein. Der freiheitliche Fraktionschef im U-Ausschuss zu vermeintlichen ÖVP-Affären Christian Hafenecker, forderte den Rücktritt von Finanzminister Brunner. Dieser sei nicht nur im Wirtschaftsbund Vorarlberg tief verwurzelt, sondern stehe als Teil der Vorarlberger ÖVP in einem engen Naheverhältnis zu Landeshauptmann Wallner, der nun selbst als Inseratengeld-Keiler für das Wirtschaftsbund-Magazin zutiefst belastet werde: „Er kann daher keinen Tag länger an der Spitze des Finanzministeriums stehen.“
Und auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch strich abermals hervor, dass der „Wirtschaftsbund-Skandal in Vorarlberg längst eine bundespolitische Dimension“ erreicht habe. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) könne sich nicht länger seiner Verantwortung entziehen, schließlich sei er als ÖVP-Generalsekretär federführend an den letzten beiden Wahlkämpfen beteiligt gewesen. Nehammer solle daher sein „Schweigen“ beenden und aufklären, ob „durch dubiose Deals in Vorarlberg“ die Wahlkämpfe von Kurz (Altkanzler Sebastian, Anm.) finanziert wurden.