Öffnungen in Tirol: Freude über Schnitzel, Kaffee und Hantel
Endlich sind Gastronomie, Hotels und Fitnesscenter wieder geöffnet. Der Andrang auch bei den Teststraßen war groß. Wirtschaftskammerboss Walser fordert ein Aus für Auflagen, wenn genug Impfstoff da ist.
Innsbruck – Es ist bald 12.30 Uhr, als die erste Familie die Gaststube des Tarrenzer Landgasthauses „Sonne“ betritt. Wirt Andreas Krajic fragt kurz nach deren 3-G-Status, erhält eine Antwort, die zum Besuch der Gaststätte berechtigt, und nimmt die Bestellung auf. Wiener Schnitzel und Cordon bleu lauten die Wünsche der ersten Gäste. Noch bevor das Essen serviert wird, wird der QR-Code gescannt, die Registrierung vollzogen. Kurze Diskussion innerhalb der Familie, wessen und welche E-Mail-Adresse angegeben wird. Vorgaben wie Maskenpflicht oder Abstand werden eingehalten, man ist froh, wieder ein kleines Stück Normalität zu erhalten.
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„Darauf haben wir lange gewartet“, tönt es herüber, als die Kellnerin mit den Gerichten kommt. Die ältere Tochter macht ab heute Donnerstag Matura. Da ist das öffentlich bestellte, frische und knusprig herausgebratene Schnitzel mit Pommes eine kleine Entschädigung dafür, dass es keine Maturazeitung, keinen Maturaball und keine Maturareise geben wird.
Vorgaben wie Maskenpflicht oder Abstand werden eingehalten, man ist froh, wieder ein kleines Stück Normalität zu erhalten. Die Themen bei Tisch: Natürlich die anstehende Matura, aber bald holt Corona die Familie ein: Es geht um die Vereine, bei denen man Mitglied ist – und wie es sich in den nächsten Wochen weisen werde, wie sehr sich die Vereinsmitglieder nach so langer Zeit zuhause wieder motivieren lassen.
Walser: „Es braucht wieder mehr Eigenverantwortung“
Auch um die Mittagszeit findet sich Christoph Walser, Präsident der Wirtschaftskammer, im TT-Studio in der Innsbrucker Innenstadt ein. „Die Leute winken aus den Lokalen heraus. Die Freude ist groß“, meint er. Tatsächlich ist viel los im Zentrum. Statt mit Pappbechern vor den Lokalen zu stehen, sind nun die Sitzplätze in den Lokalen gut besetzt. Eine Schlange hat sich bei einzelnen Teststraßen gebildet.
Walser glaubt, dass das Geschäft für Gastronomie und Hotellerie gut angelaufen ist und es auch so bleiben wird. Umsatzeinbrüche nach anfänglichem Ansturm hatten zuletzt beispielsweise Friseurbetriebe zu beklagen. „Ich glaube nicht, dass die Umsätze einbrechen, weil die Zahl der geimpften Personen steigt.“ Für Walser ist klar, dass die Auflagen wie Maskenpflicht und Eintrittstests fallen müssen, sobald genug Impfstoff für alle vorhanden ist. „Dann muss jeder selbst entscheiden, ob er sich impfen lässt oder nicht.“ Wer Angst vor dem Virus habe, müsse selbst abwägen. „Es braucht wieder mehr Eigenverantwortung.“
Zulauf verzeichnete in den letzten Tagen und gestern auch die Hotellerie. Viele Hotels seien über Pfingsten ausgebucht, sagt Walser. „Der Start hat gut funktioniert.“ Tirol beherbergt im Sommer in einer „normalen“ Saison sechs Millionen Gäste. Ein Teil der 60.000 bis 100.000 Gäste pro Tag müsste sich dann auch alle 48 Stunden testen lassen. Die Abwicklung hält Walser aufgrund des großen Testangebotes für machbar. Die Kosten für die Tests trägt nicht der Hotelier oder der Gast, sondern die Allgemeinheit. „Wir haben durch den Totalausfall der Wintersaison fünf Milliarden Euro liegen gelassen. Da sehe ich die Testkosten als Beitrag dafür, dass Gäste kommen.“
Hotelier Harald Ultsch genießt in einem seiner Stadthotels, „dass sich wieder etwas tut“. Sein gehobenes Restaurant ist an diesem Abend ausgebucht, seine Hotels über Pfingsten noch nicht. „Die Stadthotellerie ist sehr impulsiv, das Buchungsverhalten kurzfristig.“ Noch dazu sei das Wetter schlecht.
Alle Gäste seien sehr gut vorbereitet, die „3 Gs“ verinnerlicht. „Wir haben keinen einzigen Gast, der nicht vorbereitet war“, erzählt Ultsch. Wie sich der Städtetourismus, den es besonders hart getroffen hat, entwickelt, könne er nicht voraussagen. Ultsch hofft weiters auf ein Ende des Home-Office. „Zu viele sitzen noch immer zu Hause und es ist kein Ende in Sicht.“
Weisenbläser beim Stanglwirt
Beim „Stanglwirt“ in Going lief bereits um Mitternacht der Öffnungscountdown. Pünktlich eine Minute nach fuhren rund 50 Stammgäste vor, die es nicht mehr erwarten konnten. Einige wurden sogar von Weisenbläsern empfangen. „Zum Teil haben unsere Gäste in den vergangenen Monaten bis zu elfmal umgebucht, sie sind einfach froh, wieder bei uns sein zu können“, sagt Juniorchefin Maria Hauser.
