Beinahe-Katastrophe in Spielberg: „Rossi wäre tot gewesen"
Zwei schwere Unfälle, eine sportliche Auferstehung: Das Spielberg-Gastspiel der MotoGP war nichts für schwache Nerven und brachte dem Ducati-Abgänger Andrea Dovizioso den dritten Österreich-Sieg.
Von Daniel Suckert
Spielberg, Innsbruck – „Es fühlt sich alles seltsam an“, sagte Andrea Dovizioso unmittelbar nach der Zieldurchfahrt in der Obersteiermark. Ausgerechnet einen Tag nach seiner Abschieds-Verkündung von Ducati brachte der 34-Jährige seinen Noch-Arbeitgeber zurück auf die Siegerstraße. Und das an einem Tag, an dem der Schutzengel gleich zweimal aktiv werden musste. Dahinter jubelten Joan Mir (2./Suzuki) und Jack Miller (3./Ducati). Bei KTM sorgte erneut Brad Binder (4. Platz) für die positiven Schlagzeilen.
🎥 Video: Die Beinahe-Katastrophe beim Spielberg-GP
Zentimeter entscheiden: Der bis zum Rennabbruch Führende Pol Espargaro (KTM) kam in der Pause so gar nicht mehr aus dem Kopfschütteln heraus. Der Spanier wusste, dass seine Chance auf den Heimerfolg in Spielberg damit dahin war. Denn die Konkurrenz rund um Ducati konnte die falsche Reifenwahl korrigieren. Kinigadner: „Wir hatten wirklich alles zu 100 % im Griff. Dann kam die achte Runde und der Zwischenfall, der alles änderte.“
Bei über 300 km/h berührten sich Franco Morbidelli („Zarco ist ein halber Mörder!“) und Ex-KTM-Pilot Johann Zarco (Ducati) – die beiden herrenlosen Bikes schossen in Richtung Remus-Kurve und wie durch ein Wunder wurden weder Maverick Vinales (ESP) noch Valentino Rossi (ITA/Yamaha) getroffen. Nur Zentimeter fehlten bei „Doktor Rossi“: „Rossi wäre tot gewesen! Er ist in die Box gefahren und hat sich dreimal bekreuzigt“, beschrieb „Kini“ den Worst Case, der an diesem Tag schon beim Moto2-Rennen hätte eintreten können.
Knapp eine Stunde vorher hatte Hafizh Syahrin (MYS) alle Schutzengel auf seiner Seite, als er in das herumliegende Bike von Enea Bastianini (ITA) donnerte und sich danach mehrmals überschlug.
🎥 Moto2-Pilot Syahrin hatte alle Schutzengel an Bord
Ene, mene, muh: Zarco kam mit dem Schrecken davon, Morbidelli mit blauen Flecken, wie das Yamaha-Team twitterte: „Franco ist okay. Seine rechte Hand, seine rechte Schulter und sein Kopf haben die Hauptlast seines Sturzes getragen, aber er hat zu keinem Zeitpunkt das Bewusstsein verloren. Er hat sich einer Computertomographie unterzogen, die gezeigt hat, dass es keine größeren Probleme gibt.“
Nach dem Re-Start passierte das, was Espargaro befürchtet hatte: Der Spanier flog aus den Top drei und begann Fehler zu machen. Und für KTM folgte das, was man sich so gar nicht wünscht: Espargaro verbremste sich, zog nach innen und Markenkollege Miguel Oliveira konnte nicht mehr ausweichen. Beide KTMs waren aus dem Rennen, Oliveira polterte vor laufender Kamera. „Aber es war das zweite Mal im vierten Rennen, dass sich zwei KTM-Piloten abgeräumt haben“, wollte Sportmanager Kinigadner nicht kritisch ausklammern. „Wir sind sonst nicht unzufrieden.“
Der Pilot der Stunde: Und das lag wieder einmal an Brad Binder. Der Brünn-Triumphator, der nur von Rang 17 aus ins Rennen gegangen war, kämpfte sich ins Spitzenfeld zurück und sah als Vierter die Zielflagge. Kinigadner: „Brad hat uns schon gesagt, er hat die zwei Stellen nun im Griff, die ihm bisher so viel Kopfschmerzen bereitet haben. Freuen wir uns also auf das zweite Spielberg-Rennen in einer Woche.“
Ducati über allem: Vielleicht wird dann erstmals ein anderer Sieger als ein Ducati-Pilot vom obersten Podest winken. Seit dem Spielberg-Comeback (2016) hat immer ein Pilot der italienischen Marke triumphiert: „Ich bin sehr glücklich, dass ich wieder auf der Siegerstraße bin. Danke an mein Team“, fügte „Dovi“ mit einem Augenzwinkern an.
Jubelstimmung herrschte auch am restlichen Podest. Der 22-jährige Mir strahlte weit über beide Ohren: „Ein unglaublicher Tag. Ich bin überglücklich. Ich genieße jetzt diesen Moment, es ist ein unglaublicher Tag für uns.“ Miller: „Leider habe ich am Ende einen kleinen Fehler gemacht und den zweiten Platz an Mir verloren.“