Kreuzköpf und andere älplerische Charakterschädl bei Telfer Volksschauspielen
Gelungenes Theaterexperiment bei den Telfer Volksschauspielen: Mitglieder von elf Dorfbühnen spielen Szenen nach Karl Schönherr.
Telfs – Möglicherweise ist dieser unterhaltsame Theaterabend ja richtungsweisend für die Tiroler Volksschauspiele in Telfs. Diese suchen nach erfolgtem Intendanten- und mehrfachem Geschäftsführerwechsel fast schon verzweifelt nach Profil und einer neuen Ausrichtung. Ein Rundumblick im Land könnte dabei dienlich sein: Bei der locker-flockigen Szenenfolge „Allerhand Kreuzköpf“ auf Basis von Kurzgeschichten Karl Schönherrs vorgestern Samstag bespielen DarstellerInnen von elf Tiroler Bühnen den Telfer Rathaussaal.
Fast alle sind Laien per definitionem, doch die Frage, ob Profi oder nicht, tritt rasch in den Hintergrund. Näher kann Telfs seinem Selbstverständnis als Hort des Volksschauspiels jedenfalls kaum kommen. Und so sollte es eine Überlegung wert sein, ob eine Auswahl heimischer Bühnen fixer Baustein des Telfer Sommers sein könnte, als kuratierte Leistungsschau der 300 Klein-Theater im ganzen Land. Mit künstlerischem Anspruch, einem Niveau oberhalb der Gürtellinie und einer Regie, die diesen Namen auch verdient. Mit einem Satz: so wie am Samstag.
60 beteiligte Personen mit Wohnorten zwischen Kufstein und Haiming, 22 Szenen abendfüllend aneinandergereiht in zwei Akten: Schon rein organisatorisch verlangt die „Kreuzköpf“-Produktion Übersicht und eine genaue Kenntnis der Szene. Spielleiter Thomas Gassner ist dafür multifunktionell geeignet. Er ist Mitarbeiter des Theaterverbands Tirol, selbst Schauspieler und Regisseur. Sehr kurzzeitig werkte er auch als Geschäftsführer der Telfer Volksschauspiele neben Neo-Intendant Christoph Nix (das aber ist eine andere, weniger erbauliche Geschichte).
Die Szenen auf den Brettern im Rathaussaal wechseln rasch und fließend, eine Drehbühne macht’s möglich. SchauspielerInnen gestalten beim Auf- und Abgang das Bühnenbild gleich mit um. Die Kulisse verändert sich nur wenig, von verschieden designten Kruzifixen im Herrgottswinkel abgesehen.
Es braucht auch gar keine großen Bauten da draußen; vielmehr geht es um archetypische älplerische Charaktere, die Schönherr schon vor mehr als 100 Jahren auf die Schaufel genommen hat.
Als da wären: Großmäuler und Bauernschlaue, stille Wasser und polternde Angeber, Schnapsnasen, raufende und scheinheilige Brüder, heimliche Pantscherl querbe(e)t(t). Ähnlichkeiten zu heute sind zufällig, aber durchaus augenscheinlich.
Es regiert der Spaß auf und vor der Bühne, etwaig anwesende Linguisten bekommen Kostproben regionaler Tiroler Mundart serviert.
Ganz schön viel, eigentlich.