Brexit-Drama

Post-Brexit-Verhandlungen in heißer Phase: Kein Durchbruch in Sicht

EU-Chefverhandler Michel Barnier.
© JOHN THYS

EU-Chefverhandler Michel Barnier glaubt eher nicht an eine Einigung in letzter Minute in den Verhandlungen zwischen EU und Großbritannien. Das habe er den Botschaftern der verbliebenen 27 EU-Staaten mitgeteilt.

London – Bei den womöglich entscheidenden Post-Brexit-Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien zeichnet sich kein Durchbruch ab. Die Gespräche am Sonntag in Brüssel hätten noch kein Ergebnis gebracht, sagten Diplomaten beider Seiten am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Weitere Verhandlungsrunden sind angesetzt.

Am Montagabend sollen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der britische Premierminister Boris Johnson den Stand der Gespräche bewerten. Sollte es in den nächsten Tagen nicht doch noch eine Einigung über die künftigen Beziehungen zueinander samt Freihandelsabkommen geben, droht Anfang 2021 ein harter Bruch mit größeren Verwerfungen für die Wirtschaft.

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Keiner der drei Hauptstreitpunkte bisher gelöst

Ein EU-Diplomat sagte, der Ball liege nun im Feld Großbritanniens. Johnson ist einem Bericht der Zeitung "The Sun" zufolge bereit, den Stecker zu ziehen, sollte die EU nicht noch auf britische Forderungen eingehen. Der EU-Diplomat ergänzte, es sei bisher nicht gelungen, bei den drei Hauptstreitpunkten Brücken zu bauen – bei den künftigen Fischereirechten, Garantien für einen fairen Wettbewerb und einem Streitschlichtungsmechanismus im Falle von Verstößen gegen das geplante Abkommen. "Der Ausgang ist weiter offen, es kann in beide Richtungen gehen." Das Spiel sei jetzt in der finalen Phase. "Die Zeit läuft schnell ab."

Diplomaten zufolge hat EU-Chefunterhändler Michel Barnier die 27 Mitgliedstaaten Montag früh darüber unterrichtet, dass es noch keine Einigung gebe. Er habe sich mit Blick auf die Chancen eher pessimistisch geäußert. Barnier habe aber weitere Gespräche mit dem britischen Chefunterhändler David Frost angekündigt.

Übergangsfrist nur noch bis Ende Dezember

Am 31. Dezember endet die Übergangsfrist, in der Großbritannien nach dem offiziellen Brexit noch EU-Regeln anwenden muss. Danach droht Chaos, sollte es keine Einigung in letzter Minute geben. Experten rechnen dann mit höheren Zöllen auf viele Produkte sowie langen Wartezeiten an der Grenze. "Auf jeden Fall hat Genauigkeit Vorfahrt gegenüber dem Zeitplan", so ein EU-Diplomat. In der Vergangenheit waren Fristen immer wieder nach hinten geschoben worden. Johnson hat aber eine Verlängerung der Übergangszeit mehrfach ausgeschlossen.

Die Investmentbank JP Morgan taxiert das Risiko für einen harten Brexit ohne Handelspakt mittlerweile auf rund 33 Prozent, nachdem es zuletzt nur 20 Prozent waren. Das Pfund fiel zu Wochenbeginn zum Dollar um ein Prozent auf den niedrigsten Stand seit zweieinhalb Wochen.

Parlament beschäftigt sich wieder mit umstrittenem Gesetz

Am Montag wird sich das britische Parlament erneut mit dem umstrittenen Binnenmarktgesetz beschäftigen. Der Entwurf dafür hat die EU in Aufruhr versetzt, weil dadurch potenziell Teile des Brexit-Vertrags untergraben werden. Für Johnson dient es als Sicherheitsnetz, falls die Verhandlungen mit der EU keine abschließende Regelung zum Warenhandel bringen.

Das Gesetz würde London die Möglichkeit geben, die im Brexit-Vertrag festgeschriebene Regelung auszuhebeln, nach der in der britischen Provinz Nordirland auch künftig EU-Zollregeln gelten sollen. Die Europäische Union hat mit juristischen Schritten gedroht. Auch in Johnsons eigener Konservativer Partei ist der Vorstoß umstritten. (APA, Reuters)