Spezialgericht "Little Tiger": Handel mit Katzenfleisch in Vietnam boomt
Allein in Vietnam werden jedes Jahr geschätzt eine Million Katzen geschlachtet. Als „Little Tigers“ sind sie vor allem im Norden des Landes auf den Speisekarten zu finden. Die Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" fordert ein Ende der Tierquälerei.
Ho-Chi-Minh — Mit neuesten Recherchen machen die Tierschutzorganisationen Vier Pfoten und Change For Animals Foundation auf das grausame Schicksal von Katzen in Vietnam aufmerksam: Jedes Jahr werden dort geschätzt eine Million Katzen – darunter Streuner- und Haustiere – eingefangen, tagelang durch das Land transportiert und grausam geschlachtet. Als „Little Tigers“ landen sie vor allem in Norden des Landes auf der Speisekarte der Restaurants und damit auf den Tellern der Konsumenten. Wie die Tierrechtler schreiben, kommt es immer wieder zu tödlichen Auseinandersetzungen zwischen Katzendieben und -liebhabern. Um die steigende Nachfrage zu decken, werden frei herumlaufende Streuner- und Hauskatzen eingefangen und lebendig an Großhändler oder direkt an Restaurants verkauft. Tollwut und Zoonosen (Infektionskrankheiten, die gleichermaßen bei Tieren u. Menschen vorkomme, Anm. d. Red.) würden den Handel außerdem zur Gefahr für die öffentliche Gesundheit machen, warnen die Tierschützer.
Seit Jänner 2020 ist das Jagen, Schlachten und Konsumieren von Katzen nicht mehr verboten — und der Handel boomt. Vier Pfoten und Change For Animals Foundation fordern die vietnamesische Regierung deshalb auf, zuvor geltende Gesetze, die den Handel mit Katzenfleisch ausdrücklich verboten haben, wieder in Kraft zu setzen.
Petition gegen den Hunde- und Katzenfleischhandel
Vier Pfoten hat eine Petition gegen den Hunde- und Katzenfleischhandel gestartet, die bereits über 840.000 Unterstützer weltweit unterschrieben haben: hier
„Bei den Großhändlern haben wir zahlreiche Katzen mit Halsbändern entdeckt – ein eindeutiges Indiz, dass sie Haustiere waren. Im Zuge unserer Investigationen haben wir auch viele Haustierbesitzer getroffen, die verzweifelt ihre gestohlenen Katzen suchten. Die Behörden schauen hier meistens weg. Sie sind oft selbst in den Katzenfleischhandel involviert, profitieren von Bestechungsgeldern oder sind schlichtweg Konsumenten“, sagt Katherine Polak, Tierärztin und Leiterin der Vier Pfoten Streunerhilfe in Südostasien.
Diebstahl, Transport, Schlachtung
Einige Restaurants beziehen die Tiere direkt von den Katzenfängern und schlachten sie selbst vor Ort, die meisten arbeiten jedoch mit Großhändlern und Schlachthäusern zusammen. „In Verteilerzentren halten die Großhändler die gestohlenen Katzen tagelang eingepfercht in kleinen Käfigen, bis sie genug Tiere gesammelt haben, um die Kosten des Transports zu decken. Über hunderte Kilometer weit werden die Katzen ohne Wasser, Futter und ausreichender Luftzufuhr in die in Vietnam verstreuten Schlachthäuser gebracht. Einige Großhändler nutzen dafür sogar auch die Gepäckräume von regulären Passagierbussen“, berichtet Lola Webber, Mitgründerin der Change For Animals Foundation.
In den Schlachthäusern werden die Katzen üblicherweise ertränkt – sofern sie bis dahin nicht an Erschöpfung, Hitzschlag oder Verletzungen, entstanden durch das brutale Einfangen, gestorben sind. Die beiden Tierschutzorganisationen haben auch dokumentiert, dass die Katzen manchmal mit einem Hammer erschlagen, lebendig gekocht oder mittels Stromschlägen getötet werden. Danach wird den Tieren das Fell abgezogen, die Haut wird verbrannt. Erst dann werden die Katzen ausgenommen und im Falle eines Weitertransports eingefroren.
Schwarze Katzen als Premium-Fleisch
Der Handel mit dem Katzenfleisch ist ein profitables Geschäft. Eine lebende Katze wird für rund 6,50 US-Dollar (5,70 Euro) pro Kilo verkauft, ein Kilo ihres Fleisches für 8,50 US-Dollar (7,50 Euro). Ein mit Katzenfleisch zubereitetes Gericht bieten Restaurants für ungefähr 6,50 US-Dollar (5,70 Euro) an. Schwarze Katzen sind noch mehr wert. Händler verkaufen sie lebendig für 8,50 US-Dollar (7,50 Euro) pro Kilo, ihr rohes Fleisch bringt bis zu 21,50 US-Dollar (18,90 Euro) pro Kilo.
Jüngere Generationen betrachten Katzenfleisch als exotische Delikatesse. Bei älteren Menschen hängt der Verzehr meist mit Bräuchen, Aberglauben und dem Mondkalender zusammen. So sind einige Einheimische überzeugt, dass das Essen von Katzenfleisch Unglück abwehrt. Andere essen das Fleisch – vor allem von schwarzen Katzen –, weil sie glauben, dass es heilende Wirkungen hat, obwohl es dafür keine wissenschaftlichen Belege gibt.
Kampf gegen Handel mit Hunde- und Katzenfleisch
Um den brutalen Handel mit Hunde- und Katzenfleisch in Südostasien nachhaltig zu beenden, hat Vier Pfoten eine Kampagne auf internationaler und nationaler Ebene gestartet. „Durch Aufklärungsarbeit und Kooperationen mit den verantwortlichen Behörden und Tourismusverbänden sollen die Regierungen dazu gebracht werden, strenge Tierschutzgesetze einzuführen, die das Fangen, Schlachten und Essen von Hunden und Katzen verbieten. Damit werden nicht nur die Tiere, sondern auch die Menschen geschützt“, erklärt Karanvir Kukreja, Tierarzt und Projektmanager der Kampagne. (TT.com)