Realer CO2-Ausstoß von Hybrid-Autos um bis zu viermal höher als Angaben
Die reale Schadstoffbilanz von Plug-in-Hybriden ist durchschnittlich um das Drei- bis Vierfache höher als die Angaben vom Hersteller, wie eine Studie ergab. Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) ist nach Veröffentlichung der Studie gegen eine pauschale Kaufförderung.
Berlin – Plug-in-Hybride boomen als CO2-effiziente Alternative zu konventionellen Verbrennern – doch auch ihre Schadstoffbilanz ist bei tatsächlicher Nutzung oft deutlich schlechter als von den Herstellern angepriesen, wie eine am Montag veröffentlichte Studie unter Mitwirkung des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) zeigt. Plug-in-Autos würden oft nicht regelmäßig elektrisch nachgeladen.
Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß im Alltagsgebrauch deutscher Privatkäufer sind laut Studie durchschnittlich mehr als doppelt so hoch wie im offiziellen Testzyklus. Das ISI und das Council on Clean Transportation (ICCT) werteten nach eigenen Angaben Nutzungsdaten von insgesamt über 100.000 Plug-in-Hybridfahrzeugen in Europa, Nordamerika und China aus. Dabei waren die realen Werte bei Dienstwagen in Deutschland im Schnitt sogar viermal so hoch wie die Herstellerangaben, wie ISI-Ökonom und Studienautor Patrick Plötz erklärte. Unterm Strich ist die Abweichung bei den am Stromnetz aufladbaren Hybridautos damit laut ISI "sehr viel größer" als bei reinen Verbrennern.
Werte viermal so hoch wie Herstellerangaben, nicht nachgeladen
Die Forschungsinstitute begründeten das damit, dass die Plug-in-Autos oft nicht regelmäßig elektrisch nachgeladen würden. Deutsche Privatnutzer laden demnach "statistisch gesehen lediglich an drei von vier Tagen. Bei Dienstwagen wird im Mittel sogar nur ungefähr an jedem zweiten Fahrtag geladen". Die Folge: Die privat genutzten Hybride erbringen "im Durchschnitt etwa 43 Prozent ihrer Fahrleistung im elektrischen Modus, bei Dienstwagen sind es lediglich 18 Prozent". Dadurch erhöhen sich Kraftstoffverbrauch und Schadstoffausstoß.
VCÖ gegen pauschale Kaufförderung von Plug-in-Hybrid-Autos
Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) ist nach Veröffentlichung der Studie gegen eine pauschale Kaufförderung von Plug-in-Hybrid-Autos. Besonders schlecht ist demnach die Klimabilanz der als Dienstwagen genutzten Hybrid-Pkw, weil diese im Schnitt nur ein Fünftel der gefahrenen Kilometer rein elektrisch zurücklegen.
Die realen CO2-Emissionen der Plug-in-Hybrid-Dienstwagen sind durchschnittlich um das Drei- bis Vierfache höher als die der im Test ermittelten. Insgesamt liegt der CO2-Ausstoß der Wagen, die neben dem Verbrennungsmotor auch einen Elektromotor haben, um das Doppelte über den Testwerten. Das ergab die Auswertung von mehr als 100.000 Plug-in-Hybridfahrzeugen in Europa, Nordamerika und China durch das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) und das Council on Clean Transportation (ICCT), dem Aufdecker des VW-Dieselskandals.
"Diese Ergebnisse bestätigen eine ältere Studie des Umweltbundesamts, die für die Jahre 2016 und 2015 für die in Österreich neuzugelassenen Plug-in-Hybrid-Pkw eine durchschnittliche Abweichung des realen CO2-Ausstoßes um das Zweieinhalbfache feststellte", so der VCÖ am Montag in einer Aussendung. Fahrzeuge mit einer höheren elektrischen Reichweite und weniger PS (Verbrennungsmotor) sind den Untersuchungen zufolge umweltfreundlicher.
Der VCÖ fordert daher, dass nur solche Plug-in-Hybride eine Kaufförderung bekommen. Derzeit wird der Kauf von Hybridfahrzeugen mit 2.500 Euro gefördert, zudem sind sie bei der Normverbrauchsabgabe und der motorbezogenen Versicherungssteuer steuerlich begünstigt. Auch da verlangt der VCÖ Änderungen.
Im ersten Halbjahr 2020 wurden in Österreich 2.575 Plug-in-Hybride neu zugelassen, nach 898 im ersten Halbjahr 2019.
Förderung von Heimladestationen gefordert
Die deutsche Regierung solle Heimladestationen stärker fördern und gleichzeitig Förderungen wie Kaufprämien oder eine reduzierte Dienstwagenbesteuerung für Hybride an den Nachweis einer überwiegend elektrischen Nutzung koppeln, empfiehlt Peter Mock, ICCT-Direktor in der EU. Außerdem sollten diejenigen Fahrzeugmodelle bevorzugt werden, "die über eine hohe elektrische Reichweite und gleichzeitig eine geringe verbrennungsmotorische Leistung verfügen".
Die Institute nahmen aber auch die Autobauer in die Pflicht, "proaktiv" zu agieren und ihre Käufer zum elektrischen Betrieb zu "motivieren": Sie sollten möglichst die entsprechende Batteriereichweite erhöhen und zugleich die verbrennungsmotorische Leistung drosseln. Flottenbetreiber schließlich sollten ihr Budget für Tankkarten lieber dafür nutzen, Angestellten "ein einfaches und kostengünstiges Nachladen" von Firmenwagen an der elektrischen Ladestation zu ermöglichen, forderten die Forscher.
Für ihre Studie nutzten sie nach eigenen Angaben unter anderem anonymisierte Daten von Fahrern auf Online-Portalen wie Spritmonitor.de sowie "Auswertungen zu Firmenfahrzeugen, die Flottenkunden zur Verfügung stellten". (APA)