Bestechlichkeit

Schuldspruch: 15 Monate bedingt für Strache wegen Bestechlichkeit

Die Angeklagten Ex-FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache (l.) und Klinik-Betreiber Walter Grubmüller.
© HERBERT NEUBAUER

Strache wurde wegen Bestechlichkeit zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt. Der mitangeklagte Eigentümer der Privatklinik Währing, Walter Grubmüller, fasste wegen Bestechung zwölf Monate aus, ebenfalls auf Bewährung.

Wien – Der über das Ibiza-Video gestürzte Ex-FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache ist am Freitag am Wiener Landesgericht wegen Bestechlichkeit zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Der mitangeklagte Eigentümer der Privatklinik Währing, Walter Grubmüller, fasste wegen Bestechung zwölf Monate aus, ebenfalls auf Bewährung. In dem Verfahren war es um einen vermuteten Gesetzeskauf im Zusammenhang mit der Privatklinik Währing gegangen.

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Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Straches Verteidiger Johann Pauer meldete nach Rücksprache mit seinem Mandanten "volle Berufung" an, Grubmüller will seine Verurteilung ebenfalls bekämpfen. Der Anklagevertreter gab vorerst keine Erklärung ab.

Strache sprach von Fehlurteil

Strache sprach nach der Verhandlung von einem "Fehlurteil". Das Gericht habe einen Konnex zwischen einer Parteispende und seinem Handeln hergestellt, den es nachweislich nicht gebe. Der Schuldspruch habe ihn "zutiefst überrascht, aber auch schockiert". Er verwies – ebenso wie Walter Grubmüller – auf die Berufung. Auch der Privatklinik-Betreiber zeigte sich "enttäuscht" vom Urteil.

Strache-Verteidiger Pauer meinte im Anschluss vor Journalisten, das Wiener Oberlandesgericht (OLG) werde als Rechtsmittelinstanz beurteilen, ob die Rechtsauffassung des Erstgerichts zutreffend sei: "Ich hätte es anders gesehen." Pauer betonte, die Richterin habe "ein faires Verfahren, ruhig und sachlich" geführt. Weiters merkte Pauer an, vom Gericht sei festgestellt worden, "dass sich mein Mandant nicht vorsätzlich bereichert hat". Der Schuldspruch habe sich "auf geringe Parteispenden" beschränkt.

"Faktische Einflussnahme" kurz nach Spende

Strache und Grubmüller wurden im Zusammenhang mit zwei Überweisungen Grubmüllers an die Bundes-FPÖ vom Oktober 2016 bzw. August 2017 schuldig erkannt, die erste in Höhe von 2000 Euro, die zweite in Höhe von 10.000 Euro. In "zeitlichem Naheverhältnis" zur ersten Spende habe Strache als damaliger FPÖ-Obmann eine "faktische Einflussnahme" auf FPÖ-Abgeordnete bzw. -Funktionäre - namentlich den Ex-Nationalratsabgeordneten Johannes Hübner und die freiheitliche Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch – vorgenommen, um mittels eines Initiativantrags der Freiheitlichen eine Änderung des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF) zu bewirken. Das sollte der Privatklinik Währing eine Aufnahme in den PRIKRAF ermöglichen, worum sich Grubmüller jahrelang vergeblich bemüht hatte.

Nachdem die FPÖ im Anschluss an die Nationalratswahlen im Oktober 2017 als Juniorpartner an der Seite der ÖVP die Regierungsbeteiligung erreicht hatte, war mittels Änderungen am Sozialversicherung-Organisationsgesetz 2018 auch das PRIKRAF-Gesetz novelliert worden. Die Privatklinik Währing wurde mit 1. Jänner 2019 in die Liste der PRIKRAF-Krankenanstalten aufgenommen.

