Tirol

Betriebsstart des BBT wohl erst 2032, Kritik von Platter und Kompatscher

Der Brennerbasistunnel soll nach heutigem Stand 2032 in Betrieb gehen.
© Rudy De Moor

Der Brennerbasistunnel verzögert sich weiter. Wie die Gesellschaft bestätigt, soll er erst 2032 in Betrieb genommen werden. Berichte sprechen von einem noch späteren Datum.

Innsbruck, Bozen – Der Brennerbasistunnel wird voraussichtlich erst 2032 in Betrieb gehen. Dies bestätigte die Brennerbasistunnelgesellschaft BBT SE am Freitag. Zuvor hatte das Südtiroler Nachrichtenportal salto.bz unter Berufung auf Protokolle des BBT-Aufsichtsrates von einer Verzögerung bis 2032 oder sogar 2034 berichtet. Tirols LH Platter (ÖVP) und sein Südtiroler Amtskollege Arno Kompatscher (SVP) zeigten indes kein Verständnis dafür.

Der BBT-Aufsichtsrat soll am 15. April das „Bauprogramm 2021“ genehmigt haben. In dem Beschluss, der von salto.bz veröffentlicht wurde, ist zu lesen: „(...) das den Abschluss der Arbeiten des Brennerbasistunnels im März 2031, sowie die Inbetriebnahme im März 2032 bzw. im März 2034 unter der Berücksichtigung der in der Risikoanalyse 2021 ermittelten Risiken vorsieht.“

Gründe für die Anpassung des Bauprogramms

Die Stellungahme der Brennerbasistunnelgesellschaft BBT SE im Wortlaut:

"Die Komplexität dieses bilateralen Infrastrukturprojekts birgt auch bei einer noch so guten Planung viele Unwägbarkeiten. Der Brenner Basistunnel ist ein grenzüberschreitendes Projekt und das Projektmanagement ist mit zahlreichen länderspezifischen Normen und Gesetzen konfrontiert.

Gerade diese genannten Rahmenbedingungen wurden bei früheren Prognosen unterschätzt, weshalb unter anderem die vormaligen Bauzeiten zu optimistisch geplant wurden. Die Aktualisierung des Bauprogramms, basiert auf  einer umfangreichen Analyse sämtlicher projektrelevanter Faktoren und bis dato schlagend gewordener Risiken:

  • Geologische und baugrundtechnische Ereignisse, die zusätzliche Planungsleistung und Baumaßnahmen erfordern.
  • Einen wichtigen Punkt betrifft zudem die Eisenbahntechnische Ausrüstung. Derzeit wird die Planung für die bahntechnische Ausrüstung überarbeitet, um diese zu harmonisieren und an die neuesten technischen Standards sowie an die unterschiedlichen nationalen Normen und die Vereinbarungen zwischen Italien und Österreich für den Beginn der Betriebsphase anzugleichen.
  • Anpassung der Projektplanung um die Ausschreibungen der Baulose für das optimierte Bauprogramm im österreichischen Abschnitt, in Folge der Vertragsauflösung des ehemaligen Bauloses „Pfons-Brenner H51“ in die Wege zu leiten.
  • Auswirkungen der pandemiebedingten Einschränkungen, die auch die Arbeit auf den Baustellen und die Baulogistik beeinträchtigt."

Seitens der BBT SE hieß es, dass in den vergangenen Monaten die Projektrisiken und Chancen sowie deren Eintrittswahrscheinlichkeit analysiert wurden. „Durch diese eingehende Prüfung konnten wir nun ein realistisches Bauprogramm für den Brennerbasistunnel erstellen“, erklärten die BBT SE-Vorstände Martin Gradnitzer und Gilberto Cardola. Das neue Bauprogramm sehe die Fertigstellung für 2031 und die Inbetriebnahme der Eisenbahnanlage für Anfang 2032 vor. „Dieses Bauprogramm spiegelt ein realistisches Szenario wieder, insbesondere in Bezug auf die Planungs- und Bauleistungen“, so die beiden Vorstände.

Landeshauptleute: „Nationalstaatliches Denken fehl am Platz“

Platter und Kompatscher kritisierte indes die Verzögerungen scharf und forderten, dass diese eingegrenzt werden sollen. Man habe in den vergangenen Monaten mit der BBT SE nach Lösungen gesucht. „Das wichtigste europäische Infrastrukturprojekt darf nicht von vergaberechtlichen oder technischen Schwierigkeiten aufgrund von nationalen Interessen ausgebremst werden“, meinte Kompatscher in einer Aussendung. Die Landeshauptleute drängen darauf, dass die „politischen und technischen Abstimmungen zwischen der EU, Italien und Österreich intensiviert werden, um die eisenbahntechnischen und vergaberechtlichen Fragen effizient zu lösen“.

„Nachdem ein Teil der Verzögerungen laut BBT SE auf die Überarbeitung und Harmonisierung der bahntechnischen Ausrüstung zurückzuführen ist, erwarten wir uns umso mehr, dass die verschiedenen Abschnitte des Brennerkorridors gemeinsam betrieben werden und durch ein einheitliches System im Brenner Basistunnel zukünftig keinerlei technische oder nationale Hürden mehr den grenzüberschreitenden Zugverkehr beeinträchtigen“, so Platter und Kompatscher unisono. „Nationalstaatliches Denken“ sei hier „absolut fehl am Platz“, sagten sie.

NEOS empört

Die Tiroler NEOS reagierten empört auf die Zeitverzögerung. „Gerüchte, Gemunkel, Getuschel und jetzt sogar unter Verschluss gehaltene Protokolle, die eine eindeutige Sprache sprechen“, sagte LAbg. und Verkehrssprecher Andreas Leitgeb. Mit Transparenz habe die Gesellschaft noch nie geglänzt, dieses Vorgehen schlage jedoch dem Fass den Boden aus. „Es geht hier um Milliarden an Steuergeldern, die Bevölkerung hat ein Recht auf die Fakten“, empörte sich Leitgeb.

Bereits vor etwa einem Jahr hatte der Rechnungshof eine mögliche Verzögerung der Inbetriebnahme des BBT von Ende 2028 auf Anfang 2030 in den Raum gestellt und auch die Brennerbasistunnelgesellschaft BBT SE hatte eine solche angedeutet. Wenig später kritisierte der EU-Rechnungshof Verzögerungen und mangelnde Koordination beim BBT. Die Prüfer zweifelten bereits damals eine Inbetriebnahme bis 2030 an. Zuletzt hatte der italienische Verkehrsminister Enrico Giovannini bei einer Online-Veranstaltung davon gesprochen, dass der BBT nicht vor dem Jahr 2031 fertig sein werde. (TT.com)

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