Iran

Präsidentschaftswahl im Iran: Kleriker Raisi gewinnt mit 62 Prozent

Der ultrakonservative Kleriker Ebrahim Raisi.
© ATTA KENARE/AFP

Bei der Wahl mit niedriger Beteiligung konnte sich Ebrahim Raisi sehr deutlich von seinen Kontrahenten absetzen. Der ultrakonservative Kleriker erreichte laut offiziellen Ergebnissen mehr als 62 Prozent der Stimmen.

Teheran – Ebrahim Raisi hat die Präsidentenwahl im Iran mit mehr als 62 Prozent der Stimmen gewonnen. Der Spitzenkandidat der Hardliner erhielt mindestens 17,8 Millionen Stimmen, wie ein Sprecher des Innenministeriums am Samstag mitteilte. 28,6 Millionen Stimmen wurden demnach insgesamt abgegeben. Raisi wird damit Nachfolger von Hassan Rouhani, der nach zwei Amtsperioden nicht mehr zur Wahl antreten durfte. Die Vereidigung des neuen Präsidenten ist für August geplant.

Die Wahlbeteiligung fiel mit rund 48 Prozent deutlich niedriger aus als in früheren Abstimmungen. Wahlberechtigt waren 59,3 Millionen Iraner. Es gab etliche Boykottaufrufe aus der Opposition.

Ayatollah Ali Khamenei wertete die Beteiligung an der Wahl des neuen iranischen Präsidenten als Rückendeckung . Die Zahlen zeigten die Unterstützung der Bevölkerung für die Führung, sagte das geistliche und politische Oberhaupt der Islamischen Republik am Samstag. Mit 48 Prozent war die Wahlbeteiligung allerdings deutlich niedriger als bei früheren Abstimmungen. 2017, als der Rouhani als Präsident bestätigt wurde, lag sie bei rund 73 Prozent. In Umfragen vor der Abstimmung am Freitag war von 41 Prozent die Rede gewesen.

Nach Auszählung von 90 Prozent der Stimmen entfielen auf Raisi 17,8 Millionen Stimmen, sagte Jamal Orfi vom Innenministerium in einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz. Damit liegt der Hardliner uneinholbar vor seinen Konkurrenten. Der gemäßigte Kandidat Abdolnaser Hemmati habe 2,4 Millionen Stimmen erhalten, sagte Orfi. Der frühere Kommandant der Revolutionsgarden, Mohsen Rezaei, liege mit 3,3 Millionen Stimmen auf dem zweiten Platz.

Schon vor Bekanntgabe der Teilergebnisse hatten alle drei Gegenkandidaten Raisis dem ultrakonservativen Justizchef zum Wahlsieg gratuliert. Rouhani hatte zudem erklärt, sein Nachfolger sei im ersten Wahlgang gewählt worden. Den Namen des Wahlsiegers hatte er jedoch nicht genannt.

Der 60 Jahre alte Justizchef Raisi war vor vier Jahren noch an Rouhani gescheitert, dieses Mal stellte sich sein Weg ins Präsidialamt wesentlich leichter dar. Dafür sorgte auch der sogenannte Wächterrat, der als Wahlgremium ernsthafte Konkurrenten vor dem Urnengang aussortierte. Dies führte auch in den eigenen Reihen zu heftigen Protesten - und zu großem Desinteresse der Menschen an einer Wahl, die weithin als inszeniert und undemokratisch wahrgenommen wurde.

Mit Raisi erwarten Medien und Beobachter einen politischen Machtwechsel im Land. Ihrer Überzeugung nach wird der erzkonservative Kleriker als Präsident den moderaten Kurs Rouhanis nicht fortsetzen. Als langjähriger Staatsanwalt, Richter und seit 2019 Justizchef hat er politisch wenig Erfahrung. Dennoch steht er schon am Anfang seiner Amtszeit vor vielen politischen Herausforderungen.

So muss er vor allem über die Zukunft des Wiener Atomabkommens von 2015 entscheiden. Nach dem Rückzug der USA aus dem internationalen Abkommen 2018 hat Teheran schrittweise die vereinbarte Beschränkung und Kontrolle der Atomanlagen aufgehoben. Nicht zuletzt die US-Sanktionen verursachten eine schwere Wirtschaftskrise im Iran. Für einen Fortbestand des Abkommens wären Verhandlungen mit dem Erzfeind USA erforderlich. In der Nahost-Politik erwarten Beobachter unter Raisi einen radikaleren Kurs, im Verhältnis zu Israel einen gar noch feindseligeren als bisher.

Der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif hofft auf eine Einigung bei den Gesprächen zur Wiederbelebung des Atomabkommens noch vor August. Die Schwierigkeiten seien nicht unüberwindbar, sagte Zarif am Samstag im türkischen Antalya, wo er an einem diplomatischen Forum teilnahm. Raisi sei ein vernünftiger Mann und werde den Iran gut führen, mit ihm müssten von nun an alle zusammenarbeiten. (APA/AFP)

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