Ex-Finanzminister Androsch im Interview: „Österreich hinkt weit hinterher“
Ex-Finanzminister Hannes Androsch kritisiert Klimapolitik der Regierung. Er fordert massive Geldspritze für Forschung und Wissenschaft – und nennt Schweiz als Vorbild.
Bei den diesjährigen Technologiegesprächen beim Forum Alpbach geht es auch um die Herausforderungen gegen den Klimawandel. Es gibt im Alpenraum eine Redewendung, die das herrschende Wirtschaftspinzip auf den Punkt bringt: „Man muss die Kuh melken, solange sie noch Milch gibt.“
Hannes Androsch: Wenn wir bei dieser Metapher bleiben, dann erinnere ich an den ersten ÖGB-Präsidenten Johann Böhm. Er sagte: „Eine Kuh, die man melken muss, muss man zuvor gut füttern und streicheln.“ Wenn ich das übertragen darf auf die Technologiegespräche und auf die Bedeutung von Wissenschaft für den Menschen, dann muss man Wissenschaft und Forschung gut füttern und streicheln.
Was meinen Sie damit?
Androsch: Damit meine ich Freiheit der Forschung und finanzielle Unterstützung. Wir befinden uns in einer weltweiten Umwälzung. Österreich hinkt bei den Herausforderungen der digitalen Welt weit hinterher. Wenn wir uns der großen Transformation, festgemacht an den drei Ds Digitalisierung, Dekarbonisierung und Demografie, stellen wollen, dann braucht es eine Stärkung der Wissenschaft und Forschung.
Von welcher Stärkung reden wir?
Androsch: Orientieren sollten wir uns an der Schweiz: Die ETH Zürich zählt zu den 20 besten Unis, die beste Universität in Österreich, die Uni Wien, befindet sich auf Platz 164.
Werden wir konkret?
Androsch: Wir müssen zumindest das Niveau der Schweiz erreichen. Konkret müssen wir daher die Budgetmittel für Forschung und Wissenschaft vervierfachen. Ich sage dies auch angesichts der vier apokalyptischen Reiter der Gegenwart: Pandemien, Klimawandel, Cyberkriminalität und das Einsetzen der Flüchtlinge als Waffe.
Ihre vier apokalyptischen Reiter bedrohen allesamt unsere liberale Demokratie.
Androsch: Stimmt! Unser politisches gesellschaftliches System ist in Gefahr.
Das Generalthema in Alpbach lautet „The Great Transformation“. Investieren in Forschung, Wissenschaft und Bildung ist das eine. Was konkret kann aber Industrie 5.0, grüne Transformation, gegen den Klimawandel ausrichten?