Corona-Krise

Lockdown kostet Tirols Wirtschaft Hunderte Millionen Euro

Die Wirtschaftskammer spricht sich zwar für weitere Einschränkungen aus, warnt aber vor einem Total-Lockdown.
© Böhm

Ein Total-Lockdown würde Tirols Wirtschaft mindestens 150 Mio. Euro pro Woche kosten. Stornowelle und heftige Hotellerie-Kritik an Politik.

Von Max Strozzi

Innsbruck – Auch wenn LH Günther Platter (ÖVP) gestern einen Lockdown für alle ausschloss – vom Tisch ist eine solche Total-Schließung freilich nicht. Nach Angaben des Tiroler Wirtschaftskammer-Ökonoms Stefan Garbislander würde ein Komplett-Lockdown Tirols Wirtschaft auf Basis der Erfahrungen aus dem Vorjahr etwa 150 Millionen Euro pro Woche an entgangener Wirtschaftstätigkeit kosten. „Tendenz steigend. Denn je mehr man sich Weihnachten und der Wintersaison nähert, desto höher sind die Ausfälle“, so Garbislander. Der Verlust der Wintersaison im vergangenen Jahr habe fünf Milliarden Euro an Wertschöpfung gekostet. „Das Szenario, dass uns die Wintersaison heuer wieder wegbricht, möchte ich mir nicht ausmalen“, sagt der Ökonom. Hätte man im vergangenen Sommer die Vorkehrungen getroffen, hätten sich solche Diskussionen jetzt erspart.

Entsprechend ist Tirols Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser gegen einen Lockdown für alle, wie er gestern abermals betonte. „Ein Lockdown für alle, auch die Geimpften, hätte fatale Auswirkungen – auf die Menschen und auf die gerade wieder anspringende Wirtschaft“, so Walser. Wenn man jetzt in einen Total-Lockdown gehe, komme man nicht mehr raus, meint er. „Weder Handel noch Gastronomie, Hotellerie, Handwerk, Industrie oder Dienstleister haben sich als Brandherde der Pandemie erwiesen. Vielmehr wurden alle Maßnahmen von den Betrieben umgesetzt und eingehalten.“ Weitere Einschränkungen seien allerdings nötig: „Überall dort, wo viele Menschen ohne Abstand zusammenkommen, wird das absolut Sinn machen.“

Schon der Lockdown für Ungeimpfte hinterlasse deutliche Spuren. „Es schwappt bereits eine Stornowelle über ganz Tirol“, so Walser. Alle betroffenen Branchen bräuchten aufgrund der behördlichen Maßnahmen Unterstützung.

Die Mitgliedsbetriebe der Hoteliervereinigung (ÖHV) erwarten laut einer Umfrage, dass in Tirol 48 % des Buchungsvolumens bis Anfang Jänner von Stornos betroffen sein wird. „Wochenlang wurden die ÖHV-Forderungen nach Vorbereitungen für den Worst Case genauso ignoriert wie Prognosen von Gesundheitsexperten“, kritisiert ÖHV-Vizepräsident Walter Veit die politisch Verantwortlichen: „Jetzt stehen wir genauso unvorbereitet da wie im Vorjahr.“

Grünen-Tourismussprecherin Barbara Neßler mahnte ein, dass all jene, die eine funktionierende Wintersaison haben wollen, auch verschärfte Maßnahmen befürworten müssen. „Wer glaubt, dass mit einer derartig hohen Inzidenz, deren Peak noch nicht einmal erreicht ist, viele Touristen zum Skifahren kommen, hat jeden Realitätssinn verloren.“