Tirol

Schnittverletzungen im Wintersport: Kanten als versteckte Gefahr

(Symbolfoto)
© GEPA pictures/ Patrick Steiner

Über 100 Schnittverletzungen durch scharfe Kanten an Wintersportgeräten mussten in der aktuellen Saison an der Unfallambulanz der Innsbrucker Klinik bereits versorgt werden. Die Mediziner sehen auch das Thema Rückenprotektoren kritisch.

Innsbruck – Eine Sekunde Unachtsamkeit, und der angelehnte Ski kippt um. Noch ehe man reagieren kann, streift die Kante mitten übers Gesicht. Die Folgen sind fatal, wie auch die vorläufige Winterbilanz der Innsbrucker Universitätsklinik beweist: Skikanten sind mittlerweile scharf wie Messer geschliffen und können während eines Sturzes bis auf den Knochen tiefe Wunden verursachen. Wird hierbei ein wichtiges Blutgefäß durchtrennt, besteht sogar Lebensgefahr.

Heuer mussten in der Klinik bereits 70 Schnittverletzungen im Gesicht, knapp 30 an Händen und Füßen, eine am Hals und fünf am Kopf versorgt werden. Es kam sogar zu teilweisen oder vollständigen Amputationen von Fingern, die die Mediziner an der Unfallambulanz versorgen mussten. Die Verletzungen stammten von Wintersportarten wie Snowboarden, Tourengehen, Rodeln, Skifahren, Langlaufen und Eislaufen.

📽 Video | Skikanten sind mittlerweile scharf wie Messer

Die meisten dieser Verletzungen passieren durch scharfe Skikanten, aber auch Eislaufen fällt durch seine hohe Zahl an Schnittverletzungen in der Statistik auf, berichtet die Klinik in einer Aussendung.

Auffallend bei den Verletzungen ist die Geschlechterverteilung: Knappe 80 Prozent der Schnittverletzungen im Wintersport betreffen Männer. Altersmäßig überwiegen die 20- bis 50-Jährigen unter den Verletzten beim Skisport bei Weitem. Beim Eislaufsport trifft es statistisch gesehen hingegen eher Teenager.

„Die abgetrennten Gliedmaße auf dem Weg in die Klinik kühl und trocken lagern. Niemals direkt auf Eis oder ins Wasser legen. Am besten das abgetrennte Körperteil steril einpacken. Einen Plastiksack mit kühlem Wasser oder Eiswürfel füllen und diesen um den Sack mit dem Amputat stülpen. Und dann so schnell wie möglich in die Notaufnahme kommen.“
Rohit Arora (interim. Direktor der Univ.-Klinik für Unfallchirurgie) gibt Tipps für Verletzte

Rückenprotektoren wiegen Wintersportler in falscher Sicherheit

Markus Wambacher, leitender Oberarzt an der Innsbrucker Unfallambulanz, und Rohit Arora, interim. Direktor der Universitäts-Klinik für Unfallchirurgie (l.).
© tirol kliniken/Seiwald

Auch das Thema Rückenprotektoren sorgt bei den Medizinern der Unfallambulanz für geteilte Meinungen. „Das Gefährliche an den Rückenprotektoren“, so Markus Wambacher, leitender Oberarzt an der Innsbrucker Klinik für Unfallchirurgie, „ist die falsche Sicherheit, die sie den Sportlern vermittelt. Viele fahren dadurch über ihr Können hinaus und glauben, ein Rückenprotektor schütze bei jedem Sturz“. Die Protektoren schützen zwar bei Kollisionen von hinten oder bei Stichverletzungen durch Stöcke. Sie können aber auch die durch axial einwirkenden Kräfte entstehenden Verletzungen der Wirbelsäule nicht verhindern. Sehr wohl schützen die Protektoren bei Kollisionen von hinten oder gegen Stichverletzungen durch Stöcke.

Wichtig bei der Verwendung von Rückenprotektoren ist es, dass dieser zu 100 Prozent passt. Ist der Rückenschutz zu groß, kann er mehr Schaden als Nutzen anrichten, warnen die Mediziner. In der heurigen Saison wurden bereits 114 Verletzungen im Wirbelsäulenbereich behandelt. Knappe 80 Prozent davon passierten beim Skifahren. Bei sechs Patienten (im Alter von 30 bis 60 Jahren) handelte es sich dabei um eine Querschnittsverletzung. (TT.com)

Bilanz der bisherigen Saison

Im heurigen Winter wurden an der Klinik Innsbruck mehr Verletzungen im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet. Auf Grund der harten Pisten kam es zu schweren Verletzungen.

Pro Tag werden im Durchschnitt 110 Verletze in die Frischverletztenambulanz der Innsbrucker Klinik für Unfallchirurgie gebracht. Diese Zahl kann an Winterwochenenden mit perfekten Wintersportbedingungen auf bis zu 240 ansteigen.

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