Causa Ischgl

Landtag zwischen „Vorzeigeregion“ und „Reputationsschaden“

LH Günther Platter ÖVP sieht die Lehren aus Ischgl gezogen. (Archivbild)
© Thomas Böhm

Die Opposition hält LH Platter weiter vor, keine Lehren aus Ischgl gezogen zu haben und die Reputation des Landes beschädigt zu haben. Der Landeschef hingegen spricht angesichts der bevorstehenden Durchimpfung im Bezirk Schwaz von Tirol als „Vorzeigeregion in Europa“.

Innsbruck – Die Causa Ischgl und ihre Folgen spaltet ein Jahr nach ihrem massiven Hochkochen weiter die Tiroler Parteien und hat am Mittwoch für ein parlamentarisches Nachbeben im Landtag gesorgt. Die Opposition kritisierte das mangelnde Ziehen von Lehren aus der Causa und ortete einen schweren Imageschaden für das Land. Für LH Günther Platter (ÖVP) wurden hingegen die Lehren gezogen. Er sprach angesichts der startenden Durchimpfung im Bezirk Schwaz von Tirol als einer „Modellregion“.

Die schwarz-grüne Landesregierung habe offenbar „aus den Fehlern nichts gelernt“, kritisierte NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer in der von den Pinken eingebrachten „Mündlichen Anfrage“ an den Landeshauptmann. Oberhofer ortete bis dato eine mangelnde Umsetzung jener 35 Empfehlungen, die die unabhängige Expertenkommission unter dem Vorsitz von Ex-OGH-Vizepräsident Ronald Rohrer mit auf den Weg gab. Dies würden auch Aussagen von Kommissionsmitglied und Jurist Karl Weber belegen, der kürzlich in einem Interview dahin gehend massive Kritik am Land übte. Der pinke Klubchef bemängelte etwa, dass hinsichtlich der Kommunikationspolitik des Landes keine Lehren gezogen wurden.

Platter: „Tirol eine europäische Modellregion“

„Es gibt keine einzige Region in Europa, deren Krisenmanagement so auf den Prüfstand gestellt wurde wie Tirol“, replizierte Platter und betonte: „Wir setzen die Empfehlungen der Kommission um“. Der Landeshauptmann verwies auf einen aktuellen Zwischenbericht zur Implementierung der Empfehlungen, in dem unter anderem die Einrichtung eines Tiroler Krisen-und Katastrophenmanagementzentrums, Szenarien samt Bezirks- und Gemeindekatastrophenplänen sowie die Etablierung einer eigenen Gesundheitsdirektion aufgelistet wurden.

Österreichweit werde mittlerweile das Tiroler Krisenmanagement, etwa bezüglich des Contact-Tracings, als Vorbild dargestellt. „Das aktuelle Krisenmanagement zeigt: Wir sind erfolgreich unterwegs“, legte Platter nach und verwies etwa auf die im Österreich-Vergleich niedrige Inzidenz. Die Zahl der Südafrika-Fälle, die vor allem den Bezirk Schwaz betrafen, hätten überdies massiv zurückgedrängt werden können – um 75 Prozent in den vergangenen vier Wochen. Außerhalb Tirols habe man gemeint, dass das Land wegen der Südafrika-Mutante „auf einem Pulverfass“ sitze. Nun zeige sich jedoch: „Unsere Experten haben recht gehabt“.

Besonders strich Platter die anstehende Durchimpfung in Schwaz mit den von der EU zur Verfügung gestellten Extra-Dosen hervor, die auch wissenschaftlich begleitet wird. „Das wird eine Erfolgsgeschichte werden. Das ist einzigartig in Europa. Tirol ist eine Vorzeigeregion in Europa, eine europäische Modellregion“, zeichnete Platter ein Bild Tirols als eine Art Exportschlager.

Dornauer: „Reputationsschaden“ bis heute

Ganz anders hingegen SPÖ-Chef Georg Dornauer: Tirol habe wegen der Causa Ischgl, ihrer Folgen und des Corona-Krisenmanagements der Landesregierung bis heute einen „Reputationsschaden“ erlitten. Zu diesem Schluss komme auch eine wissenschaftliche Studie des Instituts für Management- und Wirtschaftsforschung (IMWF). Bis heute seien „wenig Änderungen umgesetzt“ worden. Das Tourismusland Tirol stecke in einer „massiven Krise“.

Dass Tirol gut da stehe, wollte indes Liste Fritz-Abgeordneter Markus Sint nicht gelten lassen. „Tirol steht so gut da, dass Sie Deutschland nicht über das deutsche Eck fahren lässt“, meinte er in Richtung Platter. 11.000 Menschen seien in Ischgl infiziert worden – bis heute hätten sich die Verantwortlichen in Tirol nicht dafür entschuldigt und es auch verabsäumt, einen „Entschädigungsfonds“ – wie von der Liste Fritz verlangt – einzurichten, so Sint und sprach von einer „miserablen Kommunikationsstrategie“ des Landes. Platter verwahrte sich daraufhin in einer Replik dagegen, Ischgl im Landtag quasi ständig als Synonym für einen Corona-Hotspot schlechthin darzustellen und „alle Schuld auf Ischgl“ zu laden.

Tirol steht so gut da, dass Sie Deutschland nicht über das deutsche Eck fahren lässt
Markus Sint (Liste Fritz) an Platter

Dem schloss sich FPÖ-Obmann Markus Abwerzger an. Es sei nicht zielführend, dies ständig zu wiederholen. Das Krisenmanagement des Landes habe „nicht hundertprozentig funktioniert“, ließ er im Vergleich zu seinen Oppositionskollegen vergleichsweise Milde walten. Abwerzger ortete vor allem Kommunikationsfehler.

Grünen-Klubchef Gebi Mair betonte, dass vor rund einem Jahr niemand vorausahnen habe können, welches Ausmaß diese Gesundheitskrise annehme. Er machte vor allem die psychischen Belastungen für die Menschen im Zuge der Pandemie zum Thema, denen die Landesregierung auch entgegenwirke.

Tilg sieht Lehren gezogen

Zu Wort meldete sich im Landtag auch der vor einem Jahr wegen Ischgl massiv ins Schussfeld geratene Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP). Er nahm vor allem zu den Schutzmaßnahmen in den Alten-und Pflegeheimen Stellung. Auch er sah die Lehren aus Ischgl gezogen und wesentliche Kommissions-Empfehlungen umgesetzt. Die etablierte Gesundheitsdirektion nannte Tilg etwa ein „wesentliches strategisches Element“. (APA)