Umwelt

EU-Kommission will Österreichs Glyphosatverbot nicht akzeptieren

Die SPÖ will am angestrebten Verbot von Glyphosat festhalten.
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Nationale Alleingänge beim Verbot des Unkrautvernichters Glyphosat sind aus Sicht der EU-Kommission nicht zulässig. Das geht aus einer EU-Stellungnahme zu einem österreichischen Gesetzentwurf hervor.

Wien, Brüssel – Die EU-Kommission hat einem rot-weiß-roten Glyphosat-Verbot in einer Stellungnahme eine klare Absage erteilt. Zum vor drei Monaten an die Behörde übermittelten Gesetzesentwurf der SPÖ für ein nationales Totalverbot halte die Kommission unmissverständlich fest, dass ein solches nicht mit dem geltenden Unionsrecht vereinbar ist, kommentierte das Landwirtschaftsministerium (BMLRT) das Schreiben.

Elisabeth Köstinger (ÖVP)
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Das Parlament in Wien hatte das Verbot des Unkrautmittels nach einem Vorstoß der SPÖ im vergangenen Sommer beschlossen. Das Gesetz war unter anderem wegen eines Formfehlers aber nicht wie geplant Anfang 2020 in Kraft getreten. Die SPÖ will an dem Verbot festhalten und hat schon vor der Stellungnahme aus Brüssel ein neues Gesetz gefordert.

Nach Ansicht der Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) bestätigt die EU-Stellungnahme schon vorher geäußerten Bedenken ihres Ministeriums. Die SPÖ will hingegen am angestrebten Verbot festhalten, auch wenn Brüssel eine negative Stellungnahme abgibt, hatte diese erst am Wochenende verlautbart.

EU-Rechtsexperte Obwexer sieht Gutachten bestätigt

Univ.-Prof. Walter Obwexer (Europarechtler)
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➤ Europarechtsexperte Walter Obwexer hat nach der Stellungnahme der EU-Kommission zum Glyphosat-Verbot in Österreich unterstrichen, dass diese eine Bestätigung seines Gutachtens aus dem Vorjahr sei. In diesem wies er drauf hin, dass ein nationaler Alleingang eines generellen Totalverbots nicht EU-rechtskonform sei, und daher Anwendungsverbote die Lösung wären.

▶️ Owexer: "Daher muss sich Österreich an das geltende EU-Pflanzenschutzmittelrecht halten, das glyphosathaltige Herbizide erlaubt und nur ganz restriktive Ausnahmen bzw. Verwendungsbeschränkungen vorsieht."

Zum Global-2000-Vorwurf einer "irreführenden Kommunikation" durch die Verwendung des Wortes "Stellungnahme" meinte der EU-Rechtswissenschafter, die auf Art. 5 Abs. 2 Richtlinie 2015/1535 gestützten - 'Bemerkungen' der Kommission seien als als 'ausführliche Stellungnahme' iSv Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2015/1535 zu werten."

Daher sei Österreich unionsrechtlich verpflichtet, die Bemerkungen der EU-Kommission zu berücksichtigen bzw. die Kommission über die Maßnahmen, die Österreich als Mitgliedsstaat aufgrund der ausführlichen Stellungnahmen zu ergreifen beabsichtigt, zu unterrichten.

"Es sind keine spezifisch österreichischen Probleme nachgewiesen worden"

"Darüber hinaus ist anzumerken, dass keine der Studien, auf die verwiesen wird, belegt, dass Glyphosat ein konkretes Risiko für die menschliche Gesundheit darstellt", heißt es weiter. "Ein bloßer Verweis auf neue Studien ohne konkrete Begründung, warum sie den derzeitigen Ansatz in Frage stellen, sollte nicht dazu benutzt werden, sich auf das Vorsorgeprinzip zu berufen, um in gültige und relativ neue EU-weite Entscheidungen einzugreifen, die nach einem gründlichen wissenschaftlichen Prozess getroffen wurden."

Die Stellungnahme im Rahmen des Notifikationsverfahrens zum parlamentarischen Gesetzesantrag der SPÖ hält fest, dass nationale Alleingänge bei der Zulassung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen im Rechtsverständnis der EU nicht zulässig sind. Es seien keine spezifisch österreichischen Probleme nachgewiesen worden, die ein Verbot von Glyphosat in Pflanzenschutzmitteln rechtfertigen würden.

Die Stellungnahme hat aufschiebende Wirkung, die Frist für weitere Stellungnahmen verlängert sich dadurch um drei Monate. Österreich ist aufgefordert, die Bemerkungen der Kommission zu berücksichtigen. "Der Ball liegt damit wieder beim Parlament, das den SPÖ-Antrag bei der Europäischen Kommission notifiziert hat. Nach der Rückmeldung der Europäischen Kommission ist klar, dass dieser Antrag gegen europäisches Recht verstößt", hieß es seitens des Landwirtschaftsministeriums

Reaktionen

Die SPÖ hat nach den "kritischen Bemerkungen" der EU-Kommission zum Glyphosat-Verbot in Österreich die Regierung am Mittwoch zu einem Runden Tisch geladen, nachdem die Frist für Stellungnahmen bis Mitte November verlängert wurde. Man wolle parteiübergreifend mit Experten ein Verbot vorbereiten.

▶️ Klubchef Jörg Leichtfried: "Die SPÖ ist dafür, diese drei Monate zu nutzen"

Greenpeace Österreich trat indes dafür ein, Produkten mit dem Herbizid die Marktzulassung zu entziehen, wie dies in Luxemburg geschehen sei, anstatt ein Verbot gesetzlich festzulegen.

▶️ Greenpeac: Ministerin Elisabeth Köstinger soll den Einsatz von Glyphosat in Österreich jetzt endlich rasch zu beenden."

Global 2000 wies darauf hin, dass die Kritik der EU-Kommission keine "ausführliche Stellungnahme" darstelle, und somit keine "klare Absage", weil dies kein rechtlich relevanter Einspruch, sondern eine rechtlich nicht bindende "Bemerkung" sei.

Der Bauernbund sah in der Antwort der EU-Kommission zum österreichischen Gesetzesvorschlag für ein Totalverbot ein "deutliches Nein" und dieses rechtlich durch die "nationale Machbarkeitsstudie Glyphosat" der BOKU vom Jahr 2019 untermauert. "

▶️ Bauernbund-Präsident Georg Strasser: "Wir treten für sparsame Anwendung durch sachkundige Personen in begrenzten sinnvollen Fällen ein."

Die IndustrieGruppe Pflanzenschutz widerspricht Global 2000 und wies in ihrer Aussendung auf das laufende Wiederzulassungsverfahren für Glyphosat hin, das 2022 abgeschlossen sein soll.

▶️ IGP: "In ihrer Stellungnahme beurteilt die EU-Kommission den österreichischen Gesetzesvorschlag als nicht EU-rechtskonform"

Die Wiedergenehmigung von Glyphostat in der EU wurde Ende des Vorjahres von einem Konsortium mehrerer Pestizid-Hersteller beantragt. Die Zulassung des Unkrautvernichters wurde Ende 2017 in der EU für weitere fünf Jahre bis Ende 2022 beschlossen, daher strebt die "Glyphosate Renewal Group" nun an, dass das Mittel auch darüber hinaus wieder verwendet werden darf. (APA)