"Aschermittwoch dahoam": Söder verteidigt Grenzkontrollen zu Tirol
Am politischen Aschermittwoch verteidigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder seine Corona-Politik. Ihm wurde von den anderen Parteien besonders viel Kritik entgegengeworfen.
Berlin, Passau – Die CSU hat zu ihrem ersten virtuellen politischen "Aschermittwoch dahoam" geladen und zeitweise über 4200 Anhänger folgten dem Ruf ins Internet. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder verteidigte live in der Passauer Dreiländerhalle den strengen Corona-Kurs seiner Regierung, auch die Grenzkontrollen zu Tirol.
Das Klirren von Maßkrügen war nicht live zu hören, aber am Bildschirm zu sehen, die entsprechenden Icons strömten - gemeinsam mit Fähnchen und applaudierenden Händen - über das Bild des am Brotzeittisch sitzenden CSU-Chefs beim "Aschermittwoch dahoam". In Sachen Corona mahnte er zu Vorsicht. Schnelle Öffnungen würden zum nächsten Lockdown führen wie man neben anderen Ländern auch in Österreich sehen könnte.
Er gestand Österreich zwar eine niedrigere Zahl an Infektionen zu als Tschechien, in Tirol gebe es aber viele Fälle mit der südafrikanischen Mutation. Wien - "mein Freund Sebastian Kurz" - setze zwar Maßnahmen, was Tirol betreffe, aber "die nehmen das nicht so ernst" dort teile man gegen alle aus. Söder äußerte zwar auch Verständnis für das Bundesland. Dennoch "Grenzkontrollen - nicht Schließungen - finde ich richtig, es geht um Sicherheit", sagte der Franke. "Ich möchte kein zweites Ischgl erleben."
Erstmals in der mehr als 100-jährigen Geschichte fand der politische Aschermittwoch nur online statt.
📽️ Video | "Aschermittwoch dahoam" der CSU
"Jammern hilft auch nicht"
CSU-Chef Söder erinnerte an die Corona-Opfer und warb für Verständnis, dass in einer Pandemie nicht alles auf Knopfdruck gehe. "Alle Maßnahmen, die wir getroffen haben, waren richtig." Jammern helfe nicht. "Das Virus ist schuld", nicht die Politik, die Auflagen zur Eindämmung des Coronavirus verhängen musste. "Durchhalten bitte. Es wird von Tag zu Tag besser." Jedes andere Konzept sei gescheitert.
Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) durfte – neben verschiedenen Landesgruppen-Chefs und Digitalministerin Dorothea Bär – vor Söder sprechen. Er hob die lange gewachsene Verbindung zwischen Bayern und Österreich, insbesondere Niederbayern und Oberösterreich, hervor und brachte mit "Freundschaften beweisen sich, wenn's schwierig wird" die aktuelle Grenz-Thematik aufs Tapet.
"Wenn man so eng zusammenarbeitet, sind Themen wie Grenzkontrollen und -schließungen schmerzlich", sie könnten auch Schaden anrichten. "Wichtig ist, dass und wie man im Gespräch bleibt", rief er dazu auf, gemeinsam im Sinne der Pendler, Unternehmer und jener, die den kleinen Grenzverkehr brauchen, weiter zu gestalten. "Wichtig ist, sich auf Gemeinsamkeiten zu besinnen, die machen uns stark in Europa", verabschiedete sich Stelzer.
Lob kam von der CDU, Seitenhiebe von der SPD
CDU-Chef Armin Laschet lobte mehrfach Söder für dessen politische Arbeit in den vergangenen Monaten. "Wenn CDU und CSU so dicht beieinander stehen, werden wir auch dieses so wichtige Wahljahr bestehen", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident in seinem kurzen Grußwort bei der CSU-Veranstaltung.
Deutschlands Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Scholz verwies in Vilshofen auf die Hilfsprogramme des Bundes etwa zur wirtschaftlichen Stabilisierung. "Wir werden bis zum Ende der Krise gegenhalten", versprach er und setzte zum Seitenhieb auf Söder an: "Ich weiß ja, in Bayern ist vieles größer, aber dass die Steinschleudern ein solches Ausmaß haben, das hätte sicher niemand gedacht." Söder hatte einem Bericht zufolge das von Scholz "Bazooka" genannte Konjunkturprogramm als "Steinschleuder ohne Stein" kritisiert.
Grünen-Chefin Baerbock kritisiert mangelnde Entschlossenheit
Für Grünen-Chefin Baerbock hat die deutsche Regierung in der Pandemie mangelnde Entschlossenheit und Zusammenarbeit im Kampf gegen das Coronavirus gezeigt. Es fehle an "anpackendem Zusammenhalt", erklärte sie in Berlin. "Das Land hält zusammen. Diese Gesellschaft wächst täglich über sich hinaus. Aber in der Bundesregierung kämpft nach wie vor jeder für sich alleine."
Auch die AfD ging Söder massiv an. Der bayerische Regierungschef verrate in der Pandemie die Ideale von CSU-Patriarch Franz-Josef Strauß (1915-1988), sagte der AfD-Politiker Gerd Mannes. Kleine Unternehmen und der Mittelstand würden absichtlich zerstört.
Druck kam auch von der stellvertretenden Linke-Chefin Janine Wissler. "In der Pandemie sitzen wir alle in einem Boot, wird gern gesagt. Ja, das stimmt. Aber die einen rudern wie verrückt, andere klammern sich an die Reling und versuchen, nicht über Bord zu gehen, während es sich andere unter Deck ziemlich gut gehen lassen." (TT.com, APA/dpa/Reuters)