Coronavirus

Britische und südafrikanische Coronavirus-Variante in Österreich

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gab den Nachweis der Mutation bei einer PK am Montag bekannt.
© APA/Schlager

In vier am Flughafen Wien-Schwechat genommenen Proben fand sich das Erbgut der Virus-Variante, sagte Gesundheitsminister Anschober. Noch gebe es keine Hinweise auf eine größere Ausbreitung bundesweit.

Wien – Britische und südafrikanische Virusmutationen sind nun auch in Österreich nachgewiesen worden. In vier am Flughafen Wien-Schwechat genommenen Proben fand sich das Erbgut der britischen Virus-Variante. Bei einer Person wurde überdies jene markante SARS-CoV-2-Variante nachgewiesen, die vermutlich in Südafrika entstanden ist. Das teilten Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), AGES-Experte Franz Allerberger und Genetiker Andreas Bergthaler am Montagnachmittag in Wien mit.

Mutation aus Südafrika bereits am 6. Dezember entdeckt

Die SARS-CoV-2-Mutation aus Südafrika ist am 6. Dezember bei einer 30-jährigen Österreicherin entdeckt worden, die aus dem Urlaub zurückkehrte. Nach 18 Tagen leichter Symptome in Heimquarantäne sei sie wieder wohlauf, berichtete Franz Allerberger, Leiter der Abteilung für "Öffentliche Gesundheit" der AGES bei der Pressekonferenz. Die britische Variante wurde erstmals bei einem zwölfjährigen Mädchen nach einem Flug aus Großbritannien am 18. Dezember nachgewiesen.

Das Kind hatte ebenfalls leichte Symptome wie etwa Schnupfen, so Allerberger. Daher hatte die Mutter die Testung veranlasst. Am 21. Dezember erfolgte der Nachweis bei einem Österreicher, der mit einem der letzten Flieger vor dem Landeverbot von London in seine Heimat reiste. Nach einem positiven Test reiste er nicht, wie geplant, zu seinen Eltern, sondern ging bei seiner Schwester in Heimquarantäne. Auch er hatte sehr milde Symptome. Zudem wurde bei einem slowakischen Geschwisterpaar - Buben im Alter von neun und zehn Jahren - die britische Virus-Mutation entdeckt, sagte Allerberger.

Keine der vier Personen mit der britischen Virusmutation befinde sich derzeit in Österreich, sagte der Experte. In allen Fällen habe das Contactracing gut funktioniert, es habe keine "Infektionen im Familienkreis stattgefundene", sagte Allerberger. Das zwölfjährige Mädchen beispielsweise musste gemeinsam mit seiner Schwester und der Mutter in Quarantäne, diese wurden aber negativ getestet.

Britische Mutation in 32 Ländern

Die britische Mutation sei mittlerweile in 32 Ländern nachgewiesen, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Darunter seien mittlerweile auch 15 europäische Staaten - inklusive Österreich. Dass die britische B.1.1.7.-Mutation nun hierzulande gefunden wurde, sei kein Zufall, vielmehr habe man "gezielt danach gesucht". Rund 1.800 Sequenzierungen seien bisher in Österreich durchgeführt worden, sagte der Gesundheitsminister. Die strikten Einreisekontrollen werden jedenfalls aufrechterhalten, betonte Anschober.

Gemeinsam mit zahlreichen Fachkollegen sammelt der Forscher Bergthaler vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) seit Monaten Virus-Erbgutinformationen aus ganz Österreich. In den vier Proben, die alle am Flughafen Wien entnommen wurden, zeigte sich das charakteristische britische Mutations-Ensemble, das mit der Bezeichnung "B.1.1.7.-Cluster" oder "VUI-202012/01" betitelt wurde, sagte Bergthaler zur APA. Seit einiger Zeit grassiert die Mutation vor allem in Großbritannien vermehrt.

