Der Tag des Hans Peter Doskozil: SPÖ-Erdrutsch mit Mandats-Absoluter
Der burgenländische Landeshauptmann führt seine SPÖ gleich beim ersten Antreten zurück zur absoluten Mehrheit im Landtag. Er kündigt an, weiter Politik im Burgenland machen zu wollen.
Eisenstadt – Noch ein schneller Kuss für Lebensgefährtin Julia Jurtschak. Dann ergreift Hans Peter Doskozil das Wort: „Liebe Freundinnen, liebe Freunde! Ich kann diesen Tag gar nicht fassen. Es ist sicherlich der schönste Tag in meinem Leben.“
📽 Video | Burgenland-Wahlsieger Hans Peter Doskozil (SPÖ) im Gespräch
Noch war nicht fix, ob die burgenländische SPÖ die absolute Mehrheit im Landtag zurückerobern würde. Am großen Wahlsieg der Sozialdemokraten war aber schon eine halbe Stunde nach Wahlschluss nicht mehr zu rütteln: Die SPÖ legte auf ihre 41,9 Prozent des Jahres 2015 weitere rund acht Prozent dazu. Das offizielle Wahlziel – ein Plus vor dem Ergebnis – war jedenfalls weit übertroffen. Er selbst habe auf 43 Prozent getippt, sagte Doskozil.
Der Landeshauptmann ist damit am vorläufigen Höhepunkt seiner noch gar nicht so langen Politikkarriere angelangt. Einer breiten Öffentlichkeit wurde der nunmehr 49-Jährige erstmals im Flüchtlingsjahr 2015 bekannt. Als burgenländischer Polizeidirektor musste er über den Fund von 71 Leichen in einem Schlepper-Lkw berichten. Im Herbst stand er an der Grenze in Nickelsdorf, wo er versuchen musste, den Migrantenstrom aus Ungarn zu kanalisieren. Wenige Wochen später, im Jänner 2016, fand sich der studierte Jurist als Ressortchef im Verteidigungsministerium wieder.
Ende 2017 folgte die Entscheidung für das Burgenland: Der damalige Landeshauptmann Hans Niessl, dessen Büroleiter Doskozil einst war, holte diesen als Finanzlandesrat nach Eisenstadt. Ein Jahr später übernahm Doskozil die Führung der roten Landespartei, Ende Februar 2019 löste Doskozil Niessl auch an der Spitze der Landesregierung ab.
📽 Video | Burgenland-Wahl: SPÖ holt absolute Mehrheit
Im Wahlkampf kämpfte Doskozil mit hartnäckigen Problemen mit den Stimmbändern. Eine Operation werde noch nötig sein, dann hoffe er auf Besserung.
Am Abend des Wahltages war es dann fix, dass die SPÖ mit künftig 19 von 36 Mandaten die absolute Mehrheit im Landtag zurückholen konnte. Zuletzt hatten die Roten das 2005 geschafft.
Dementsprechend groß war der Jubel in der SPÖ-Wahlzentrale. Bundesvorsitzende Pamela Rendi-Wagner sieht ein beispielgebendes Ergebnis. Den Erfolg führte sie auf Themensetzung und die Einigkeit der Partei zurück. „Wir alle können uns ein Beispiel nehmen, wie die gesamte SPÖ Burgenland für ein gemeinsames Ziel gelaufen ist.“
Dornauer gratuliert: Doskozil zeigt den richtigen Weg vor
Auch der Tiroler Landesvorsitzende Georg Dornauer gratulierte seinem „persönlichen Freund“ Doskozil: „Der Hans Peter macht genau das, was die Menschen von ihm erwarten“, meinte er. Doskozil zeige den richtigen Weg vor. Ist das der Beginn einer Debatte über die Parteichefin? Dornauer: „Heute führen wir keine Debatten. Heute feiern wir.“
Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser sieht im „beeindruckenden Erfolg“ der Burgenländer auch einen Erfolg für die Bundespartei und Rendi-Wagner, trotz der „sehr eigenständigen Linie“ Doskozils. Auch Kaiser hat seine letzte Landtagswahl gewonnen.
