Causa Eurofighter

Die Eurofighter kleben an Österreich: Verfahren endgültig eingestellt

Die Causa Eurofighter ist geschlossen.
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Die Hoffnungen von von Verteidigungsministerin Tanner (ÖVP) und der Regierung, die Eurofighter auf juristischem Weg loszuwerden, haben sich am Mittwoch endgültig in Luft aufgelöst Das OLG Wien stellt die Betrugsermittlungen gegen Airbus ein. Auch der Beschwerde der WKStA Wien wurde nicht Folge gegeben.

Wien – Seit Jahren schiebt die Politik die Entscheidung über die Neuaufstellung der Luftraumüberwachung mit Verweis auf ausstehende Justizverfahren auf und hofft, die ungeliebten Eurofighter auf juristischem Weg loszuwerden. Diese Erzählung scheint nun zu Ende. Das Oberlandesgericht hat die Betrugsermittlungen gehen Airbus endgültig eingestellt und der Beschwerde der WKStA nicht Folge geleistet. Andere Verfahrenskomplexe seien aber weiterhin offen, heißt es bei der Anklagebehörde.

Der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, der das Verfahren für die Republik geleitet hat, zeigte Unverständnis für die Einstellung der Ermittlungen. Aber "Gerichtsentscheidungen schaffen Tatsachen, die zu akzeptieren sind", sagte Peschorn in einer Mitteilung Mittwochabend. Er erinnerte daran, dass die Staatsanwaltschaft München gegen Airbus wegen Fehlverhaltens ein Bußgeld in Höhe von 81,25 Mio. Euro verhängt hatte und der Konzern gegenüber den US-amerikanischen Behörden eingestand, einen Teilbetrag des von der Republik Österreich für die Eurofighter bezahlten Kaufpreises von 55 Mio. Euro für "politische Zuwendungen" verwendet zu haben.

Keine ausreichenden Ermittlungsergebnisse

Die Einstellung erfolgte mit der Begründung, dass von den österreichischen Anklagebehörden im bisherigen dreieinhalbjährigen Ermittlungsverfahren der begründete Verdacht des Betrugs an der Republik Österreich nicht durch ausreichende eigene Ermittlungsergebnisse soweit dargestellt werden konnte, dass eine Fortsetzung der strafbehördlichen Ermittlungen gerechtfertigt wäre.

Er habe heute Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) über die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien unterrichtet, sagte Peschorn. Die Finanzprokuratur wurde von der Ministerin beauftragt, gemeinsam mit den Experten des Ressorts die Konsequenzen, die sich aus der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien ergeben, umfassend zu analysieren.

Anfang des Jahres hatte sich Tanner noch überzeugt von einem juristischen Sieg gezeigt und getönt, dass Airbus sie "noch kennenlernen" werde. Dazu kam es allerdings nicht. Anlass für Tanners Drohung waren die Vorgänge in den USA, wo Airbus gegenüber den Behörden unlauteres Verhalten bei der Eurofighter-Anschaffung in Österreich gestanden hatte. Die österreichische Politik hoffte damals, dass der Konzern dadurch unter Druck kommt und die vom Ex-Verteidigungsminister und nunmehrigen burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Dokozil (SPÖ) erstattet Betrugsanzeige vorangetrieben wird.

Diese Hoffnungen wurden nicht erfüllt, das Gegenteil trat ein: Das Straflandesgericht Wien stellt das Verfahren zu Doskozils Betrugsanzeige ein. Eine Beschwerde dagegen wurde nun abgewiesen und das Betrugsverfahren damit endgültig eingestellt. Wie die Ministerin mit der neuen Situation umgehen will, wird sie morgen mitteilen. Zuletzt hatte sie Verkaufsgespräche mit Indonesien, das die österreichischen Abfangjäger kaufen möchte, geführt. Ein Problem dabei ist allerdings, dass es für einen Verkauf der österreichischen Jets die Zustimmung aller vier Herstellerländer (Deutschland, Italien, Großbritannien, Spanien) sowie der USA braucht. (APA)

Österreich und die verhassten Eurofighter: Eine Chronologie

2000

Die schwarz-blaue Regierung beschließt die Anschaffung neuer Abfangjäger.

2002

Juli: Die Typen-Entscheidung endet überraschend mit einem Sieg der Eurofighter als Draken-Nachfolger. Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) beziffert die Kosten für 24 Jets mit 1,791 Mrd. Euro.

August: Die Regierung beschließt wegen des Jahrhundert-Hochwassers eine Reduktion von 24 auf 18 Stück.

2003

Juli: Der Eurofighter-Vertrag wird unterzeichnet.

2006

Oktober: Der Nationalrat setzt mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen einen Untersuchungsausschuss zur Beschaffung der Flieger ein.

2007

Jänner: Die Regierungsverhandlungen enden mit SPÖ-ÖVP-Einigung. Das Thema Eurofighter bleibt im Regierungsprogramm ausgespart. Der neue Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) bekommt von Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) den Auftrag, mit EADS über Ausstieg oder Verbilligung zu verhandeln.

April: Der für die Eurofighter-Einführung zuständige "Airchief" Erich Wolf wird vorläufig vom Dienst suspendiert und angezeigt, nachdem eine 87.600-Euro-Zahlung des EADS-Lobbyisten Erhard Steininger an die Firma seiner Frau bekannt wurde. Rund vier Jahre später stellt die Staatsanwaltschaft Wien aber die Strafverfahren gegen den mittlerweile pensionierten Wolf, dessen Ehefrau, den Lobbyisten Steininger und das Ehepaar Rumpold ein.

