Norbert Hofer tritt als FPÖ-Parteichef zurück, Kickl „bereit"
Dritter Nationalratspräsident möchte Hofer bleiben. Grund für den Rücktritt sei der Konflikt mit Klubobmann Herbert Kickl. Dieser meinte am Abend, er wäre bereit, seinen Beitrag zu leisten.
Wien – Norbert Hofer tritt als FPÖ-Chef zurück, will aber Dritter Nationalratspräsident bleiben. Als Grund für seinen Rücktritt führte er die Auseinandersetzungen mit Klubobmann Herbert Kickl um die Spitzenkandidatur bei der nächsten Nationalratswahl an. Einige FP-Landesparteichefs können sich Kickl zumindest als interimistischen Nachfolger vorstellen, mehrere große Länder halten sich aber bedeckt. Kickl meinte am Abend, er wäre bereit, seinen Beitrag zu leisten.
Orchestriert wird die Suche nach dem Nachfolger nun vom Abgeordneten Harald Stefan. Der an Jahren älteste Hofer-Stellvertreter, Justizsprecher Harald Stefan, kündigte an, er werde umgehend Kontakt mit den weiteren Mitgliedern des Bundesparteipräsidiums der FPÖ aufnehmen, damit die zuständigen Gremien unverzüglich zusammentreten, um über die Nachfolge zu beraten. Der Rücktritt Hofers sei für die gesamte Partei überraschend gekommen, sagte Stefan in einer Aussendung.
Auch Kickl will mit Stefan und den übrigen Mitgliedern des FPÖ-Präsidiums über die nächsten Schritte beraten. „Ziel muss es sein, umgehend die volle Handlungsfähigkeit der FPÖ wiederherzustellen und die vorhandene Geschlossenheit nach außen klar zu dokumentieren", sagte Kickl in einer Aussendung am Dienstagabend: „Ich selbst bin bereit, meinen Beitrag dazu zu leisten."
Hofer erklärte nach seiner Rückkehr aus einer dreiwöchigen Reha am Dienstag, er habe die Partei nach Ibiza stabilisiert. „Meine eigene Reise an der Spitze der FPÖ ist aber mit dem heutigen Tag zu Ende", sagte Hofer in einer Aussendung. Gegenüber der Tageszeitung Österreich betonte er jedoch, Dritter Nationalratspräsident bleiben zu wollen.
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„Lasse mir nicht jeden Tag ausrichten, dass ich fehl am Platz bin"
Hofer bestätigt auch einen Zusammenhang zwischen der Auseinandersetzung mit Kickl über die Spitzenkandidatur bei der nächsten Nationalratswahl und seinem Rücktritt: „Ja natürlich. Ich lasse mir nicht jeden Tag ausrichten, dass ich fehl am Platz bin." Ein FPÖ-Parteitag wird laut Hofer in den nächsten Wochen nötig sein. Er wünsche seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin viel Erfolg. Ob er bei der nächsten Bundespräsidentenwahl wieder antreten möchte, ließ der scheidende FPÖ-Obmann offen.
Vor der offiziellen Bestätigung hatte Hofer mit einer Nachricht auf Twitter für Verwirrung gesorgt. „Heute ist mein erster Tag nach der Reha - und mein erster Tag nach der Tagespolitik - Ich lege meine Funktion als Bundesobmann zurück und wünsche meinem Nachfolger alles Gute....", hatte er dort geschrieben, den Tweet nach drei Minuten aber wieder gelöscht.
Großteil der Landespartein bei Nachfolge bedeckt
Die blauen Landesparteien wurden vom Rücktritt von FPÖ-Obmann Norbert Hofer offenbar überrascht. Während sich Kärnten, Tirol und das Burgenland rasch für Klubchef Herbert Kickl als zumindest interimistischen Nachfolger aussprachen, hielten sich die anderen Länder allerdings bedeckt.
Sowohl der Tiroler FP-Chef Markus Abwerzger als auch der neue Kärntner Obmann Erwin Angerer hatten sich nach einer kurzen Schrecksekunde für Kickl als zumindest interimistischen FPÖ-Chef ausgesprochen. Für Angerer ist Hofers Abgang „sehr, sehr überraschend" gekommen, wie er zur APA sagte. „Gestern Abend habe ich nach der Sitzung noch mit ihm telefoniert und einen Termin für nächste Woche ausgemacht. Verstehe ich nicht." Er habe von Hofers Rücktritt aus den Medien erfahren.
Zur Nachfolge sagte Angerer, man müsse die Situation bewerten und dann eine Entscheidung treffen: „Aber wenn Kickl die Partei übernehmen will, halte ich ihn für einen möglichen Obmann." Derzeit sieht Angerer zwar keinen anderen Bewerber, „aber es ist eine neue Situation". Man werde das im Bundesparteivorstand besprechen: „Jetzt wird einmal der Stellvertreter übernehmen, das ist meines Wissens eh der Herbert Kickl, dann wird es einen Parteitag brauchen und Neuwahlen."
