Corona-KRise

Warten auf Aufsperrplan: Nachtgastronomen fühlen sich im Stich gelassen

Für viele Nachtclubs ist die Corona-Pandemie ein Kampf ums Überleben.
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Die Nachtclubs haben immer noch keine Perspektive, wie es mit ihnen weiter geht. Deren Vertreter fordern immer vehementer einen Aufsperrplan ein. Das Gesundheitsministerium verspricht eine Lösung bis Ende nächster Woche. Die SPÖ will indes von Kanzler Kurz wissen, wo wer aller in welchen Beratergremien sitzt.

Wien – Das grüne Gesundheitsministerium will der Nachtgastronomie bis Ende kommender Woche eine Öffnungsperspektive bieten. Die Betreiber warten bisher vergeblich auf eine solche und kritisieren das oft hart. Es gehe um einen "pragmatischen Weg in Balance mit dem Gesundheitsschutz", hieß es aus dem Gesundheitsministerium. "Dazu werden aktuell auch internationale Modelle geprüft."

Freitagvormittag hatte die ÖVP bei dem Thema den Ball an den grünen Regierungspartner weitergespielt. Dort wiederum sprach man von "konstruktiven Gesprächen" mit Vertretern der Nachtgastronomie.

"Tante Emma"-Betreiber spricht von "Farce"

Deren Vertretern geht es allerdings viel zu langsam mit einer praktikablen Lösung für sie. "Es ist nur mehr eine Farce", sagte etwa Martin Ridler vom Innsbrucker "Tante Emma"-Club in Richtung der Politik. Man fühle sich von der Regierung im Stich gelassen, ja sogar "papierlt". Und: "Jeden Tag gibt es in ganz Österreich 'illegale' Partys und wir dürfen nicht aufmachen", kritisierte der Sprecher des Verbands der österreichischen Nachtgastronomen, Stefan Ratzenberger gegenüber der APA.

"Wir würden uns verpflichten, gestaffelt aufzusperren und ein Covid-19-Paket umzusetzen", sagte Ratzenberger. Ab 1. August würde man mit 50 Prozent der eigentlichen Gästehöchstzahl starten und bis 4 Uhr öffnen, ab 1. September mit 75 Prozent der Gäste und bis 6 Uhr und ab 1. Oktober sollte wieder Normalbetrieb (100 Prozent der Gäste bis 6 Uhr in der Früh) herrschen, so Ratzenberger. Lieber wäre den Nachtgastronomen aber sofort eine spätere Sperrstunde zu bekommen und dafür intern für Hygienemaßnahmen zu sorgen oder – auf freiwilliger Basis – E-Mail-Adressen von Partytigern zu sammeln, um sie zu informieren, sollte ein Coronaausbruch passieren.

SPÖ bringt parlamentarische Anfrage an Kurz ein

Indes bringt die SPÖ heute noch eine parlamentarische Anfrage an Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dazu ein. Dabei geht es auch um den Discobetreiber und angeblichen Kurz-Vertrauten Martin Ho. Denn dieser hat vor rund zwei Wochen in einem Zeitungsinterview (Kurier) davon gesprochen, dass "mittlerweile ein interner Regierungskampf Gesundheitsministerium gegen Tourismusministerium (ÖVP, Anm.)" entstanden sei, in dem es darum gehe "wann und wie die Klubs geöffnet werden könnten". Weiters stört die SPÖ, dass Ho davon spricht, in einer Expertengruppe mit anderen Nachtgastronomen zu sein, die gewisse Vorschläge einbringt und ob man womöglich "nur Gäste in den Klub" lässt, "die die Corona-App haben".

"Dieses Hick-Hack zwischen den Ministerien ist die Fortsetzung des chaotischen Krisenmanagements", sagte der rote Gesundheitssprecher Philip Kucher gegenüber der APA. "Offensichtlich ist inzwischen sogar den Regierungsmitgliedern selbst nicht mehr klar, wer warum welche Entscheidungen trifft. Die Anzahl und die Mitglieder der Expertenstäbe wird immer undurchsichtiger. Nach eigenen Angaben ist inzwischen sogar Kurz-Freund Martin Ho einer der Corona-Experten der Regierung. Diese Vorgänge wollen wir in Form einer parlamentarischen Anfrage an den Kanzler aufklären."

Die Regierung finde keinen klaren Kurs zwischen gesundheitspolitisch sinnvollen und ökonomisch notwendigen Maßnahmen, kritisiert Kucher. "Vieles wird verschleppt, unprofessionell umgesetzt oder absichtlich verzögert." Der Oppositionspolitiker wirft ÖVP und Grünen vor allem bei der Abfederung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen dieser Krise "Versagen" vor.

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Die Anfrage an Kurz

In der Anfrage hinterfragen die Sozialdemokraten unter anderem: "Wie viele offizielle und/oder inoffizielle bis informelle Beratungsgremien oder -Kreise, Task-Forces oder formlose Runden in denen sich mit möglichen unterschiedlichen Herausforderungen der Pandemie auseinandergesetzt wird gibt es innerhalb der Bundesregierung?" Und: "Wo sind diese jeweils angesiedelt?", bzw. wer die jeweils konkreten Mitglieder sind.

Die Sozialdemokraten wollen auch wissen, ob und wem Ho und andere Nachtgastronomen vorgeschlagen haben, nur Gäste mit Corona-App in Nachtklubs einzulassen und worum es beim "angeblichen Regierungskampf" geht. Die SPÖ spielt in der Anfrage an Kurz mit dem Titel "Ho und Co. – sind das Ihre geheimen ExpertInnen?" auch mehrmals auf eine aufgeflogene "Corona-Party" in einem von Hos Lokalen an. Am Schluss fragt Kucher in Anspielung auf andere Ausführungen von Ho, wonach er von der Party nichts gewusst haben will, weil er schon geschlafen habe, den Bundeskanzler: "Waren Sie selbst bei der Party am 1. Mai 2020 oder waren Sie auch 'schon im Bett'?" (TT.com, APA)

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