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"Ohne Strache und Grubmüller hätte es die Behandlung im Parlament nicht gegeben", zeigte sich Richterin Claudia Moravec-Loidolt überzeugt, "der Zusammenhang, der Konnex ist zweifelsfrei, wirklich zweifelsfrei gegeben". Strache sei dabei parteilich vorgegangen, er habe ausschließlich im Interesse der Privatklinik Währing und nicht "aller privaten Krankenanstalten in Österreich" gehandelt. Insofern habe er ein pflichtwidriges Amtsgeschäft vorgenommen: "Jede Parteilichkeit ist pflichtwidrig." Strache habe das Anliegen des befreundeten Grubmüller "in wohlwollender und ausschließlich parteilicher Förderung" unterstützt. Grubmüller habe wiederum die insgesamt 12.000 Euro nur deshalb gespendet, um sich der Unterstützung der FPÖ im Zusammenhang mit der PRIKRAF-Gesetzesänderung zu vergewissern: "Eine Spende so aus dem Bauch heraus, das kann ich nicht sehen." Nachdem die FPÖ den Initiativantrag eingebracht hatte, sei die Überweisung der weiteren 10.000 Euro gefolgt.

Freispruch im Zweifel in zwei Anklagepunkten

Von zwei Anklagepunkten wurden Strache und Grubmüller im Zweifel freigesprochen. Zum einen handelte es sich dabei um eine Einladung Grubmüllers an Strache nach Korfu gehandelt, die im April 2018 für August desselben Jahres an Strache ergangen sein soll. Strache hatte eine solche Reise nie angetreten. Außerdem hatte die WKStA Grubmüller bezichtigt, Strache Ende April 2019 eine weitere Spende für den FPÖ-Wahlkampf vor der Europawahl 2019 offeriert zu haben. In diesen beiden Anklagepunkten reiche die Beweislage für Schuldsprüche nicht aus, befand die Richterin.

Zur Strafbemessung bemerkte die Richterin, die verhängten Strafen wären "dem Unrechtsgehalt angemessen". An Grubmüller gewandt, bemerkte sie: "Für die Bezahlung eines Abgeordneten, der später Vizekanzler wurde, darf es keine Rechtfertigung geben". In Richtung Straches hielt sie fest: "Eine Käuflichkeit von Amtsträgern muss unterbunden werden." In Anbetracht der Höhe der geflossenen Beträge und der Umstände seien die Strafen "schuld und tatangemessen". Die gewährte bedingte Strafnachsicht erklärte Moravec-Loidolt folgendermaßen: "Sie sind beide unbescholtene Ersttäter."

Weitere Ermittlungen gegen STrache bei WKStA anhängig

Gegen Strache sind bei der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwalt (WKStA) weitere Ermittlungen anhängig. Er und Grubmüller hatten sich im gegenständlichen Verfahren entschieden "nicht schuldig" bekannt. "Ich erkenne beim besten Willen keine Strafbarkeit", hatte Helmut Grubmüller, Bruder und Verteidiger des Zweitangeklagten, der WKStA in seinem Schlussplädoyer entgegengehalten. An die 2000 Euro habe Walter Grubmüller keine Erinnerung, die 10.000 Euro-Spende sei "hochoffiziell erfolgt", es sei Grubmüller geradezu darum gegangen, "dass jeder davon weiß". Er habe damit seiner "massiven Enttäuschung" über die SPÖ, deren Mitglied er jahrzehntelang war, Ausdruck verleihen wollen, die ihn bei den Bemühungen, in den PRIKRAF aufgenommen zu werden, im Stich gelassen habe. Sein Bruder habe "aus Frustration" an die FPÖ gespendet und keinen Gesetzeskauf betrieben: "Er hat nie ein Gesetz gewollt, er hat nie ein Gesetz gebraucht." Es sei "überhaupt kein strafrechtliches Substrat vorhanden".

Strache-Verteidiger Pauer hatte in seinem Schlussplädoyer bekräftigt, die Annahmen der WKStA seien "zur Gänze falsch" und "durch das Beweisverfahren widerlegt". Die inkriminierten Spenden an die FPÖ wären nicht im Zusammenhang mit dem PRIKRAF erfolgt, sondern "aus Wut über die SPÖ". Grubmüller habe Strache unterstützt, weil dieser die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern abschaffen wollte, bezog sich Pauer auf eine entsprechende Chat-Nachricht. In einer weiteren Nachricht habe Grubmüller sogar betont, "aus Überzeugung" gespendet zu haben.

"Kein einziger Zeuge hat von einer Einflussnahme meines Mandanten gesprochen", führte Pauer ins Treffen. Von einem strafbaren Verhalten "kann keine Rede sein", insistierte der Verteidiger. Das Beweisverfahren habe ergeben, "dass Strache nicht bestechlich ist". (APA)

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