Neustart nach Kurz-Rücktritt? Nicht alle glauben daran
WK-Tirol-Chef Walser sieht Kurz bei voller Aufklärung der Chat-Affäre wieder als Kanzler, die Opposition indes kein Ende des „System Kurz“.
Von Manfred Mitterwachauer
Innsbruck – Sebastian Kurz wieder Kanzler? Für den Tiroler Wirtschaftskammerpräsidenten Christoph Walser (VP) eine durchaus denkbare Variante. Dann nämlich, wenn der VP-Chatskandal aufgeklärt und nichts an Kurz hängenbleiben sollte. Walser fordert diesbezüglich Tempo ein. Bis spätestens Ende 2022 sollten Ergebnisse vorliegen, fordert Walser. Kurz’ Entscheid, in die zweite Reihe zu treten, bezeichnet Walser als „gute Lösung“. Insbesondere für die Wirtschaft, harre man doch einiger Probleme, die es zu lösen gelte, allen voran im Tourismus: „Es wäre ein Desaster, wäre die Regierung über Monate handlungsunfähig.“ Insofern sei es auch gut, dass nicht auch die gesamte VP-Regierungsriege zurückgetreten sei. Das, was einige Chats aber so an innerparteilichen Abgründen aufgezeigt haben, ist für Walser auch moralisch zu hinterfragen: „Es kann nicht sein, dass man der eigenen Partei schadet, nur um an die Macht zu kommen. Das muss intern aufgearbeitet werden.“
Dass ein Neustart der Koalition auf Bundesebene gelingen könne – davon zeugt die Stellungnahme der Tiroler Grünen-Nationalrätin Barbara Neßler. Der Rücktritt von Kurz als Kanzler sei ein „doppeltes Signal“. Nach innen gegen die Politikverdrossenheit und nach außen für das Image des Landes. Die Grünen würden garantieren, dass die Justiz unabhängig bleibe.
📽️ Video | Reaktionen auf Kanzlerrochade
Gänzlich anders die Reaktionen der Tiroler Opposition. Sie sieht ihre Hoffnungen auf einen Neustart im Bund schwinden. Kurz fehle weiter „jegliche Einsicht“, warnt FP-Chef Markus Abwerzger davor, dass das „System Kurz“ weiterhin existiere: „Politische Ruhe kehrt erst dann ein, wenn das System Kurz zerschlagen ist.“ Den Grünen wirft er „fehlendes Rückgrat“ vor und auch Tirols LH Günther Platter bekommt sein Fett ab: „Anscheinend versteht er die Dimension der ganzen Affäre nicht.“ Wie auch, spielt Abwerzger darauf an, dass Platter selbst am Freitag zugegeben hat, die 104 Seiten Anordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht gelesen zu haben. Wer jetzt noch Kurz und Co. stütze, „macht sich mitschuldig“, so Abwerzger. Das sieht NEOS-Chef Dominik Oberhofer ähnlich. Platter habe sich ohne aktuellen Wissensstand vor Kurz gestellt, dabei habe Letzterer „der ÖVP jegliche Würde geraubt“. Das „System Kurz“ sieht Oberhofer „in der Verlängerung“, einen Neustart in weiter Ferne.
Anstatt Kurz lange die Mauer zu machen, hätte Platter Land und Leute verteidigen müssen, schießt Liste-Fritz-Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider scharf: „Nur weil man den Kopf austauscht, wird sich nichts ändern.“
Wortkarg blieb gestern SP-Chef Georg Dornauer. Unabhängig von den „Machtspielen“ im Bund wolle man sich darauf konzentrieren, etwas für die TirolerInnen weiterzubringen.