Corona-Krise

Studien zu Corona-Impfstoff: Was machen mit Probanden?

Die Forschung nach Corona-Impfstoffen stellt Forscher vor ethische Probleme.
© NELSON ALMEIDA

Derzeit werden verkürzte Studien zur Wirksamkeit von Corona-Impfstoffen durchgeführt. Sobald ein Präparat zugelassen ist, stellt sich jedoch die Frage, wie man mit bisherigen Testpersonen umgeht, die nur ein Placebo erhalten haben.

Von Ivan Couronne/AFP

Washington – So schnell wurde noch kein Impfstoff zugelassen: Vor Jahresende sollen in den USA Impfungen gegen das neue Coronavirus erhältlich sein. Möglich ist das nur, weil die dritte und letzte klinische Erprobungsphase ausnahmsweise von üblicherweise sechs auf zwei Monate verkürzt wurde.

Doch das stellt die Wissenschafter vor ein ethisches Dilemma: Was passiert mit den Probanden, die bisher zu Forschungszwecken nur ein Placebo erhalten haben? Darf ihnen die dann zugelassene Impfung verwehrt werden, um weiterhin eine Vergleichsgruppe zu haben?

Schwierige ethische Frage

In der Öffentlichkeit wird diese Frage kaum diskutiert, doch Gesundheitsexperten und Pharmaherstellern bereitet sie Kopfzerbrechen. Zehntausende Menschen in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern nehmen derzeit freiwillig an der Phase III der Impfstoffentwicklung teil, und die Hälfte erhält das neue Vakzin, die andere ein Placebo.

Niemand weiß, welcher Gruppe er angehört. So können die Wissenschafter beobachten, wie viele Testpersonen in den beiden Gruppen sich in der Folgezeit mit dem Coronavirus infizieren und erkranken und damit die Wirksamkeit der Impfung beurteilen.

Ist die Zahl der Erkrankten in der tatsächlich geimpften Gruppe um mindestens 50 Prozent geringer als in der Placebo-Gruppe, kann die US-Arzneimittelbehörde FDA eine Notfallzulassung erteilen. Für eine dauerhafte Zulassung verlangt die FDA eine längere Erprobungszeit von normalerweise einem halben Jahr, um auch möglicherweise erst später auftretende Nebenwirkungen auszuschließen.

Studien könnten darunter leiden

In der Pharmaforschung ist es aus ethischen Gründen üblich, den Probanden, die nur ein Placebo erhalten haben, dies mitzuteilen, sobald die Impfung oder das Medikament zugelassen ist. Im Fall von Covid-19 werden sich einige dieser Testpersonen dann voraussichtlich den wirklichen Impfstoff spritzen lassen.

Das verkleinert jedoch die Placebo-Kontrollgruppe und nimmt den Forschern die Möglichkeit, Geimpfte und Ungeimpfte über einen längeren Zeitraum zu vergleichen. Dazu wird es noch schwieriger, überhaupt Probanden für weitere Corona-Impfstoffe zu finden, wenn es bereits autorisierte Wirkstoffe gibt.

Vergangene Woche berieten auch FDA-Experten über das Dilemma. "Es wird wahrscheinlich eine Situation entstehen, in der es ethisch nicht mehr zulässig ist, die placebokontrollierte Nachbeobachtung einer laufenden Studie fortzusetzen", sagte der für Impfstoffe zuständige FDA-Vertreter Doran Fink. Für die Pharmafirmen hat er nur einen Rat: Mit den Studien weitermachen, solange es möglich ist.

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