Landespolitik

Hitzige Diskussion über Zukunft des Tourismus in Tiroler Landtag

Der Tiroler Landtag (Archivaufnahme)
© Böhm

Auf Antrag der Freiheitlichen war im Tiroler Landtag am Donnerstag die Zukunft des Tourismus Thema. Hintergrund war auch der Verkauf der Muttereralmbahn an slowakische Betreiber. Die FPÖ beschwerte sich über "Ausverkauf".

Innsbruck – Auf Antrag der FPÖ hat der Tiroler Landtag am Donnerstag im Rahmen der Aktuellen Stunde über die Zukunft des Tourismus diskutiert. Hintergrund der Debatte war nicht nur die Coronapandemie sondern auch der Verkauf der Muttereralmbahn an einen slowakischen Betreiber. Die FPÖ sprach von einem "Ausverkauf touristischer Infrastruktur". Einige Abgeordnete plädierten indes dafür, die Krise zu nützen, um den Tourismus neu zu denken: Nachhaltiger, attraktiver und zukunftssicher.

📽️ Video | Angst vor dem Ausverkauf:

Einig schienen sich die Abgeordneten darüber, dass Tourismus eine – wie es die FPÖ formulierte – "Lebensader Tirols" und eine florierende Tourismuswirtschaft unabdingbar für den heimischen Wirtschaftsstandort sei. Wie wichtig der Tourismus für das Land sei, führe uns derzeit die Coronapandemie vor Augen, stellte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) fest. War die Tourismusbranche zu Zeiten der Wirtschaftskrise 2008/2009 noch "ein Fels in der Brandung", so würden heute nicht nur Tourismusbetriebe, sondern auch mit dem Tourismus eng verbundene andere Branchen "tief in die Krise gerissen". Der Wirtschaftsstandort Tirol sei "gebeutelt".

"Jeder dritte Euro wird in Tirol durch den Tourismus erwirtschaftet, jeder vierte Arbeitsplatz ist in dieser Branche zu verorten, schon alleine deshalb muss der Branche geholfen werden", erinnerte ÖVP-Landtagsabgeordneter Mario Gerber. Die "völlige Planlosigkeit" des Jahres 2020 sei für die touristischen Unternehmer "wie Gift".

FPÖ: Tiroler Grüne "reden Tourismus schlecht

Covid-19 habe den Tourismus "quasi lahmgelegt", meinte auch FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger eingangs in einem Referat zur Lage des Tourismus in Tirol. Schuld daran seien auch die "sprunghaften Maßnahmen der Bundesregierung", auf die man sich nicht einstellen könne und die – wie etwa die Vorverlegung der Sperrstunde – "epidemiologisch nicht erklärbar" seien. Hart ins Gericht ging Abwerzger auch mit den Tiroler Grünen, denen er vorwarf, "den Tourismus schlechtzureden".

Die am Dienstagabend beschlossene Übernahme der Muttereralmbahn durch einen slowakischen Betreiber beschrieb Abwerzger als "besorgniserregende Entwicklung", denn als ausländischer Betrieb habe Tatry Mountain Resorts keinen Bezug zum Standort, er sehe darin also keine "nachhaltige Entwicklung". Zu wenig sei auf politischer Ebene gegen die ausländische Übernahme unternommen worden, kritisierte Abwerzger. "Investorenmodelle befeuern den Ausverkauf Tirols", pflichtete ihm Landtags-Abgeordneter Markus Sint (Liste Fritz) bei. Vielfach handle es sich bei Investorenmodellen um "trojanische Pferde – wo Tourismus draufsteht, ist nicht unbedingt Tourismus drin", zog Sint einen Vergleich.

Investorenmodell kann für ÖVP "Tourismus wieder anschieben"

Gerber plädierte indes dafür, "die ganze Geschichte positiv zu sehen". Das Konzept des slowakischen Investors sei seiner Meinung nach "schlüssig und sehr gut" und geeignet, "den Tourismus wieder anzuschieben". Ähnlich argumentierte die SPÖ. Die öffentliche Hand sei oft nicht in der Lage, den nötigen Investitionsbedarf zu leisten, gab Landtagsabgeordnete Elisabeth Blanik (SPÖ) zu bedenken: "Es gibt sicherlich viele Regionen, die dankbar wären, wenn jemand bereit wäre, in vor allem für Einheimische wichtige Infrastrukturen zu investieren."

