Der Song Contest als Versuchslabor in Corona-Zeiten
Nach der Corona-Absage im Vorjahr wird der Eurovision Song Contest ab Dienstag das erste Großevent Europas – mit Österreichs Vincent Bueno und 3500 Zuschauern in der Halle.
Rotterdam – Knallbunte Kostüme, heiße Auftritte und sanfte Balladen, also alles wie immer beim Eurovision Song Contest? Wenn man die ersten Proben in der Ahoy-Arena in Rotterdamm in dieser Woche gesehen hat, könnte man das meinen. Und als Fernsehzuschauer wird man ab Dienstag, wenn das 1. Halbfinale übertragen wird, kaum Unterschiede zu anderen Jahren erkennen. Denn Europas Liederbewerb soll das erste Großevent in Corona-Zeiten werden – quasi als Versuchslabor unter strengen Hygieneauflagen mit 3500 Zuschauern pro Abend. Für Österreich steigt Vincent Bueno am Donnerstag im 2. Halbfinale ein.
„Open Up“ lautet dabei das aus dem im Vorjahr abgesagten Event übernommene Motto – also „Öffne Dich“, aber auch „Mach auf“. Und was würde nach den (Kultur-)Lockdowns besser passen? Dabei ging die European Broadcasting Union als Ausrichter äußerst vorsichtig vor und plante vier mögliche Szenarien zwischen Vollevent und reiner Fernsehshow. Es wird nun Variante B, ein Konzept mit Social Distancing und strengen Testvorgaben für Zuschauer und Teilnehmer. So dürfen in die sonst bis zu 16.000 Menschen fassende Ahoy-Arena maximal 3500 Livegäste – wenn diese nicht älter als 70 sind. Risikogruppen sind nämlich nicht zugelassen. Im Gegenzug fallen die Ticketpreise für das Finale heuer mit 250 Euro deutlich günstiger aus als in den Vorjahren.
Von den für 2020 benannten Kandidaten, die ob der Corona-Absage in die Röhre schauten, kehren 26 zurück – wenn auch mit jeweils neuem Lied, was eine Vorgabe war. Zu diesen gehört auch Vincent Bueno, der nach der schnelleren Nummer „Alive“ im Vorjahr mit „Amen“ nun einen ruhigen Popsong im Angebot hat.
📽️ Video | Österreichs Beitrag: Vincent Bueno - Amen
Mit 39 Teilnehmerländern sind zwei weniger dabei, als 2020 vorgesehen waren. So kam es im Vorfeld zu Aufruhr, als in Zypern orthodoxe Christen gegen den Beitrag „El Diablo“ mobilisierten oder die russische Teilnehmerin Mahniza wegen ihrer tadschikischen Wurzeln kritisiert wurde. Armenien zog wirklich zurück wegen des Kriegs mit Aserbaidschan um Berg-Karabach, während Weißrussland wegen eines die Demonstranten gegen Machthaber Lukaschenko verhöhnenden Texts disqualifiziert wurde.
Aus beiden Halbfinalrunden steigen je zehn Länder auf und treffen im Finale auf die fünf Großzahler Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und Spanien sowie Gastgeber Niederlande. Die Entscheidung über die Sangeskrone beim größten TV-Unterhaltungsevent der Welt fällt heute in einer Woche.
Ein Blick auf die ehemaligen Sieger zeigt, dass man im Vorteil ist, wenn man solo antritt und eine Frau ist. Mit 37 an der Zahl stellen die weiblichen Teilnehmer die Mehrheit der insgesamt 67 Sieger. Und heuer sind die Männer ohnehin die Minderheit: 8 Duos oder Bands stehen 14 männlichen Solokünstlern und 17 weiblichen Teilnehmern gegenüber.
Freuen darf sich auf jeden Fall, wer am öftesten die magischen Worte hört: „And twelve points go to ...“ (TT, APA)