Schallenberg bestätigt bundesweiten Lockdown für Ungeimpfte
Der österreichweite Lockdown für Ungeimpfte kommt. Das kündigte Bundeskanzler Schallenberg am Freitag in Tirol an. Über das Wochenende soll mit den Ländern eine "bundeseinheitliche" Lösung erarbeitet werden. Gesundheitsminister Mückstein wird unterdessen eine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal verordnen.
Innsbruck, Wien – Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hat dem Lockdown für Ungeimpfte einen konkreten Zeitplan verpasst. Man wolle an diesem Sonntag "grünes Licht" für einen solchen Lockdown geben, sagte Schallenberg am Freitag bei einer Pressekonferenz zur "Blackout"-Übung in Innsbruck. Davor würde es am Wochenende eine virtuelle Konferenz mit den Landeshauptleuten geben und zudem am Sonntag eine Sitzung des Hauptausschusses des Nationalrates. Der bundesweite Lockdown für Ungeimpfte soll schon bald in Kraft treten.
Die Kontrollen sollen "stichprobenartig" vorgenommen werden, so Schallenberg. Die Wohnung verlassen könne man dann, wenn man der Arbeit nachgehen, notwendige Besorgungen machen müsse und sich "die Füße vertreten" wolle. Engmaschigste Kontrollen könne es logischerweise nicht geben, erklärte der Bundeskanzler: "Wir leben ja nicht in einem Polizeistaat und können und wollen nicht an jeder Straßenecke kontrollieren".
📽️ Video | Österreichweiter Lockdown für Ungeimpfte
Er wolle jedenfalls eine "bundeseinheitliche" Lösung, sagte Schallenberg. Einmal mehr erteilte der Kanzler einem generellen Lockdown ‒ also auch für Geimpfte und Genesene – eine klare Absage: Es müssten nämlich diejenigen geschützt werden, die sich auch selbst gegen das Virus durch eine Impfung geschützt hätten. Eine "Solidarität" mit den Ungeimpften im Sinne eines Gangs in den Lockdown dürfe es nicht geben.
Ein Lockdown für Ungeimpfte ist die höchste Eskalationsstufe im Stufenplan der Bundesregierung. Sie sah ursprünglich vor, dass bei einer Intensivstations-Auslastung von über 600 Betten (bzw. 30 Prozent), in der die als "kritisch" geltende 33-prozentige Auslastung der Intensivkapazitäten mit Covid-Patienten nahezu erreicht wäre, "Ausgangsbeschränkungen" für Ungeimpfte kommen. Das Szenario wird nun vorgezogen. Am Freitag lagen 436 Corona-Patienten auf Intensivstationen.
Gemeinsames Vorgehen aller Länder mit dem Bund
Bereits am Donnerstagabend verhandelten die Landeshauptleute darüber und auch am Wochenende wollen sie sich via Videokonferenzen weiter darüber abstimmen. Ziel sei ein gemeinsames Vorgehen aller Länder mit dem Bund. Tirols LH Günther Platter, derzeit Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, führte dazu am Freitag auch ein Gespräch mit Bundeskanzler Alexander Schallenberg.
Platter sagte, dass er bei den anderen Landeshauptleuten "Zustimmung" für einen Lockdown für Ungeimpfte orte. "Ich kann diesem Vorschlag des Bundeskanzlers viel abgewinnen", meinte er. Am Sonntag werden die Länder mit der Regierung eine "gemeinsame Linie" finden.
Platter: "Wir haben alle dasselbe Problem"
"Man müsse aber "alles daran setzen, dass die Bevölkerung nicht noch mehr verunsichert ist", sagte der Landeshauptmann. Er wiederholte, dass er für bundeseinheitliche Lösungen eintrete. "Wir haben alle dasselbe Problem", hielt er fest. Immerhin habe man das bei Einführung der 2G-Regel ja auch geschafft.
Nicht-Immunisierte dürfen demnach dann ihre Wohnung nur zu beruflichen Zwecken und für die Deckung der Grundbedürfnisse (Arzt, Apotheken, Lebensmittel-Einkäufe etc.) verlassen. Im Gegensatz zu einem harten Lockdown bleiben der Handel, die Gastronomie und die Freizeitbereiche offen. Allerdings nur für die Geimpften und die Genesenen.
Ungeimpften-Lockdown in OÖ und Salzburg bereits ab Montag
In Salzburg und Oberösterreich wird es ab Montag einen Lockdown für Ungeimpfte geben. Das kündigte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) Freitagmittag nach einer Video-Konferenz mit den Landeshauptleuten der beiden Länder an. Die Verordnung für den partiellen Lockdown in Oberösterreich und Salzburg wird das Gesundheitsministerium erlassen. Die rechtlichen Grundlagen für die darüber hinausgehenden, von den Landeshauptleuten verkündeten Maßnahmen, machen die beiden Länder selbst.
Für Oberösterreich kündigte Landeshauptmann Stelzer neben dem Lockdown für Ungeimpfte an, dass in einer eigenen Landesverordnung bis 6. Dezember alle Veranstaltungen untersagt werden - mit Ausnahme der Veranstaltungen im "professionellen Kultur- und Sportbereich". Adventmärkte können stattfinden, es gelte aber Maskenpflicht und ein Konsumationsverbot. Takeaway ist möglich. Außerdem kommt ab Montag eine generelle Maskenpflicht indoor, in der Gastronomie gilt diese bis zum Sitzplatz. Discos und Nachtlokale müssen jedoch bis 6. Dezember schließen.
Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) hatte mit dem für sein Bundesland angekündigten Lockdown für Ungeimpfte augenscheinlich wenig Freude. Er kündigte nach dem Gespräch mit Mückstein und Stelzer jedoch an, die Verordnung mittragen zu wollen. Entscheiden müsse dies aber zuvor der Hauptausschuss des Nationalrats. "Man kann nicht von einem Landeshauptmann verlangen, dass er mit einem Federstrich einzelnen Leuten ihre Grund- und Freiheitsrechte entzieht", sagte Haslauer.
Völliges Unverständnis herrscht bei den Freiheitlichen angesichts der am Freitag angekündigten Corona-Maßnahmen. "Diese Bundesregierung ist von allen guten Geistern verlassen", kommentierte FPÖ-Chef Herbert Kickl die Pläne für einen möglicherweise österreichweiten Lockdown für Ungeimpfte sowie die Impfpflicht für Gesundheitsberufe. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch und Gerald Loacker von den NEOS orteten wiederum Chaos der Regierung, nicht zuletzt in der Kommunikation der Maßnahmen.
Der Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Bernhard Wurzer, befürchtet indes, dass ein Lockdown für alle, also auch für die Geimpften notwendig sein wird. Eine solche Maßnahme nur für Ungeimpfte sei nämlich sehr schwierig zu administrieren. Positiver sieht die Ärztekammer die Maßnahmen. Präsident Thomas Szekeres meinte, ein Lockdown für Ungeimpfte könne auch "Motivator" für Ungeimpfte sein.
Impfpflicht für Gesundheitspersonal wird verordnet
Gleichzeitig teilte Mückstein mit, eine Impfpflicht im Gesundheits- und Pflegesektor anordnen zu wollen. Diese sei ein "Gebot der Stunde", weil es gelte, teilweise schwer Kranke zu schützen. Deshalb müsse das gesamte Personal, nicht nur Ärzte und Pfleger, geimpft sein. Ab wann oder wie genau das umgesetzt wird, erläuterte Mückstein noch nicht. Die Verordnung werde derzeit vorbereitet. (TT.com)
📽️ Video | Statement von Gesundheitsminister Mückstein