Kanaren ausgenommen: Deutschland weitet Reisewarnung für Spanien aus
Europaweit steigen die Infektionen mit dem Coronavirus an. Betroffen sind auch Deutschland, Spanien und Frankreich. Reisebeschränkungen werden wieder hochgefahren. So gilt in Deutschland für ganz Spanien eine Reisewarnung, mit Ausnahme der Kanarischen Inseln.
Berlin, Madrid, Antwerpen – Das deutsche Außenministerium warnt vor Reisen nach Festland-Spanien und auf die Balearen. Vor nicht notwendigen, touristischen Reisen nach Spanien mit Ausnahme der Kanarischen Inseln werde derzeit wegen hoher Corona-Infektionszahlen gewarnt, gab das Ministerium am Freitagabend auf seiner Homepage bekannt.
Die deutsche Regierung hatte Spanien bis auf die Kanarischen Inseln zuvor als Corona-Risikogebiet eingestuft. Damit wird auch die bei deutschen Urlaubern beliebte spanische Ferieninsel Mallorca wegen gestiegener Corona-Infektionszahlen zum Risikogebiet erklärt.
Die Entscheidung über eine solche Einstufung wird innerhalb der deutschen Regierung gemeinsam vom Gesundheitsministerium, dem Innenministerium und dem Außenministerium getroffen. Sobald das Robert-Koch-Institut (RKI) als zuständige Seuchenbehörde die Einstufung veröffentlicht hat, muss das Auswärtige Amt auch entscheiden, ob es seine Reisewarnung für Spanien und Mallorca verändert. Reisewarnungen werden diskutiert, wenn in einzelnen Regionen anderer Staaten mehr als 50 neue Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner über einen Zeitraum von sieben Tagen am Stück gezählt werden. Dieselbe Grenze gilt für Corona-Beschränkungen innerhalb Deutschlands.
📽️ Video | Deutschland erklärt Spanien - außer Kanaren - zum Corona-Risikogebiet
Mund-Nasen-Schutz in Frankreich wird ausgeweitet
Wegen weiter steigender Infektionszahlen in Frankreich wurde unterdessen in zahlreichen Städten die Maskenpflicht verschärft, darunter auch Paris. Ab Samstagmorgen 8 Uhr sei in zahlreichen weiteren Zonen der Hauptstadt das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes Pflicht, darunter die Prachtmeile Champs-Elysees und das Viertel um den Louvre, teilte die Pariser Präfektur am Freitagabend mit. "Wenn sich die epidemiologische Situation erneut verschlechtern sollte, könnte das Tragen einer Maske in der ganzen Hauptstadt Pflicht werden,", warnte die Präfektur.
Zudem wurden in Paris Versammlungen von mehr als zehn Menschen untersagt, wenn die Einhaltung der Abstandsregel zum Schutz vor einer Infektion mit dem Coronavirus nicht garantiert werden kann. Die Corona-Infektionsraten nahmen in Frankreich zuletzt wieder deutlich zu. Nach Angaben der Generaldirektion für Gesundheit erhöhte sich die Zahl der Neuinfektionen binnen 24 Stunden auf 2.846.
In deutschen Regierungskreisen wurde hinsichtlich Spanien betont, dass die Einstufung als Risikogebiet kein Reiseverbot darstelle. Allerdings zieht diese Einstufung nach sich, dass sich Rückkehrer aus diesen Gebieten - künftig nun auch aus Mallorca - in Quarantäne begeben müssen, bis sie einen negativen Corona-Test vorweisen können. Ende Juli hatte das Auswärtige Amt bereits von nicht notwendigen touristischen Reisen in die nordspanischen Regionen Aragon, Katalonien und Navarra abgeraten.
Infektionen in Spanien steigen an, Regierung hat Verständnis
Auslöser der nunmehrigen Entscheidung ist, dass die Zahl der Neuinfektionen auch in Spanien in den vergangenen Tagen stark gestiegen ist. Am Freitag wurden fast 3.000 neuen Fälle registriert – eine ähnlich hohe Zahl wie am Donnerstag. Spanien verzeichnet damit mit 342.813 Infizierten die höchste Zahl in Westeuropa. Allerdings zählen die Zahlen auf den Balearen nach spanischen Angaben zu den niedrigsten in Spanien. Die spanischen Behörden hatten am Freitag die Schließung der Nachtklubs beschlossen.
Die spanische Außenministerin Arancha Gonzalez Laya sagte in einem Reuters-Interview, dass jedes Land im Kampf gegen die Pandemie seine eigenen Entscheidungen treffe, um die heimische Bevölkerung zu schützen. "Wir zweifeln die Maßnahmen anderer Staaten nicht an", ergänzte sie. Die Reisewarnung trifft das südeuropäische Land hart. Spanien erzielte in den Zeiten vor Ausbruch der Coronakrise gut zwölf Prozent seiner Wirtschaftsleistung mit Urlaubern.
📽️ Video | Außenminister Schallenberg zu Reisewarnungen
Auch Deutschland mit höchstem Anstieg seit Anfang Mai
Die Entscheidung innerhalb der deutschen Regierung ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland nach Angaben des RKI ungebrochen hoch ist. Das RKI meldete am Freitag 1.449 Fälle – das ist der höchste Wert seit Anfang Mai. "Wir dürfen diese Entwicklung so nicht weiterlaufen lassen", warnte RKI-Vize-Präsident Lars Schaade. Sonst drohe man, die Kontrolle zu verlieren.
Die Totenzahl erhöhte sich demnach um 14 auf 9.225. In Deutschland sind nun offiziell gut 12.500 akut Infizierte registriert, also Menschen, die das Virus weitertragen könnten. Diese zentrale Zahl war in den vergangenen Wochen bereits einmal unter 5.000 gelegen. Als Grund für die wieder steigenden Zahlen gelten auch die Reiserückkehrer, die das Virus aus Risikogebieten einschleppen. Deren Zahl nimmt weltweit und auch in Europa wieder zu. Daher besteht für Heimkehrer aus diesen Regionen nach Deutschland inzwischen eine Test- und Quaratänepflicht.
Dänemark überarbeitet Maßnahmen in Corona-Krise
Die Regierung und die Parlamentsparteien in Dänemark einigten sich unterdessen am Freitag nach stundenlangen Verhandlungen darauf, die umstrittene, in der Coronakrise eingeführte Sechs-Tages-Regel abzuschaffen: Touristen müssen bei der Einreise nach Dänemark künftig demnach nicht mehr nachweisen, dass sie mindestens sechs Übernachtungen im Land gebucht haben. Wie aus einer am späten Abend veröffentlichten Vereinbarung hervorgeht, wird die maximale Teilnehmerzahl für Versammlungen in Dänemark weiter bei 100 belassen. Über eine mögliche Lockerung soll demnach im September neu diskutiert werden. Restaurants, Bars und Cafes dürfen statt bis Mitternacht jetzt bis 2.00 Uhr öffnen, Nachtklubs und Diskotheken bleiben bis Ende Oktober weiter geschlossen.
Dänemark hatte im März zu Beginn der Coronakrise strikte Maßnahmen ergriffen und die Ausbreitung des Coronavirus damit vergleichsweise schnell unter Kontrolle bekommen. Seit einigen Wochen mehren sich die Infektionsfälle aber wieder, unter anderem durch lokale Ausbrüche in der zweitgrößten Stadt Aarhus sowie bei einem Schlachtbetrieb in Ringsted. (APA, Reuters, AFP, dpa)