„Störfeuer“ in der Justiz und Leaks bei der ÖVP
Von Wolfgang Sablatnig
Wien – Das jüngste „Störfeuer“, von dem Korruptionsstaatsanwalt Matthias Purkart weiß, betrifft eine Dienstaufsichtsprüfung wegen der Ermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und der Frage, wie ein umfangreiches Dokument der Justiz dazu rasch in die Medien gelangt sei. Purkart war gestern zum bereits zweiten Mal Auskunftsperson im Ibiza-Untersuchungsausschuss. Er berichtete, dass seine Behörde nach wie vor mit Behinderungen vorgesetzter Stellen im Justizministerium konfrontiert sei: „Es wäre schön, wenn man nicht das Gefühl hätte, dass in diesem Verfahren die Uhren anders laufen als in allen anderen.“
Vorwürfe richtete Purkart in Richtung der ÖVP, der er doppeltes Spiel vorwarf. Auf der einen Seite habe die ÖVP selbst Chats zwischen dem nunmehrigen Staatsholding-Vorstand Thomas Schmid und ÖGB-Boss Wolfgang Katzian an die Medien gespielt. Dennoch habe man die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen dieses Leaks kritisiert. Purkart: „Ich finde, das ist eine Grenzüberschreitung.“
Der Staatsanwalt betonte, die WKStA könne in diesem Fall gar nicht Quelle der Veröffentlichung sein, denn diese Nachrichten seien im Akt gar nicht enthalten gewesen.
Falsche Vorwürfe ortet er auch in einem anderen Zusammenhang: Im Fall der Ermittlungen gegen Kurz hatte es nicht lange gedauert, bis ein umfangreicher Schriftsatz der WKStA zum Download im Internet verfügbar war. Die WKStA sei jedenfalls nicht die Quelle, denn die so genannten Metadaten des Dokuments und weitere Hinweise lassen laut Purkart den Schluss zu, dass diese Version des Schriftsatzes vom Anwalt der ÖVP und Kurz weitergegeben worden sei.
Der türkise Abgeordnete Klaus Fürlinger antwortete auf die Vorwürfe mit einer Frage: „Glauben Sie, dass die WKStA alles richtig macht und die anderen alles falsch?“ Purkart: „Wir machen sicherlich Fehler. Es ist auch zulässig, dass man bei uns nachfragt. Uns stört, dass die Dienstaufsicht aus unserer Sicht überreagiert.“
Die Dienstaufsichtsprüfung in Sachen Kurz-Verfahren sei dabei nur der vorerst letzte Punkt. „Das ist ein Druck, den vorher niemand gekannt hat.“ Viele Dienstaufsichtsprüfungen, Berichtspflichten, das disziplinarrechtliche Instrument einer „Ausstellung“, das eine Kollegin dazu gebracht hatte, die WKStA zu verlassen. Was hat sich da seit dem ersten Auftritt im U-Ausschuss vor knapp einem Jahr geändert? „Leider konnten wir keine Verbesserung wahrnehmen.“
David Stögmüller (Grüne) wollte wissen, ob sich dieser Druck verändert habe, seit in der Oberstaatsanwaltschaft Wien nicht mehr deren Leiter Johann Fuchs für die Dienstaufsicht über die WKStA zuständig ist? „Nicht merkbar“, antwortete Purkart.