Innsbruck

"Radeln ohne Alter" in Innsbruck: Frischer Wind für die Seele

„Radeln ohne Alter“-Pionier Ole Kassow (hinten, 5. v. l.) nahm an der gestrigen Ausfahrt teil.
© Domanig

Der Gründer der weltweiten Bewegung „Radeln ohne Alter“ war gestern in Innsbruck zu Gast – und warb für die Idee belebender Rikscha-Ausfahrten mit älteren Menschen.

Von Michael Domanig

Innsbruck – „Sehr fein war’s“, sind sich Margit Sartori und Maria Meixner einig. Die beiden rüstigen Damen, die im Wohnheim Pradl leben, sitzen bei Sommerwetter in einer gemütlichen E-Rikscha und genießen ein Eis. Sie haben gerade, gemeinsam mit anderen Innsbrucker Senioren, die erste Hälfte eines erfrischenden Rikscha-Radausflugs erlebt, gemeinsam organisiert von den Innsbrucker Sozialen Diensten (ISD) und den Vereinen „Radeln ohne Alter“ und „Abenteuer Demenz“.

Gestern war dazu – u. a. für einen Vortrag im Wohnheim Tivoli – auch der Däne Ole Kassow in Innsbruck zu Gast, seines Zeichens Gründer der internationalen Bewegung „Cycling Without Age“ („Radeln ohne Alter“). Im TT-Gespräch schildert er die Ursprünge: „Ich wollte mich in Kopenhagen in meiner Nachbarschaft einbringen und kam auf ein nahe gelegenes Pflegeheim. Der Gedanke war, Menschen, die selbst nicht mehr Rad fahren können, dennoch diesen Wunsch zu ermöglichen, ihnen das Gefühl zu geben, wieder jung zu sein.“ Anfangs habe es Skepsis gegeben, ob solche Radausflüge mit alten Menschen überhaupt machbar sind. Doch sofort habe sich herausgestellt: „Die Leute lieben es.“ Die Idee schlug voll ein: Binnen eines Jahres nach der Vereinsgründung 2012 verbreitete sie sich über ganz Dänemark, dann in den Nachbarländern. 2015 gründete sich der Verein „Radeln ohne Alter Österreich“, wobei Lustenau der Pionier-Standort war. Inzwischen gibt es österreichweit 26 „Chapter“.

„Das Ganze ist ein wunderbarer Weg, um Beziehungen herzustellen“, meint Kassow – und zwar auf Augenhöhe zwischen den freiwilligen „Rikscha-Piloten“ und den älteren Passagieren: „Man bekommt so viel zurück – Geschichten, Erfahrungen, Freundschaften.“ Er selbst sei durch die Ausfahrten nun zum Beispiel mit einer 101-jährigen Dame befreundet.

„Mir hat eine Frau, die halbseitig gelähmt ist, gesagt: ‚Ihr macht es mir wieder möglich, die Welt mit eigenen Augen zu sehen‘“, berichtet die Vorarlbergerin Elke Fitz von „Radeln ohne Alter Österreich“.

„Persönliche Erlebnisse und Geschichten sind das Um und Auf“, bestätigt Gerhard Moser von „Radeln ohne Alter“ in Wattens. Für die freiwilligen Fahrer gibt es eine ausführliche Einschulung, sie werden haftpflichtversichert. Gurte garantieren die Sicherheit der Senioren in den Rikschas.

In Tirol besteht das Angebot von Rikscha-Ausfahrten neben Innsbruck und Wattens bisher auch in Kufstein und Brixlegg. „Jetzt gilt es, die Bewegung noch bekannter zu machen“, meint Moser.

Das Prinzip funktioniere nicht nur im flachen, radaffinen Kopenhagen, freut sich Kassow, sondern von Singapur bis Alaska. Heute ist der Verein „Cycling Without Age“ in über 50 Ländern vertreten.

„Die Leute kommen ins Reden, durch die Bewegung und die Erinnerungen, die bei den Ausfahrten hochkommen“, sagt Fitz, „ein befreiendes Gefühl.“ Auch für Familien sei es ein guter Weg, sich wieder zu finden, ergänzt Kassow und erzählt von einem Vater mit Demenz, der in der entspannten Atmosphäre der Ausfahrten viel mehr spricht als bei Besuchen im Heim.

„Wir machen aber nicht nur Ausfahrten für Menschen mit Mobilitätseinschränkung oder Demenz, sondern auch gemeinsam mit der Lebenshilfe oder mit erkrankten Menschen“, erklärt Fitz.

E-Rikschas sind mit ca. 7000 bis 10.000 Euro nicht billig. Die Botschaft, dass in Innsbruck weitere Gefährte gefragt wären, nahmen Vize-BM Hannes Anzengruber (ÖVP), der gestern selbst in die Pedale trat, und StR Uschi Schwarzl (Grüne) mit. Auch private Sponsoren sind willkommen – und „Piloten“ sowieso: „Rikscha fahren ist das schönste Hobby der Welt“, schließt Fitz. Mehr dazu unter radelnohnealter.at

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