Kunst

Vertrieben wird, wer bzw. was nicht in das Setting passt

In ihrer Aktion „Wanted“ thematisiert Nicole Weniger in der Manier klassischer Fahndungsplakate die Ängste vor der Rückkehr des Wolfs.
© Weniger

Über das Zusammenleben von Mensch und Tier im alpinen Raum geht es in der neuen Ausstellung des Kunstraum Innsbruck.

Von Edith Schlocker

Innsbruck – Den laut Altem Testament überlieferten Auftrag Gottes, sich die Welt untertan zu machen, nehmen die Menschen sehr ernst. Ohne die fatalen Folgen des durch ihr Verhalten provozierten Klimawandels wirklich ernst zu nehmen. Und das ungebremste unumkehrbare Aussterben von Arten schon gar nicht. Doch die Natur wehrt bzw. revanchiert sich, scheint es inzwischen doch bewiesen zu sein, dass wir Corona chinesischen Wildtieren verdanken. Aber auch hierzulande versuchen sich Wölfe, Bären, Biber und Luchse zunehmend ihre ehemaligen Lebensräume zurückzuerobern.

Auch in der Kunst, wie die seit gestern im Kunstraum laufende Ausstellung „Cohabitation – Raum für alle Arten“ vorführt. Kuratiert von Ivana Marjanovic als Teil eines noch von Marion von Osten (sie ist im vergangenen November gestorben) initiierten Projekts, das von Partnern, darunter den Innsbruckern, in mehreren Ländern als work in progress realisiert wird.

Als Partner hat sich Marjanovic die jungen ArchitekturforscherInnen des universitären studio2 mit ins Boot geholt, deren komplexes Nachdenken über Stadt einen wichtigen intellektuellen Kontrapunkt zu den Kunstprojekten von Patrick Bonato, Gina Disobey, Ina Hsu, Roland Maurmair und Nicole Weniger darstellt. Die sich aus ganz unterschiedlichen Perspektiven bzw. diversen Medien dem Thema des Zusammenlebens von Mensch und Tier annähern.

Nicole Weniger auf höchst plakative, mit viel Ironie aufgeladene Art und Weise. Indem sie etwa in ihrer Aktion „Wanted“ auf die Aufregung rund um die Rückkehr der Wölfe nach Tirol bildwirksam aufspringt. Oder in dem Video „Markierungen“ eine skurrile fiktive Dokumentation rund um Kuhattacken auf der Alm und deren Folgen vorführt.

Wesentlich differenzierter setzt sich Patrick Bonato in seinem formal raffiniert animierten Streifen „Die Rückkehr der Wölfe in die alpine Kulturlandschaft“ mit diesem kontroversiell diskutierten Thema auseinander, zelebriert rund um eine Begegnung, die Mensch wie Wolf verändern sollte.

Dass Ina Hsu Tiere fast lieber als Menschen mag, wissen wir spätestens seit ihrer Personale im Kunstraum vor einem Jahr. Für die aktuelle Schau steuert sie digital bearbeitete Fotografien bei, in denen etwa überdimensionale Kakerlaken zu Haustieren werden, denen man liebevoll den Hals krault. Gemeinsam mit Gina Disobey hat sie die zweiteilige, interaktiv mit Pflanzen bestückte Multimedia-Installation „Through Barriers“ konzipiert, in der es um das Hinterfragen lebensfeindlicher Architekturen geht. Die nicht nur Tiere vertreiben, sondern auch Menschen, die nicht in das Setting passen. Ein wichtiger Ansatz, der auch bei Roland Maurmair eine gewisse Rolle spielt, auch wenn er in seinen mit viel hintergründigem Witz höchst intelligent ausgebreiteten Arbeiten eigentlich in die Welt der Vögel eintaucht.