Literatur

Mit diebischer Freude am Risiko: Leipziger Buchpreis für Iris Hanika

Iris Hanika wurde für „Echos Kammern“ bereits mit dem Hermann-Hesse-Preis ausgezeichnet. Nun folgte der Leipziger Buchpreis.
© Alberto Novelli

Die deutsche Autorin Iris Hanika erhielt für ihren im Grazer Literaturverlag Droschl erschienenen Roman „Echos Kammern“ den Leipziger Buchpreis.

Leipzig – Iris Hanika wurde am Freitag mit dem Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik ausgezeichnet. Die 1962 in Würzburg geborene Autorin wurde für ihren im Grazer Literaturverlag Droschl erschienenen Roman „Echos Kammern“ gewürdigt. Dessen zwischen New York und Berlin spielende Handlung sei „kaum seriös in aller Kürze zu erzählen“, erklärte Jurorin Katrin Schumacher. Es geht in „Echos Kammern“ um alte Mythen und viel zu hohe Mieten, um Gentrifizierung in den Metropolen der Gegenwart und die antike Geschichte von Echo und Narziss. Die Jury würdigte Hanika als „eine der eigensinnigsten Stimmen der deutschen Gegenwartsdichtung“: „Sie übt in aller Virtuosität ihre Sprachexperimente aus und ja, sie hat diebische Freude daran, dass sie das jeden Moment den Roman kosten könnte. Eben dieses riskante Schreiben zeichnet sie aus.“

Nach der erneuten Absage der Buchmesse fand die Preisvergabe im Rahmen einer Sonderausgabe des Online-Lesefestes „Leipzig liest“ statt. Die Jury war in Leipzig vor Ort, die Nominierten wurden zur Verleihung per Video zugeschaltet.

Neben Hanika waren Friederike Mayröcker („da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete“), Judith Hermann („Daheim“), die amtierende Bachmann-Preisträgerin Helga Schubert („Vom Aufstehen: Ein Leben in Geschichten“) und Christian Kracht („Eurotrash“) für den mit 15.000 Euro dotierten Preis nominiert.

In der Kategorie Sachbuch/Essayistik ging die Auszeichnung an die Ethnologin Heike Behrend für „Menschwerdung eines Affen. Eine Autobiografie der ethnografischen Forschung“ (Verlag Matthes & Seitz). Behrend, eine der bedeutendsten Afrikanistinnen Europas, beschreibt darin insbesondere ihre Erfahrungen in Kenia und Uganda, wo sie seit den späten Siebzigerjahren Feldforschung betrieb. „Es ist ein erhellendes Buch in diesen sich verdunkelnden Zeiten“, lobte Juror Andreas Platthaus in seiner Laudatio.

Den Preis für die beste Übersetzung erhielt Timea Tankó für die Übertragung von „Apropos Casanova. Das Brevier des Heiligen Orpheus“ aus dem Ungarischen. Das Buch des Autors Miklós Szentkuthy stammt aus dem Jahr 1939 – und wurde unmittelbar nach seinem Erscheinen verboten. Szentkuthy drohte eine Anklage wegen Blasphemie. In Tankós kongenialer Übersetzung ist „Apropos Casanova“ – eine Mischung aus philosophischer Reflexion, Epochen-Porträt und Lebensbeschreibung – in der Reihe Andere Bibliothek erschienen.

In der Kategorie Übersetzung war auch die in Wien lebende Lyrikerin Ann Cotten für ihre Übertragung von Rosmarie Waldrops „Pippins Tochters Taschentuch“ nominiert. (jole)

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