Corona-Pandemie

Österreich soll laut Bericht bei zusätzlichen Impfdosen nicht bevorzugt werden

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
© JOE KLAMAR

Kanzler Sebastian Kurz hatte angedeutet, dass von zehn Millionen zusätzlichen BioNTech/Pfizer-Impfdosen der EU etwa 400.000 für Österreich abfallen könnten. Offenbar steht das nun auf der Kippe. In der EU soll Unmut darüber herrschen, wie Kurz bei dem Thema vorgegangen war.

Wien, Brüssel – Die Europäische Union will Österreich laut einem Bericht der "Financial Times" im Gegensatz zu Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) keine Extra-Impfdosen im Rahmen der Verteilung von zehn Millionen zusätzlichen Biontech/Pfizer-Dosen zugestehen. "Kurz wird nicht eine einzige Extra-Dosis bekommen", zitierte die "FT" am Montag einen nicht namentlich genannten zuständigen EU-Beamten. Kurz' Breitseiten gegen das Impfmanagement Brüssels hätten unter den EU-Staaten für Bestürzung gesorgt.

Brüsseler Diplomaten hätten Kurz dafür gerügt, dass er die EU als "Sündenbock" benutze und mit den Impfstoffen Innenpolitik mache, schrieb die Zeitung in ihrer Online-Ausgabe weiters. Vermerkt wird in dem Artikel, dass die deutsche Kanzlerin Angela Merkel den österreichischen Bundeskanzler bei dessen Berlin-Besuch in der Vorwoche nicht getroffen hatte. "Die EU wird als Teil österreichischer Schuldzuweisungen benutzt", zitierte die FT einen EU-Beamten.

Estland, Lettland, Bulgarien und Kroatien stehen auf Liste

Die wahrscheinlichsten Kandidaten für eine Bevorzugung bei der Verteilung der zehn Millionen zusätzlichen Biontech/Pfizer-Impfdosen seien laut Diplomaten Estland, Lettland, Bulgarien und Kroatien, heißt es in dem Bericht weiter. Auf diese EU-Staaten soll etwa ein Drittel der zehn Millionen Dosen entfallen. Der übrige Teil der Lieferung soll anteilsmäßig an die EU-Staaten verteilt werden.

Kurz hatte in der Vorwoche erklärt, die Europäische Union sei einer Lösung nahe, um bestehende Abweichungen vom Bevölkerungsschlüssel bei den Corona-Impfstofflieferungen zu korrigieren. Er hatte angedeutet, dass Österreich im Rahmen der Korrektur bis zum Sommer rund 400.000 fehlende Dosen erhalten könnte. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hatte hingegen am Dienstagmittag bei einem Online-Pressegespräch zur Impfkampagne in Wien gesagt, 200.000 dieser Biontech-Dosen würden auf Österreich entfallen, dies entspricht in etwa dem Bevölkerungsschlüssel. Über die Verteilung müssen die EU-Staaten im Konsens entscheiden.

Videogipfel am Donnerstag

Sollte Österreich nicht auf die Liste der Staaten kommen, die zusätzliche Impfdosen erhalten, würde dies die Spannungen zwischen Kurz und anderen EU-Staats- und Regierungschefs vor dem am Donnerstag beginnenden EU-Videogipfel weiter anheizen, schreibt die FT. Sollte keine Einigung über die Verteilung der Dosen erzielt werden, würden die zehn Millionen Impfdosen anteilsmäßig und ohne Korrekturen unter den EU-Staaten verteilt.

Kurz hatte gemeinsam mit den Premierministern von Tschechien (Andrej Babis), Slowenien (Janez Jansa), Bulgarien (Bojko Borissow), Lettland (Krisjanis Karins) und Kroatien (Andrej Plenkovic) einen Korrekturmechanismus für eine gerechtere Verteilung der Corona-Impfdosen gefordert. Das derzeitige Bestellsystem würde sonst "bis zum Sommer riesige Ungleichheiten unter Mitgliedsstaaten schaffen und vertiefen", schrieben sie an EU-Ratspräsident Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten im Jänner eine Verteilung nach Bevölkerungsgröße vereinbart.

Die EU-Kommission und mehrere EU-Staaten hatten geheime Absprachen dementiert. Vielmehr hätten nicht alle EU-Staaten alle ihnen angebotenen Impfstoffe gekauft, die übrig gebliebenen Dosen seien dann von anderen EU-Staaten aufgekauft worden. (APA)

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