Hier handelt es sich um 17 gemeinsam auftretende Veränderungen des Erbguts des SARS-CoV-2-Virus. Einige der Veränderungen betreffen das Spike-Protein, mit dem der Erreger an menschlichen Zellen andockt und die er zum Eindringen benützt. Auch die "südafrikanische Variante" mit der Bezeichnung 501.V2 fand sich in einer Probe. Alle Nachweise hätten mit Testungen am Flughafen Wien und einer "plausiblen Reisegeschichte" zu tun, sagte auch Bergthaler: "Es ist nicht wahnsinnig überraschend, dass diese Varianten da sind, aber wir haben sie jetzt auch nachgewiesen."

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Unwahrscheinlich, dass sich Mutationen schon weit verbreitet haben

In den von den Forschern durchgeführten Analysen mehrerer hundert weiterer Erbgut-Proben aus ganz Österreich über die Weihnachtsfeiertage seien diese Mutationen dem Team aber noch kein einziges weiteres Mal untergekommen. "Es ist also unwahrscheinlich, dass sich diese Varianten in Österreich schon groß ausgebreitet hätten", so Bergthaler. In Abwasserproben von Kläranlagen habe man die Mutationen beispielsweise bisher nicht nachgewiesen.

Jedoch werde man in Österreich die Anstrengungen zur vollständigen Analyse (Sequenzierung) des Erbguts des sich verändernden Erregers weiter verstärken, so die Ankündigung. Dass Großbritannien relativ schnell auf die neue Variante reagieren konnte, bestätige auch die dortige Strategie zur Sequenzierung möglichst vieler Proben. Dort wurden bisher die Proben von rund fünf Prozent aller positiv auf Covid-19-Getesteten auch derart analysiert. Hierzulande trifft dies auf rund 0,3 Prozent zu, in Deutschland liege die Rate gar nur bei 0,1 Prozent. Das werde nun intensiviert und die Kapazitäten vervierfacht, kündigte Allerberger an. Somit sollen künftig jede Woche 1.000 Proben aus ganz Österreich analysiert werden.

Vor allem über die unabhängig von der britischen Variante entstandenen südafrikanischen Mutations-Ansammlung wisse man noch sehr wenig. Es gebe aber einige Ähnlichkeiten. Bei der britischen Variante erhärte sich in den vorangegangenen zwei Wochen der Befund, "dass das Virus selbst tatsächlich infektiöser ist". Erste Daten würden auch zeigen, dass man es im Schnitt mit etwas höheren Viruslasten zu tun habe, was wiederum eine mögliche Erklärung für erhöhte Ansteckungsraten sein könnte, berichtete Bergthaler.

Keine Evidenz zu unterschiedlichem Krankheitsverlauf

Noch mit Vorsicht zu genießende Informationen gebe es auch dahin gehend, dass es mit der britischen Variante möglicherweise zu mehr Infektionen in jüngeren Altersgruppen kommen könnte. "Abgesehen davon, gibt es meines Wissens nach keine Evidenz, dass es zu einem unterschiedlichen Krankheitsverlauf kommt", sagte der Wissenschafter.

Entstanden dürften die Varianten mit ihren relativ vielen gleichzeitigen Veränderungen in Patienten sein, deren Immunsystem geschwächt war und die verhältnismäßig lange infektiös blieben. Bergthaler: "Vom Ursprung her, könnte es sehr ähnlich sein, weil das dem Virus vermutlich die Chance gibt, mehr Mutationen anzusammeln, als wenn es in der selben Zeit nur von Mensch zu Mensch übertragen wird."

Dass die neuen Varianten negative Auswirkungen auf die Wirksamkeit vom Corona-Impfstoffen haben werden, sei "unwahrscheinlich", betonte Bergthaler. Man sollte derartigen Fragen aber wissenschaftlich möglichst genau nachgehen: "Es gibt aber bisher wenig Anhaltspunkte, dass das zum Beispiel die Bildung von Antikörpern beeinflussen würde." (APA)

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