Alles erfolgte sehr diszipliniert. Die Gäste warteten in ihren Autos, bis eine Registrierung nach der anderen abgeschlossen war. Normalerweise können sie erst ab 15 Uhr einchecken, doch zur Feier des Tages hat der „Stanglwirt“ ihnen eine geschenkt.
Eine erste Bilanz am Tag der Öffnung hat der Handelsverband gezogen : Gastronomie und Hotellerie hätten für viele Impulskäufe in den Geschäften gesorgt, erklärte dessen Geschäftsführer Rainer Will. (aheu, pascal, aha)
Der Andrang hält sich noch in Grenzen
In Imst schnappt der Wirt der „Brucknerei“ Luft auf der Terrasse, auf der es für Kundschaft an diesem nasskalten Maitag eindeutig zu unfreundlich ist. Drinnen sitzen noch ein paar verbliebene Mittagsgäste. „So, wie ich es erwartet habe“, kommentiert Marcel Bruckner zufrieden den ersten Öffnungstag. Von den 30 Innen-Sitzplätzen konnte er nur 14 besetzen. „Und viele der Stammgäste haben schon vorher angekündigt, dass sie vorerst weiterhin das Take-away nutzen werden“, sagt er. Denn in so manchen Firmen gelten weiterhin hausinterne Vorschriften für die Mittagspausen.
Die Tarrenzer „Sonne“ ist ein Landgasthaus – ein klassisches. Dass es ausgerechnet der angestammte Mittwoch-Ruhetag ist, an dem Wirt Andreas Krajic wieder Gäste empfangen darf, spürt man an der Auslastung. „Jetzt zu Mittag habe ich gerade einmal zwei Tische“, sagt der Wirt, der zuletzt ausgeliefert hatte. Aber am Abend, meint er, da sei er die nächsten Tage voll – auch die Gruppe der Linedancer hat sich wieder angesagt. (pascal)
„Wir sind vorbereitet, Gäste können kommen“
Hauptsächlich Stammgäste buchen ihre Unterkunft im Tamerburgerhof in Lienz. Angela Wilhelmer vermietet vier Doppelzimmer und eine Ferienwohnung, jeweils mit Frühstück. Die Familie unterhält auch eine Landwirtschaft. „Der letzte Sommer war in Osttirol sehr gut gebucht, auch bei uns. Wir hoffen, dass wir daran anschließen können“, sagt die private Unterkunftgeberin. „Die Gäste können kommen, wir sind vorbereitet.“ Hygienemaßnahmen seien wie im letzten Jahr selbstverständlich, auch alle Abstandsregeln könnten im geräumigen Haus problemlos eingehalten werden. (bcp)
Die „Kroftlaggl“ schwitzen wieder
Seit sechs Uhr brennen im Kirchbichler Crossfit-Studio der „Kroftlaggl“ wieder die Muskeln der Trainingswütigen. Durch Abstandsregeln haben sich nur 41 statt wie bisher bis zu 60 Mitglieder angekündigt. Die Gruppenkurse am Abend sind ausgebucht. In der Halle dürfen immerhin zehn Personen daran teilnehmen.
„Da haben es kleinere Fitnessstudios schwerer“, zeigt sich Trainer Hannes Wechselberger solidarisch. Ob man den Mitgliedern die Studio-Abstinenz körperlich ansieht? Wechselberger lacht und verneint. „Die waren fleißig bei den Video-Workouts, die wir kostenlos angeboten haben.“ Doch mit dem Training im Studio sei das nicht vergleichbar, meinen Karl Orasch und Georg Sojer.
Die Muskelfreunde schwitzen erstmals seit 198 Tagen wieder gemeinsam zwischen Gewichten, Seilen und Stangen. An Ausdauer und Kraft könne man hier ausgewogener arbeiten als beim Skitouren-Gehen oder Radeln. Sojer: „Und es fehlen einem die Kameradschaft, das gegenseitige Anspornen und Lachen.“ (jazz)
Ein Softstart, um wieder in die Saison zu starten
„Wir sind schon sehr froh, dass es endlich wieder losgeht“, sagt Astrid Egger vom Traditionshotel Eggerwirt in Kitzbühel. Sie hatte zwar die vergangenen Monate auch für Geschäftsreisende geöffnet, „aber das war eine One-Woman-Show“, sagt Egger.
„Die Nachfrage ist noch verhalten. Das liegt zum einen am Wetter, aber auch an der noch unklaren Situation bei der Einreise. Hier muss noch viel besser kommuniziert werden, wie das abläuft“, sagt Egger. Für sie sei es also ein Softstart, um wieder in die Saison zu kommen. Wichtig ist nun vor allem, dass man wieder öffnen kann. „Wir sind froh und freuen uns, wieder Gäste haben zu können, wir sind aus Freude Gastgeber.“ (aha)