Als nächster roter Landeshauptmann muss sich im Herbst der Wiener Michael Ludwig bei Wahlen beweisen. Er tritt ebenfalls zum ersten Mal als Spitzenkandidat an. Gestern feierte er mit Doskozil in Eisenstadt. Sein Kommentar: Das Ergebnis zeige, dass man mit „einer starken politischen Persönlichkeit, sozialdemokratischen Themen und der Konsequenz, diese durchzusetzen“ erfolgreich sein könne. (sabl, APA)
Kleines Plus, bittere Schlappen
Die ÖVP habe bei der siebenten Landtagswahl in Folge ein Plus erzielt, freute sich Bundeskanzler ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Uneingeschränkt war die Begeisterung bei den Türkisen aber nicht. Den Mandatsstand konnte die ÖVP trotz des Zugewinns an Stimmen nicht ausbauen.
ÖVP-Spitzenkandidat Thomas Steiner gab sich dennoch zufrieden: Ziel sei gewesen, die Hürde von 30 Prozent zu überspringen. Das sei auch gelungen.
Die Grünen und Spitzenkandidatin Regina Petrik hatten im Burgenland noch nie so viele Stimmen wie gestern. Die Grünen blieben trotz des kleinen Zugewinns aber sowohl hinter den Erwartungen als auch hinter dem Ergebnis der Nationalratswahl 2019 zurück. Auch für den Klubstatus im Landtag sind die zwei Mandate zu wenig. „Nicht zufrieden“, lautet daher Petriks Resümee.
Auch die FPÖ hatte keinen Grund zur Freude. Sie verlor ein Drittel ihrer Stimmen und fiel unter die Marke von zehn Prozent. Wegen der absoluten Mehrheit der SPÖ muss Spitzenkandidat Johann Tschürtz wohl auch das Ziel einer Fortsetzung der rot-blauen Koalition in der Landesregierung abschreiben.
Die NEOS sind am Einzug in den Landtag neuerlich gescheitert. Mit 1,7 Prozen haben sie im Vergleich zu 2015 sogar an Zustimmung verloren. Die NEOS sehen den Grund für ihr Scheitern darin, dass es sich um eine „Landeshauptmann-Wahl“ gehandelt habe. Generalsekretär Nikola Donig meinte, es sei zwar „schade“, dass man den Einzug in den Landtag verpasst habe. Dennoch sei das Antreten schon im Hinblick auf die Gemeinderatswahlen 2022 wichtig gewesen.
Vom Landtag Abschied nehmen muss nach zwei Perioden die Liste Burgenland, die erstmals 2010 als Abspaltung von der FPÖ in den Landtag eingezogen ist. Sie erreichte nur noch 1,3 Prozent der Stimmen. 2015 waren es noch 4,8 Prozent. (APA)
SPÖ wilderte beim Partner FPÖ
SPÖ und ÖVP haben in den vergangenen fünf Jahren im Burgenland gemeinsam regiert. Den Lohn fuhr die SPÖ ein: Fast jeder vierte FPÖ-Wähler des Jahres 2015 machte gestern ein Kreuz bei der SPÖ, ergab die Wählerstromanalyse des Instituts SORA für den ORF.
Überhaupt konnte die FPÖ nur noch die Hälfte ihrer Wähler von vor fünf Jahren überzeugen. SPÖ und ÖVP hingegen konnten jeweils mehr als 80 Prozent ihrer Wähler halten.
Bei den Wahlmotiven zeigt sich in einer Wahltagsbefragung von SORA (1200 Telefoninterviews) ein deutlicher Unterschied zwischen den Parteien. Beim Wahlsieger SPÖ zog vor allem Spitzenkandidat Hans Peter Doskozil, den 37 Prozent der roten Anhänger als wichtigstes Motiv nannten. 24 Prozent sagen, sie hätten auch die Bundespolitik in ihre Entscheidung einbezogen.
Ganz anders bei den neuen Partnern in der Bundesregierung: Bei der ÖVP gaben 73 Prozent an, sie hätten auch an die Bundespolitik gedacht, bei den Grünen waren es 75 Prozent – die Werte für die Spitzenkandidaten liegen nur bei rund zehn Prozent.
Beim Wahlverlierer FPÖ nannten je 18 Prozent die bisherige Arbeit sowie die Inhalte der Partei als wichtigstes Wahlmotiv. (TT)