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Hunde in Zeiten von Corona: Plötzliche Tierliebe und ihre Konsequenzen

Die Nachfrage nach Hundewelpen ist in der Corona-Krise riesig.
© pixabay

Das Tierheim Mentlberg in Innsbruck verzeichnet eine vermehrte Nachfrage nach Vierbeinern. In der Corona-Krise sind einige auf den Hund gekommen – ohne den finanziellen und zeitlichen Aufwand zu bedenken. Tierärztin Theresa Kuen warnt vor „Impulskäufen".

Von Vanessa Grill

Innsbruck – Die Corona-Krise hat Auswirkungen auf Mensch und Tier: Einsamkeit oder mehr Zeit zuhause durch Lockdowns und Homeoffice erweckten in den letzten Monaten in vielen Menschen den Wunsch nach einem Haustier. Auch im Tierheim Mentlberg stieg die Nachfrage nach Hunden, wie die Sprecherin des Tierschutzvereins Tirol, Brigitte Kahn, bestätigt.

Die Tierheime würden den Wunsch nach einem Vierbeiner allerdings genau hinterfragen, betont Kahn. Die Anschaffung eines Haustieres müsse gut überlegt und das Für und Wider abgewogen werden. Ein Tier auf Zeit werde nicht vermittelt, so Kahn. Daher seien vom Tierheim auch nicht mehr Hunde als sonst an neue Besitzer übergeben worden. Dennoch fürchte man, dass im nächsten Jahr vermehrt Tiere abgegeben werden könnten.

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Tierärztin Theresa Kuen über plötzlich erwachte Tierliebe in Zeiten von Corona, Verhaltensveränderungen durch die Krise und die Angst vor Ansteckung durch den Vierbeiner.

„Der illegale Welpenhandel boomt"

Eine Befürchtung, die auch Tierärztin Theresa Kuen teilt. Sie warnt vor sogenannten „Impulskäufen" durch die persönlichen Befindlichkeiten in der Krise.

Die bei vielen plötzlich erwachte Tierliebe könnte in ein bis zwei Jahren wieder verblassen und die Tierheime in weiterer Folge aus vollen Nähten platzen lassen. Die Menschen würden sich vor dem Kauf des Tiere häufig zu wenig informieren.

„Der illegale Welpenhandel boomt derzeit enorm. Welpen werden von Osteuropa nach Österreich geschmuggelt und im Internet billig angeboten. Die Nachfrage ist riesig." Tatsache sei aber, so Kuen, „dass die Mütter dieser Welpen als Gebärmaschinen eingesetzt werden." Die Welpen würden zu früh von ihren Müttern weggerissen. Je kleiner ein Hundebaby sei, desto besser laufe der Verkauf. Der frühe Entzug von der Mutter führe aber zu chronischen Beschwerden und Krankheiten, die die neuen Besitzer oft unter enormen Kosten behandeln lassen müssten.

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Finanzieller und zeitlicher Aufwand häufig unterschätzt

Vor allem in Hinblick auf die Corona-Krise dürften Tierbesitzer die Kosten für die Haltung eines Hundes nicht unterschätzen. Es muss mit 1000 Euro pro Jahr gerechnet werden. Ist das Tier älter, benötigt es womöglich spezielle Behandlungen oder Schmerzmittel. Im Laufe eines Hundelebens können da schon die Kosten für einen Kleinwagen zusammenkommen."

Es müsse außerdem bedacht werden, wie es mit jedem einzelnen 2021 wirtschaftlich weitergeht. „Ich bin mir sicher, dass der ein oder andere sein Tier dann aus finanziellen Gründen weggeben muss, weil er sich eben das Futter, die Tierarztkosten oder die Versicherung nicht mehr leisten kann", vermutet Kuen.

Neben dem finanziellen werde auch der zeitliche Aufwand für einen Vierbeiner unterschätzt – auch bedingt durch die Corona-Krise. „Jetzt haben viele Leute die benötigte Zeit, aber wie geht es mit dem Tier weiter, wenn das Homeoffice in diesem Ausmaß nicht mehr möglich ist? Was ist, wenn man den Hund nicht mit in die Arbeit nehmen kann?", gibt die Tierärztin zu bedenken.

Corona-Krise hat Auswirkungen auf Verhalten von Hunden

Nebenbei würden viele in den vergangenen Monaten angeschafften Hunde in ihrer Prägungsphase nie wirklich lernen, länger allein zu sein. „Der Besitzer ist ja im Lockdown und Homeoffice fast rund um die Uhr bei ihnen. Danach erwarten sich aber viele, dass der Hund alleine zu hause bleiben kann. Wird der Hund aber in jungen Jahren dieser Situation nie ausgesetzt, so kommt es zu unerwünschtem Verhalten, wie zum Zerbeißen von Möbeln, lautem Bellen oder sogar Harn und Kotabsatz in der Wohnung", erklärt Kuen. Um dieses Verhalten wieder weg zu trainieren werde viel Zeit und Geduld benötigt. Die Tierärztin rät, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen: „Wenn man zuvor noch nie einen Hund hatte, rate ich jedem vor der Anschaffung zu einem Gespräch mit einem Hundetrainer. Das sind meist erfahrene Leute, die sicherlich einige Tipps auch zu Trainingsmethoden in Zeiten des Covid-19 geben können."

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