Coronavirus

Diskussion um Auffrischung: Wann ist der 3. Stich notwendig?

Hat die Corona-Impfung angeschlagen und wurden genügend Antikörper gebildet? In Tiroler Laboren und bei Ärzten kann man die Antikörperwerte bestimmen lassen.
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Viele Tiroler lassen ihre Corona-Antikörper bestimmen, aber der Zusammenhang zwischen Antikörperspiegel und Grad des Impfschutzes ist noch unklar.

Von Brigitte Warenski

Innsbruck – Es ist das verständliche Bedürfnis der Menschen, wissen zu wollen, ob man einen Auffrischungsstich braucht und wann es Zeit dafür ist. Am Arbeitsplatz, in Öffis und am Familientisch wird über SARS-CoV-2-Antikörper gesprochen und diskutiert, mit welchem Antikörperwert man vor einer Infektion – vor allem mit schwerem Verlauf – geschützt ist. Um seinen Antikörperstatus zu erfahren, braucht es eine Blutabnahme, die in mehreren Tiroler Laboren durchgeführt wird. „Das Interesse an der Antikörperbestimmung ist groß“, bestätigt der Innsbrucker Labormediziner Igor Theurl. Anerkannt sei die Antikörperbestimmung vor allem für immunsupprimierte Menschen, daher u. a. nach einer Chemotherapie oder Organtransplantation. In diesen Fällen geht es darum, am Antikörperspiegel zu sehen, ob die Impfungen überhaupt angeschlagen haben.

Beim Rest der Bevölkerung ist es laut Theurl ein „Kann“, aber sicher kein „Muss“. „Man kann, wenn man die Antikörper nach einer Zeit nochmals bestimmen lässt, an den Werten ablesen, ob die eigene Immunantwort (stark) gesunken oder etwa gleich geblieben ist.“ Was tatsächlich das Fazit aus den Laborberichten ist, „das wissen wir aber noch nicht. Dazu bräuchte es lang angelegte Studien, um wissenschaftlich belegen zu können, ab welcher Anzahl an Antikörpern man gut geschützt ist.“ Hat ein Geimpfter laut Laborbericht einen BAU/ml-Wert von 2800 und der andere einen Wert von 4700, „wissen wir derzeit nicht, ob das de facto einen Unterschied macht, denn es könnte ja sein, dass man schon mit einem Wert von 200 gut geschützt ist“, sagt Theurl.

„Bei den Antikörpern gibt es tendenziell eine Altersstaffelung. Die Jüngeren bilden mehr Antikörper.“
Ingo Theurl

Anders ist es u. a. bei Hepatitis B, wo man laut Theurl genaue Aussagen über die Antikörperwerte und ihre Bedeutung machen kann. „Hier gibt es durch Studien über viele Jahre schon lange Erfahrungen.“

Forschung erst am Anfang

Bei Corona hingegen ist die Forschung noch am Anfang. „Es gibt bis jetzt nur einige wenige Studien, die retrospektiv den Grad des Schutzes vor Infektion mit dem Antikörperspiegel verglichen haben, um Grenzwerte für einen möglichen Schutz festzulegen. In nationale oder internationale Empfehlungen ist dies noch nicht eingeflossen.“ Generell zeigt sich bisher aber die Tendenz, „dass je höher der Antikörperwert ist, desto besser“. Gezeigt habe sich auch, dass es bei der Immunantwort tendenziell eine „Altersstaffelung“ gibt. Das bedeutet: Die Jüngeren bilden tendenziell mehr Antikörper als die Älteren, „wobei es auch hier individuelle Unterschiede gibt“.

Einen Unterschied macht es zudem, in welchem Labor die Antikörper bestimmt werden. „Es gibt Tests von verschiedenen Herstellern. Sie sind natürlich alle kontrolliert und zugelassen, aber es gibt kein standardisiertes Testverfahren und daher kann ich die Werte von einem Labor nur bedingt mit den Werten eines anderen vergleichen“, sagt Theurl. Am besten vergleichbar sei der BAU/ml-Wert, „den Hersteller nach einem von der Weltgesundheitsorganisation WHO einheitlichen Standard ausgearbeitet haben. Es ist damit ein internationaler Standard, aber was die ganz genaue Vergleichbarkeit betrifft, ist auch dieser mit Vorbehalt zu sehen.“ Am sinnvollsten ist es laut Theurl daher, „immer im gleichen Labor bzw. beim gleichen Arzt den Antikörperspiegel zu bestimmen, wenn man die Veränderung seines Wertes wissen will“.

Und es gilt: „Der Antikörperspiegel kann derzeit keine alleinige Entscheidungsgrundlage sein, um sich nicht mehr zu impfen.“

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