Nach drei Jahren fällt am Freitag ein Urteil im Grasser-Prozess
Dem einstigen Star der ersten schwarz-blauen Bundesregierung, Karl-Heinz Grasser, wird angelastet, in den Causen Buwog und Linzer Terminal Schmiergeld erhalten zu haben. Der Ex-Minister bestreitet die Vorwürfe. Am Freitag wird nach drei Jahren Prozess ein Urteil gefällt.
Wien – Karl-Heinz Grasser dominiert nun schon seit zwei Jahrzehnten immer wieder die Schlagzeilen. Der einstige „Schwiegersohn der Nation“ und Star der ersten schwarz-blauen Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) ist inzwischen leicht angegraut in den 50ern angekommen.
📽️ Video | Ende des BUWOG-Prozesses
Der Klagenfurter Sohn einer Autohändler-Familie maturierte mit Auszeichnung und studierte anschließend an der Universität Klagenfurt Angewandte Betriebswirtschaft. Mit nur 25 Jahren zog er in die Kärntner Landesregierung ein, sein Förderer war der mittlerweile verstorbene Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider. Mit 31 machte ihn Schüssel zum Finanzminister – zuerst als FPÖ-, danach als ÖVP-Minister. Mit 33 Jahren kehrte Grasser der Politik den Rücken – um in der Privatwirtschaft seinen Erfolgslauf fortzusetzen.
Doch da gab es schon Flecken auf seiner „blütenweißen Weste“ – die zu zahlreiche Ermittlungen der Justiz in Richtung Korruption führten, begleitet von intensiver medialer Berichterstattung. Grasser tingelte von Interview zu Interview, um mit seiner eloquenten und rhetorisch perfekten Art seine Unschuld zu beteuern. Stets unterstützt vom wortgewaltigen Rechtsanwalt Manfred Ainedter konnte er einige juristische Erfolge feiern, übrig blieben – nach zahlreichen Einsprüchen – die Causen Buwog und Terminal Tower Linz.
Die Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog) unter dem damaligen Finanzminister Grasser im Jahr 2004 stand mit der Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft offiziell unter Korruptionsverdacht. Es geht um eine damals im Geheimen erfolgte Zahlung von fast zehn Millionen Euro, die von der im Bieterverfahren siegreichen Immofinanz über Umwege nach Liechtenstein floss.
Hat sich Grasser bereichert?
Die entscheidende Frage dabei war: Hat Grasser sein Insiderwissen als Minister bei der Privatisierung der Bundeswohnungen ausgenutzt, um – über den Umweg zweier Vertrauter – entscheidende Informationen weiterzugeben und sich selbst mit Schmiergeld zu bereichern? Grasser bestreitet dies vehement. Der Mitangeklagte und Lobbyist Peter Hochegger sagte, er habe den Tipp von Grassers Trauzeugen Walter Meischberger (ein weiterer Mitangeklagter) bekommen. Meischberger wiederum dementiert, die Information von Grasser bekommen zu haben, sein Tippgeber sei Jörg Haider gewesen.
In der Causa Linzer Terminal Tower geht es um die Einmietung der oberösterreichischen Finanz- und Zollämter im Linzer Terminal Tower im Jahr 2006. Das Hochhaus am Bahnhof von Linz war ein Gemeinschaftsprojekt von Porr, Raiffeisen OÖ und Raiffeien Leasing. Dabei floss eine „Vermittlungsprovision“ via Hochegger an Meischberger, der das Geld nach Liechtenstein transferierte.
Vermutet wird von der Anklagebehörde, dass die Zahlung von Schmiergeld als Gegenleistung für die Einmietung der Finanz in das Hochhaus war. Grasser hatte dem eigentlich ausverhandelten Projekt zunächst seine Zustimmung verweigert und erst Monate später zugestimmt. Der Verdacht der Ermittler: Erst nach der Zusage einer Provision der Projektbetreiber an seinen Vertrauten Meischberger habe Grasser sein Okay gegeben. Auch in dieser Causa bestreiten alle genannten Personen die Vorwürfe.
Lob für umsichtige Richterin
Zurück zum Buwog-Verfahren: Als am 12. Dezember 2017 die junge Richterin Marion Hohenecker die Hauptverhandlung im Wiener Straflandesgericht eröffnete, sah sie sich sofort einem Hagel an Anwürfen ausgesetzt – wegen Grasser-kritischen Tweets ihres Ehemannes. Grasser hielt sich dabei zurück, die heftigen Attacken ließ er seine Anwälte reiten. Inzwischen verteilt der Ex-Minister auch gerne Lob für die Prozessführung durch „Frau Rat“.
Die ruhige Verhandlungsführung der Juristin, die stets perfekt vorbereitet war und die Übersicht über einen riesigen Gerichtsakt und gleich drei in einem Mega-Prozess zusammengefasste Anklagen bewahrte, prägte den Prozess. Sie ließ die Verteidiger und die Beschuldigten ausreden, auch wenn deren Vorträge oft viele Stunden dauerten und sie inhaltlich sehr weit ausholten. Hohenecker ließ sich dabei nicht anmerken, was sie von den Ausführungen hielt. Manchmal allerdings stellte sie dann nachher gezielte Fragen und hakte nach. Zwischenrufe empörter Verteidiger oder Angeklagter versuchte sie von Anfang an zu unterbinden.
In den Pausen im „Raucherhof“ des Landesgerichts „schnorrt“ sich Grasser schon mal einen Zigarillo von Meischberger, ab und zu gibt es statt Red Bull ein alkoholfreies Bier. Man fühlt sich kurz zurückversetzt an die goldenen Zeiten am Wörthersee. Im Gerichtssaal ist Grasser der akribische Arbeiter, ständig mit Leuchtstiften am Durcharbeiten der Akten. Und er ist ein „Steher“ – genauestens achtet er darauf, dass er erst auf der Anklagebank Platz nimmt, wenn die Fotografen des Saales verwiesen wurden. Zu den rund 160 Gerichtsterminen bisher reiste der Ex-Minister aus Kitzbühel an, übernachten soll er im Hotel Sacher seines Ex-Kabinettschefs und Freundes Matthias Winkler.
Er habe keinen Arbeitgeber, kein Auto und kein Haus, beschrieb Grasser auf Nachfrage von Richterin Hohenecker zu Prozessbeginn seine finanzielle Situation. Zu seinen Vermögenswerten wollte er keine Auskunft geben.
Nach dreijähriger Verhandlung wird morgen das Urteil verkündet. (sas, APA)