Über 90 Prozent der touristischen Unternehmen in Tirol seien Familienbetriebe, sagte LH Platter, das sei auch "unser Erfolgsmodell". Es gäbe "gute Gründe, warum ausländische Investoren hineindrängen". Man müsse dagegensteuern, stimmte Platter seinen Vorredern zu, allerdings "im Rahmen der Möglichkeiten innerhalb der Europäischen Union". "Vom Prinzip her" gelte, betonte Platter, "Tiroler Tourismus in Tiroler Hand."

Grüne wünschen sich "Zukunftsdialog" und "keine Panik"

Man müsse sich doch vielmehr die Frage stellen, was das "Unverkäufliche, Unverwechselbare" sei, was "Tirol im Kern ausmacht", betonte indes Grünen-Klubchef Gebi Mair und fügte hinzu, dass dies sicher nicht "ein paar Stützen" seien, sondern vielmehr "Wertschöpfung und Nachhaltigkeit im Einklang mit den Einheimischen und der Natur". Er wünsche sich einen "Zukunftsdialog mit und über den Tourismus".

Grünen-Abgeordneter Georg Kaltschmid appellierte an die Anwesenden jetzt doch "bitte nicht in Panik zu verfallen" und forderte "Qualität statt Quantität" und ein Ende des "ständigen Wettrüstens um noch mehr Nächtigungen". Zukunftssicherer Tourismus sei "nachhaltig und ökologisch", das würden Umfragen zeigen. Man solle doch die derzeitige Lage nützen, um gewisse Strukturen zu hinterfragen. Es brauche "mutige Schritte".

NEOS wollen ökologisch und ökonomisch nachhaltigeren Tourismus

Der Tourismus müsse ökologisch, vor allem aber auch ökonomisch nachhaltiger werden zeigte sich indes NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer überzeugt. Die Märkte würden "immer sensibler für Nachhaltigkeit", was aber nicht heiße, dass Qualität nur im Luxussegment zu verorten sei. Selbstausbeutung von Mensch, Natur, Brauchtum und Identität müsse beendet werden, die breite Bevölkerung müsse von den in der Tourismusbranche erwirtschafteten Gewinnen profitieren.

Auch SPÖ-Abgeordneter und ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth appellierte dafür, die Krise für ein Umdenken zu nutzen, jedoch im Hinblick auf die Arbeitnehmer, die " doch eigentlich im Mittelpunkt der Debatte stehen müssten". Man müsse "alles darauf setzen, die Unattraktivität der Branche zu bekämpfen". Gehe es den Arbeitnehmern gut, gehe es auch der Wirtschaft und dem Tourismus gut, ist Wohlgemuht überzeugt.

2020 war eine "Zäsur", richtig schwierig werde die Lage aber erst im kommenden Jahr, mahnte Mair von den Grünen: "Jetzt gibt"s einmal Geld für alle", dann fügte er hinzu: "Nicht alles verdient ein Comeback, manches allerdings einen ökologischen, sozialen und rentablen Raketenstart." Der Landeshauptmann zeigte sich hingegen optimistisch: "Der Tourismus wird sich schneller erholen als das manche meinen", so Platter. "Die Touristen kommen nach Tirol, da kann der Söder (Markus, Bayerns Ministerpräsident, Anm.) sagen, was er will." Man müsse sich zwar auf eine "durchwachsene Wintersaison" vorbereiten, doch "die Gäste kommen wieder". Überzeugt von einem "grandiosen Comeback" zeigte sich auch ÖVP-Abgeordneter Gerber: "Für viele ist Tirol Tourismus und Tourismus eben Tirol." Auch Oberhofer sprach von einem baldigen "fulminanten Neustart". (APA)

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