Juni: Darabos vermeldet einen Vergleich mit der Eurofighter GmbH, wonach die Stückzahl von 18 auf 15 reduziert wird.

2008

August: Ein Rechnungshof-Bericht relativiert von Darabos genannte Einsparungen durch den Vergleich und kritisiert Vorgänge bei der Verhandlungsführung.

2009

September: Der letzte der 15 Eurofighter landet am Fliegerhorst Hinterstoisser.

2011

Mai: Beginn erneuter Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien.

2012

November: Einsetzung der Task Force Eurofighter-Vertrag im Verteidigungsministerium sowie der Task Force Gegengeschäfte im Wirtschaftsressort.

2014

Februar: Die Airbus Group, vormals EADS, schließt ihre interne Prüfung zu angeblichen Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Eurofighter an Österreich ab. Über den Inhalt des Berichts gibt es keine Information. Laut Medienberichten soll eine britische Firma namens "City Chambers Limited" in den Jahren 2003 bis 2009 rund acht Mio. Euro für Lobbying in Österreich kassiert haben.

2015

Das Wirtschaftsministerium folgt einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs und veröffentlicht alle Eurofighter-Gegengeschäfte.

2017

Februar: Veröffentlichung des Berichts der Task Force Eurofighter. Das Verteidigungsministerium unter Hans Peter Dokozil (SPÖ) erstattet Anzeige gegen Airbus. Es geht um den Verdacht auf arglistige und betrügerische Täuschung unter anderem beim Kaufpreis der Jets. Die Republik Österreich schließt sich außerdem dem Strafverfahren als Privatbeteiligte an und verlangt Schadenersatz in Millionenhöhe.

März: Der Nationalrat setzt auf Verlangen von Freiheitlichen und Grünen einen neuen U-Ausschuss ein. Die Zeugenbefragungen fördern nur wenig Neues zutage, wegen der Neuwahl im Herbst kann der Ausschuss nicht alle Themen abarbeiten und wird im Juli beendet.

Juli: Verteidigungsminister Doskozil verkündet den Ausstieg aus dem Eurofighter ab 2020. Künftig soll es nur mehr eine statt zwei Jet-Flotten geben. Eine Sonderkommission empfiehlt 15 einsitzige und drei doppelsitzige Überschallflugzeuge.

2018

Februar: Die Staatsanwaltschaft München stellt das jahrelange Schmiergeldverfahren gegen Airbus wegen des Eurofighter-Verkaufs an Österreich ein - gegen ein Bußgeld von 81 Mio. Euro. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien wegen Betrugs, Bestechung, Geldwäscherei und Untreue laufen weiter.

März: Der dritte U-Ausschuss zum Kauf der Eurofighter wird eingesetzt. Das 440-seitige Abschlusspapier übt Kritik an Mitgliedern der schwarz-blauen Regierung unter Wolfgang Schüssel (ÖVP), aber auch an Flugzeughersteller EADS/Eurofighter. Der Nachweis individueller Bestechung wird aber nicht erbracht.

2019

Jänner: Die Eurofighter-Ermittlungen wandern von der bisher zuständigen Staatsanwaltschaft Wien zur Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).

März: In München werden in der Airbus-Korruptionsaffäre um den Verkauf von Eurofightern an Österreich zwei Beteiligte zu Bewährungsstrafen verurteilt. Ein früherer Airbus-Manager und ein weiterer Beschuldigter fassten Freiheitsstrafen wegen schwerer Untreue und Beihilfe dazu aus. In sechs Fällen werden die Ermittlungen eingestellt, weil die Betroffenen in ähnlichem Zusammenhang bereits in Deutschland verurteilt wurden oder in Österreich im Visier der Strafverfolger sind.

April: Die Eurofighter-Ermittlungen gegen den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser werden nach einem entsprechenden Antrag seines Anwaltes Manfred Ainedter eingestellt.

2020

Jänner: Im türkis-grünen Regierungsprogramm sucht man vergeblich konkrete Pläne zur Ausgestaltung der Luftraumüberwachung und der Zukunft der Eurofighter. Lediglich ein "Bekenntnis zur Luftraumüberwachung" gibt es - sie soll durch eine "adäquate und kosteneffiziente Lösung" erfolgen.

Februar: Airbus hat gegenüber den US-Behörden unlauteres Verhalten bei der Eurofighter-Anschaffung in Österreich gestanden. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) fordert Wiedergutmachung vom Jet-Hersteller. Finanzprokuratur-Präsident und Kurzzeit-Innenminister Wolfgang Peschorn erwartet eine Anklage gegen Airbus auch in Österreich

April: Das Straflandesgericht Wien stellt das Verfahren zu Doskozils Betrugsanzeige ein. Ermittlungen wegen des Verdachts auf Geldwäscherei, Untreue und Korruption sind aber nach wie vor am Laufen, betont die WKStA.

Juli: Verteidigungsministerin Tanner lässt die 50 Jahre alten Saab 105 des Bundesheeres ausfliegen und setzt damit vorerst bei der Luftraumüberwachung nur noch auf die Eurofighter, bis ein Vertragsausstieg möglich sei. Indonesion zeigt sich am Kauf der Flieger interessiert.

November: Die Hoffnungen, die Eurofighter auf juristischem Weg loszuwerden, lösen sich endgültig in Luft auf. Das Oberlandesgericht Wien weist die Beschwerden der WKStA und der Republik gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Betrugs bei der Beschaffung der Eurofighter im Jahr 2003 und beim sogenannten Vergleich im Jahr 2007 durch das Landesgericht für Strafsachen zurück. Andere Verfahrenskomplexe sind aber weiterhin offen, heißt es bei der WKStA.