Kammer ermutigt Bauern in Kufstein zum Einstieg in Direktvermarktung
Seit Corona erlebt die Direktvermarktung am Hof einen regelrechten Boom, berichtet Landwirtschaftskammerpräsident Josef Hechenberger
Bad Häring – Die (Schwieger-)Eltern Walburga und Josef setzten noch auf Milch, Martina und Matthias Ager verwandelten den Lengauerhof in Bad Häring nun aber in den Rindermastbetrieb „Ochs am Berg“. „Milchproduzenten gibt es schon genug, und beim Fleisch herrscht große Nachfrage an heimischer Produktion“, erklärt Matthias Ager. Im neuen Stall stehen 64 in Tirol gezüchtete Rinder, die Schlachtung erfolgt nur wenige Kilometer entfernt in Söll. Unter der Marke „Tiroler Almrind“ beliefert die Familie den Lebensmittelhandel mit Rindfleisch, profitiert aber vor allem von der Direktvermarktung von Mischpaketen am Hof.
Seit Corona erlebt diese einen regelrechten Boom, berichtet Landwirtschaftskammerpräsident Josef Hechenberger bei seinem Besuch am Lengauerhof. 1500 Tiroler Landwirtschaftsbetriebe nutzen diese Verkaufsform via Bauernmärkte oder Hofläden, in einer Umfrage bekundete ein Drittel der Befragten Interesse. Bauernbund-Bezirksobmann Michael Jäger bestätigt den Trend: „Im Bezirk Kufstein haben 30 Betriebe gemeldet, in die Direktvermarktung einsteigen zu wollen.“
Wie werden Lebensmittel produziert, welchen CO2-Abdruck haben sie, wie ist es den Tieren ergangen – das Bewusstsein der Konsumenten habe sich verändert, meint Hechenberger, der auch Nationalrat ist. Die lange von den Agrariern geforderte Herkunftsbezeichnung werde noch heuer auf Schiene gebracht, ist er überzeugt. Das wirke dem umstrittenen Export von Lebendtieren entgegen. „1995 haben wir 70 % der Kälber in Tirol selbst verarbeitet, 2020 waren es nur noch 30 %.“ Langfristig werde sich so wie durch die verstärkte Direktvermarktung „die Partnerschaft zwischen Produzent und Konsument stärken“. Bezirksbäuerin Christine Lintner merkte an, es sei zuvor viel Wissen verloren gegangen. „Manche fragen, wie viele Eier ein Huhn pro Tag legt.“ (jazz)