USA

Trump untergräbt die Demokratie und bereitet seine Rückkehr vor

Trump erzählt weiter die Lüge vom Wahlbetrug, der ihn 2020 ums Weiße Haus gebracht habe.
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Vor einem Jahr wurde Donald Trump als US-Präsident abgewählt. Seither bringt er das Vertrauen der US-Bürger in die Wahlen ins Wanken.

Washington – Schon lange vor der Präsidentenwahl am 3. November vor einem Jahr behauptete der damalige Amtsinhaber Donald Trump wiederholt, dass er gegen seinen Herausforderer Joe Biden nur verlieren könne, wenn gepfuscht werde. Bis heute gesteht Trump seine Niederlage nicht ein, bis heute behauptet er, durch Betrug um seinen Sieg gebracht worden zu sein. Systematisch untergräbt er das Vertrauen in die Demokratie – während er selbst sein Comeback vorzubereiten scheint.

Trumps ambivalentes Verhältnis zur Wahrheit ist dokumentiert: Die Faktenchecker der Washington Post haben ihm 30.573 falsche oder irreführende Aussagen in seiner vierjährigen Amtszeit nachgewiesen. Trumps Behauptungen zum angeblichen Wahlbetrug stellen in ihrer Dimension allerdings alles in den Schatten. Kritiker des Republikaners sprechen von „The Big Lie“, der großen Lüge. Gerichte, Wahlbeamte, sogar sein sonst ergebener Justizminister William Barr – niemand von ihnen stützte die Betrugsthese, für die Trump keinen einzigen Beweis vorgelegt hat und die zum Sturm auf das Kapitol durch seine Anhänger am 6. Jänner führte.

Von einem Mangel an Beweisen lassen sich eingeschworene Trump-Anhänger in ihrer Nibelungentreue aber kaum erschüttern. Umfragen vermitteln einen Eindruck davon, welchen Schaden Trump an der Demokratie bereits angerichtet hat – und weiterhin anrichtet: In einer Umfrage im Auftrag von CNN im September gaben 78 Prozent der Republikaner an, Biden habe die Wahl nicht auf legitime Weise gewonnen. Bemerkenswert auch, dass diese Zahl zu- statt abgenommen hat: Im April waren es noch 70 Prozent.

Kritiker befürchten, dass Trumps Vorgehen bei den Republikanern Schule machen könnte. Erste Tendenzen sind beim erfolglosen Versuch, Kaliforniens demokratischen Gouverneur abzuwählen, bereits zu beobachten gewesen. Der Journalist David Brock warnte kürzlich in der New York Times, fingierte Behauptungen über Wahlbetrug könnten zu einem „festen Bestandteil der politischen Strategie der Republikaner“ werden: „Jede Wahl, die die Republikaner verlieren, wird mit Lügen angefochten, jeder Sieg der Demokraten delegitimiert. Das ist Gift in einer Demokratie.“

Es ist eine brandgefährliche Strategie, die Trump verfolgt – für die Demokratie insgesamt, aber auch für seine eigene Partei. In einer in Trumps Namen verschickten E-Mail an Unterstützer hieß es vor Kurzem: „Wenn wir den Wahlbetrug bei den Präsidentschaftswahlen 2020 (den wir gründlich und schlüssig dokumentiert haben) nicht aufklären, werden Republikaner 2022 oder 2024 nicht wählen.“

Vorrangiges Ziel der Republikaner ist es, bei den Kongresswahlen in einem Jahr die Mehrheit im Senat und Repräsentantenhaus zu erobern. Das kann aber nur gelingen, wenn die Partei ihre Anhänger mobilisiert – nicht, wenn sie zu Hause bleiben. Trump hat weiterhin gigantischen Einfluss auf Millionen Wähler. Der Fraktionschef der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, sagte CNN: „Ich hoffe, dass die Wahlen 2022 ein Referendum über die Leistung der aktuellen Regierung sein werden und keine Aufbereitung von Hinweisen, was 2020 passiert sein könnte.“

Trump denkt schon weiter als bis zur Kongresswahl im kommenden Jahr, nämlich an die Präsidentenwahl 2024. Die Anzeichen verdichten sich, dass er noch einmal antritt. „Ex-Präsident Trump erzählt fast jedem, der zuhört, dass er 2024 erneut kandidieren wird – und eine Umfrage nach der anderen zeigt, dass die große Mehrheit der Republikaner ihn gerne anfeuern und für ihn stimmen würde“, schrieb die Nachrichtenseite Axios. Die Washington Post berichtete, Berater hätten Trump überzeugen können, mit der Verkündung einer Kandidatur bis nach den Kongresswahlen zu warten – damit es nicht auf ihn zurückfällt, sollten die Republikaner dabei ihre Ziele verfehlen.

Beflügelt werden dürfte Trump von den Schwierigkeiten, mit denen Biden derzeit kämpft: Vorzeigeprojekte werden in innerparteilichen Flügelkämpfen zerrieben, die Corona-Pandemie ist immer noch nicht überwunden, der Abzug der US-Soldaten aus Afghanistan endete im Chaos – und das sind nur einige der Baustellen. Bidens Zustimmungswerte sind seit seinem Amtsantritt um fast zehn Punkte gefallen, nur noch gut 43 Prozent zeigen sich zufrieden mit seiner Arbeit. Es sind die niedrigsten Werte an diesem Punkt der Amtszeit seit Präsident Gerald Ford (1974 bis 1977) – mit einer Ausnahme: Trump schnitt vor vier Jahren noch schlechter ab. (dpa)

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