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„Aus Tal der Tränen geführt": Abwerzger dankt Hofer
Ähnlich Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger, der sich ebenfalls überrascht vom Rücktritt zeigte. „Sein heute verkündeter Rücktritt als Parteiobmann kommt sehr unerwartet, aber seine persönliche Entscheidung ist zur Kenntnis zu nehmen", meinte Abwerzger. Für ihn stehe fest, dass nun sein erster Stellvertreter, Klubobmann Herbert Kickl, die Agenden interimistisch übernehmen soll, bis der Parteitag einen neuen Obmann oder eine neue Obfrau wähle.
Der Tiroler Landesparteiobmann bedankte sich indes in einer Aussendung bei Hofer für seine Arbeit und seinen Einsatz. „Hofer hat die Partei in einer sehr schwierigen Situation übernommen, dafür gebührt ihm großer Dank", so Abwerzger. Hofer habe die Partei „aus einem Tal der Tränen wieder nach oben geführt". "Wir liegen derzeit wieder bei zwanzig Prozent in den Umfragen, was der Verdienst von ihm und seinen Stellvertretern ist", sagte der Tiroler FPÖ-Chef.
Der burgenländische Landesparteiobmann Alexander Petschnig hatte sich zuvor gegenüber der APA, ebenfalls bei Hofer dafür bedankt, dass er „in einer schwierigen Zeit Verantwortung übernommen hat". Petschnig sprach sich für Kickl als neuen Parteichef aus. Die FPÖ habe sich nach zwei schwierigen Jahren in den Umfragen wieder verbessert. Grund dafür sei die „kantige Oppositionspolitik, die mit dem Namen Kickl in Verbindung steht".
Die anderen Landesparteien legten sich allerdings nicht fest. So lobten der steirische FP-Chef Mario Kunasek und sein Wiener Kollege Dominik Nepp Hofer für dessen Aufbauarbeit nach Ibiza. Beide verwiesen darauf, dass die Partei in Umfragen nun wieder 20 Prozent erreiche. Zur Nachfolgefrage äußerten sie sich nicht.
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Ebenso der Chef der Vorarlberger Freiheitlichen, Christof Bitschi. Norbert Hofer habe die FPÖ in einer sehr schwierigen Phase übernommen und die Partei wieder in geordnete Bahnen gelenkt. „Dafür sind wir ihm alle zu großem Dank verpflichtet", stellte Bitschi fest. Wer Hofer an der Parteispitze nachfolgen soll, ließ auch er offen: „Jetzt gilt es, vonseiten der Bundespartei die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft zu stellen und in Ruhe und wohlüberlegt eine geeignete Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu wählen."
Kein Bekenntnis in Sachen Nachfolgefrage gab es auch von Udo Landbauer, Landespartei- und Klubobmann der FPÖ Niederösterreich. Es liege nun an den Gremien, „mit der neuen Situation sachlich und besonnen umzugehen", betonte er in einer Aussendung. Landbauer setzt in diesem Zusammenhang „vollstes Vertrauen" in Harald Stefan. Von der Abdankung Hofers zeigte sich der niederösterreichische Landesparteichef überrascht – „wie alle anderen auch". Die Entscheidung respektiere er aber. Salzburgs Marlene Svazek zeigte sich ebenfalls „überrascht".
Nicht äußern wollte sich am Dienstag auch Manfred Haimbuchner, der als interner Kritiker Kickls gilt. Spätestens bei einer Pressekonferenz zu einem anderen Thema am Mittwochvormittag wird er sich der oberösterreichische FPÖ-Chef aber erklären müssen. Haimbuchner ist ebenfalls ein Stellvertreter Hofers, hat im Herbst allerdings Landtagswahlen zu schlagen und hat immer ausgeschlossen, nach Wien zu gehen, weil er den Oberösterreichern im Wort sei. In einer Aussendung dankte er Hofer und betonte, dieser habe die FPÖ dort positioniert, wo sie auch hingehöre: „Rechts der Mitte, mit einer bürgerlichen Ausrichtung und sowohl regierungs- als auch koalitionsfähig."
Kurz wünscht Hofer „persönlich alles Gute"
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte am Rande einer Pressekonferenz, er habe mit Hofer zwar immer wieder „inhaltliche Differenzen und unterschiedliche Sichtweisen" gehabt, „aber auf menschlicher Ebene immer gut zusammengearbeitet." Der ÖVP-Obmann wünschte Hofer „persönlich alles Gute."
NEOS-Generalsekretär Nick Donig meinte, der FPÖ drohe nun „die Gefahr eines gefährlichen Krawall-Kurses des Herbert Kickl". Hofer bleibt nach Ansicht Donigs „eine glücklose Übergangslösung, der einen Scherbenhaufen übernommen hat"(APA/TT.com)
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