Europapolitik

Slowakische Atomaufsicht gab grünes Licht für Mochovce 3

Luftbildaufnahme des Atomkraftwerkes Mochovce in der Slowakei (Archivaufnahme).
© APA

Das Atomkraftwerk Mochovce befindet sich nur 100 Kilometer von Österreich entfernt. Nun erteilte die slowakische Atomaufsichtsbehörde dem Reaktor 3 grünes Licht. Klimaschutz- und Energieministerin Leonore Gewessler will den Bescheid "genauestens prüfen".

Bratislava, Wien – Die slowakische Atomaufsichtsbehörde (Urad jadroveho dozoru - UJD) hat die Inbetriebnahme des dritten Reaktorblocks im Atomkraftwerk Mochovce in der Westslowakei genehmigt. Zugleich wurden auch Genehmigungen für den Umgang mit radioaktiven Abfällen, ausgebrannten Brennstäben sowie der vorzeitigen Benutzung des Baus erteilt, gab die Behörde am Donnerstag bekannt. Österreich will den Bescheid genau prüfen, kündigte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) an.

"Wir werden den Bescheid der slowakischen Atombehörde in den kommenden Tagen genauestens überprüfen." Der dritte Reaktorblock habe "bereits in der Vergangenheit aufgrund großer Baumängel immer wieder für Schlagzeilen gesorgt", betonte Gewessler in einer Aussendung. "Solange Bedenken bei den Sicherheitsstandards bestehen, darf das Kraftwerk keinesfalls in Betrieb genommen werden." Die Umweltschutzorganisation Global 2000 bezeichnete die Betriebserlaubnis für den seit 1985 im Bau befindlichen und rund 100 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernten Atomreaktor als "unverantwortlich".

Gewessler: "Darf nicht zur Gefahr für Österreich werden"

Gewessler kündigte weitere politische Schritte in der Causa an: "Ich werde mich nach der genauen Prüfung des Bescheids auch mit meinem Amtskollegen in der Slowakei in Verbindung setzen und unsere Position konsequent darlegen. Denn das AKW Mochovce darf nicht zur Gefahr für Österreich werden."

"In den letzten Jahren haben wir zusammen mit ehemaligen und aktiven Ingenieuren der Chaos-Baustelle Mochovce eine Vielzahl von technischen Problemen sowie Missmanagement aufgedeckt", betonte Reinhard Uhrig, Atom-Sprecher von Global 2000 in einer Aussendung. "Aufgrund der grassierenden Korruption ist kein Bauteil und noch nicht einmal ein als Zertifikat ausgegebenes Stück Papier zuverlässig. Die slowakische Atomaufsicht versagt seit vielen Jahren - der slowakische Staat muss im Sinne ganz Europas die Kontrolle über die Baustelle übernehmen."

Die Erteilung der Betriebserlaubnis durch die slowakische Atomaufsichtsbehörde nannte Niederösterreichs LHStv. Stephan Pernkopf (ÖVP) am Donnerstagnachmittag "eine Chuzpe der Sonderklasse". Der "Schrottreaktor" dürfe nicht in Betrieb gehen, "die Sicherheitsrisiken sind viel zu hoch und viele Fragen noch immer komplett offen".

Atomaufsicht spricht von umfangreichen Kontrollen

Die slowakische Atomaufsicht ihrerseits versicherte, der Erteilung der Genehmigungen sei eine umfangreiche Inspektions-, Kontroll- und Analysetätigkeit vorangegangen, und zwar in einem Umfang, der den gängigen Standard übersteige, welcher auch bei der Inbetriebnahme der ersten beiden Reaktorblöcke des AKW Mochovce angewendet wurde.

UJD hat nach eigenen Angaben im Verlauf des Genehmigungsverfahrens, das nach der Zustellung eines Ersuchens des künftigen Betreibers noch am 12.12.2016 eingeleitet wurde, "alle Gebiete, die die technische und qualitative Bereitschaft des 3. Meilers für die Aufstockung mit Brennstäben belegen, konsequent kontrolliert und ausgewertet". Die Vorbereitung des Reaktorblocks auf Aufstockung mit der ersten Brennkassette und die Einleitung aktiver Prüfungen musste der Investor "komplex nachweisen in allen beurteilten Gebieten", von der Fertigstellung der Bauobjekte und Fertigung der Montage technologischer Systeme über die erfolgreiche Prüfung von Projektfunktionen mit einer Serie nicht aktiver Systemtests und der Beseitigung festgestellter Missstände und Mängel bis hin zur Sicherung von Feuer- und Radiationssicherheit, Umweltschutz und Vorbereitung des Personals, so die Behörde.

Die erteilte Genehmigung werde den betroffenen Seiten mittels öffentlicher Bekanntgabe zugestellt. Danach werden alle Betroffenen die Möglichkeit haben, sich in einer gesetzlichen Frist zu äußern. "Aus legislativer Sicht wird die Aufstockung mit Brennstäben, mit der die Inbetriebnahme der Einrichtung beginnt, erst möglich sein, nachdem die Entscheidung rechtskräftig wird," so die UJD. In der erteilten Genehmigung habe sich die Behörde auch mit allen sachlichen und formellen Einwänden auseinandergesetzt, die im Vorfeld der Entscheidung eingereicht wurden und habe Bedingungen der Inbetriebnahme des 3. Blocks "mit Akzent auf Atomsicherheit als oberste Priorität" festgesetzt.

Neuer Block soll 13 Prozent des Energiebedarfs decken

Branislav Strycek, der Generaldirektor der Slowakischen Stromwerke SE, dem Betreiber von Mochovce, erklärte der Tageszeitung SME gegenüber, dass der Atombrennstoff bereits im Brennstofflager vorbereitet sei. "Unsere oberste Priorität ist die Sicherheit und so werden wir auch die nächste Phase der Inbetriebnahme angehen. Wir haben jahrzehntelange Erfahrungen mit dem Betrieb von Meilern und ein sehr fähiges Team slowakischer Experten, die diesen ganzen Prozess unter Kontrolle haben werden," betonte auch Strycek.

Der neueste Mochovce-Block wird eine Leistung von 471 Megawatt haben, was rund 13 Prozent des gesamten Energiebedarfs des Landes decken wird. Nachdem Mochovce 3 ans Netz geht, wird die Slowakei in der Lage sein, ihren Energiebedarf selbst zu decken. Mit dem definitiven Start des 3. Blocks rechnen die Betreiber (SE) noch vor Jahresende, Block 4 sollte zwei Jahre später in Betrieb gehen. Ursprünglich hätten die zwei neuen Reaktoren schon 2012 bzw. 2013 ans Netz angeschlossen werden sollen, die Fertigstellung wurde aber immer wieder verschoben. Der Fertigbau von Mochovce soll laut jüngsten Angaben 6,8 Milliarden Euro kosten. Ursprünglich wurde mit Baukosten von nicht einmal 3 Milliarden ausgegangen. (APA)

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