MotoGP

Plötzlich Mitfavorit: KTM bereit für das doppelte Heimspiel in Spielberg

KTM-Pilot Brad Binder will auch in Spielberg die Nase vorne haben.
© JOE KLAMAR

Einen Monat nach der Formel 1 steigt in Spielberg das nächste Grand-Prix-Doppel. Nur diesmal auf zwei Rädern, denn Gast ist dieses Mal die Motorrad-WM mit ihren drei Klassen. Wegen Corona fehlen auch diesmal die Zuschauer. In der „Königsklasse“ MotoGP führt nach drei Rennen der französische Yamaha-Pilot Fabio Quartararo, doch KTM kommt erstmals als Mitfavorit zum großen Heimspiel.

Spielberg – Möglich gemacht hat das der Premieren-Sieg von Brad Binder in Brno, wo der Südafrikaner in seinem erst dritten MotoGP-Rennen den ersten Triumph der Mattighofener Marke eingefahren hat. Die aktuelle RC16 ist punkto Fahrbarkeit und Power so gelungen, dass am Spielberg sogar das Ende der Ducati-Vorherrschaft winkt. Das hat bisher nicht einmal Superstar Marc Marquez geschafft. Seit der Rückkehr der Motorrad-WM nach Österreich 2016 wurden alle vier Rennen von Ducati-Piloten gewonnen. Damit soll kommenden Sonntag Schluss sein.

Da steigt der Grand Prix von Österreich, eine Woche später folgt auf gleicher Strecke der GP der Steiermark. Eine weitere Parallele zur Formel 1, nur dass die MotoGP diesmal wegen einiger aktueller Corona-Fälle in der ebenfalls verspätet begonnenen WM die Zügel nochmals angezogen hat und nicht einmal Printmedien bei den Rennen zulässt. Und das, obwohl sich das Spielberger Sicherheitskonzept in der Formel 1 bewährt hat.

Bradl erneut anstelle von Marquez im Einsatz

Marquez ist dieses Mal auch in Österreich der große Abwesende. Der Achtfach-Weltmeister aus Spanien wird nach Sturz, Oberarmbruch und mehreren Operationen zumindest auch im ersten Spielberg-Rennen vom Deutschen Stefan Bradl ersetzt. Dazu kommt die aktuelle Krise bei Honda. Auch Ducati ist vor den Saisonrennen vier und fünf noch nicht auf der Höhe, was beim Double-Header auf dem Powerkurs in der Obersteiermark die KTM-Situation nochmals verbessert.

🏍 Die Top 3 der Spielbergrennen seit 2016

  • 2016: 1. Andrea Iannone (ITA) Ducati 39:46,255 - 2. Andrea Dovizioso (ITA) Ducati +0,938 Sek. - 3. Jorge Lorenzo (ESP) Yamaha 3,389
  • 2017: 1. Andrea Dovizioso (ITA) Ducati 39:43,323 Min. - 2. Marc Marquez (ESP) Honda +0,176 Sek. - 3. Dani Pedrosa (ESP) Honda 2,661
  • 2018: 1. Jorge Lorenzo (ESP) Ducati 39:40,688 Min. - 2. Marc Marquez (ESP) Honda +0,130 Sek. - 3. Andrea Dovizioso (ITA) Ducati 1,656
  • 2019: 1. Andrea Dovizioso (ITA) Ducati 39:34,771 Min. - 2. Marc Marquez (ESP) Honda +0,213 Sek. - 3. Fabio Quartararo (FRA) Yamaha 6,117
  • Rundenrekord (Rennen): 2019 (5. Runde) Andrea Dovizioso (TA) Ducati 1:23,827 (185,4 km/h)

Zwar liegen mit Quartararo (59 Punkte) vor Maverick Vinales (42) und Franco Morbidelli (31) drei Yamaha-Piloten in der WM voran und ist Ducati-Vizeweltmeister Andrea Dovizioso (ITA) aktuell nur WM-Vierter. Binder scheint aber nach seinem Sensations-Triumph in Brno mit 28 Punkten als WM-Fünfter schon vor Superstar Valentino Rossi auf, KTM ist in der Konstrukteurs-WM Zweiter hinter Yamaha. Und die Tendenz zeigt weiter aufwärts, weiß sich Binder doch auf dem „derzeit besten Motorrad“. Zudem wird dem 25-jährigen Südafrikaner nicht nur von Konkurrenten wie Cal Crutchlow zugetraut, an jedem Rennsonntag gewinnen zu können.

Eine Rolle, die man an sich Pol Espargaro zugedacht hatte. Der Spanier war von Anbeginn treibende Kraft bei KTM gewesen, hatte sich aber noch vor WM-Beginn entschieden, die Oberösterreicher am Saisonende zu verlassen und 2021 Teamkollege von Marquez zu werden. Eine falsche Entscheidung? „Für uns geht es nicht gegen Pol oder gegen Honda. Wir werden ihn noch brauchen für gute Ergebnisse und ich bin überzeugt, er wird uns noch einige schöne Abschiedsgeschenke hinterlassen“, ist KTM-Sportdirektor Pit Beirer überzeugt.

Beirer war aber auch der erste, der die aktuelle Euphorie bei KTM wieder bremste. Obwohl: „Von ganz großen Zielen gibt es nun nur dieses eine, dass ich aber nicht in den Mund nehmen werde“ sprach der Sportdirektor sogar einen baldigen WM-Titel an.

Der entscheidende Boost dafür kann schon jetzt beim Doppel in Spielberg kommen. Dort, wo 2016 das Rollout erfolgte und wo man Ende Mai nach der Corona-Pause getestet hat, sind nun alle Augen auf KTM gerichtet. Man hat mit Binder, Espargaro und Miguel Oliveira vom Tech3-Team mehrere siegfähige Piloten sowie alle 3.600 Einzelteile des lange als „zickig“ geltenden MotoGP-Bikes offenbar optimiert. Ex-GP-Pilot und Servus-TV-Experte Gustl Auinger ist überzeugt: „Für den Red Bull Ring hat KTM die perfekten Gene.“

Corona-Einschränkungen verhindern Zuschauer-Rekord

Zudem kennt Binder das Sieg-Gefühl in Spielberg bereits, gewann der Moto3-Weltmeister von 2016 doch im Vorjahr dort an seinem 24. Geburtstag das Rennen der Moto2. Es ist also angerichtet in Spielberg - und angesichts der aktuellen Euphorie um Orange ist klar, dass das Rennwochenenden 2020 ohne Corona-Einschränkungen wohl einen Besucherrekord deutlich jenseits der 200.000 Zuschauer gebracht hätte.

Kein Wunder, dass Rennen ohne Zuschauer für Beirer „das Schlimmste, was uns genau jetzt passieren kann“, sind. Man werde aber alles tun, um die ausgesperrten Fans zufriedenzustellen, versprach der Deutsche. „Leider können wir für sie keine Sonderaktionen planen. Es soll aber trotzdem ein echtes Heimrennen werden, wir behalten alles für Sonntag auf und versuchen, die Fans mit Freude und einer ordentlichen Show zu beglücken.“

Zu sehen sind an beiden Spielberg-Wochenenden ab Freitag alle Trainings, Qualifyings und Rennen live auf ServusTV. Der Rookies Cup, in dem Brad Binder seinerzeit für KTM debütiert hat, feiert in Spielberg seinen Saisonauftakt.

© APA

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