Bittersüße Melodien: Ictus Ensemble im Salzlager Hall
Drei VertreterInnen des Ictus Ensemble brachten Düsteres aus allen Zeiten mit nach Hall.
Hall i. T. – Ein Rezept gegen Melancholie? Ein starkes Getränk, Feiern, Musik und gute Gesellschaft – das wusste schon der englische Dichter Robert Burton (1577–1640). In seinem Hauptwerk „Anatomie der Melancholie“ hatte er die Melancholie aus den unterschiedlichsten Gesichtspunkten beschrieben und dabei zwischen einer melancholischen Stimmung, Temperament und Depression unterschieden. Ein Ausgangspunkt für Theresa Dlouhy, Eva Reiter und Tom Pauwels vom belgischen Ictus Ensemble, einen Abend ganz im Zeichen des Düsteren zu gestalten.
Es werde gar „Darker than black“, versprach das Programmheft am Donnerstag im Haller Salzlager. Die Konzertreihe musik+ hatte das Trio zum vierten Konzert der Saison geladen. Der Unterscheidung von Burton folgend haben sie es geschafft, ein besonderen Abend zu kuratieren, einen, an dem ganz selbstverständlich Renaissance mit Zeitgenössischem, Barockem und Romantischem vermischt wird.
Ins Elisabethanische Zeitalter tauchten die Zuhörer, die trotz schon drohender Lockdown-Aussichten zahlreich erschienen waren, eingangs mit John Dowland. Und Überraschung: Dessen „Mourne, mourne, day is with darkness fled“ (1600) für Gambe (Reiter) und Gitarre (Pauwels) erschien gar nicht so düster.
Wie der Klang im Zeitgenössischen endgültig aufgelöst wird, lässt sich im Anschluss bei „My naked lady framed“ (2013) des 34-jährigen französischen Komponisten Arthur Lavandier erahnen. Konsequent ist auch „Mourn, mourn“ (2014) vom Tiroler Komponisten Wolfgang Mitterer, in dem auch die Stimme von Sopranistin Theresa Dlouhy vollends zur Klangmaschine mutiert.
Mit Bernhard Gander ist noch ein weiterer Tiroler im Programm des Ensembles. Für das unheimliche „Darkness awaits us“ (2013) hat er Passagen aus Metal-Songs arrangiert. Das hört man im Text, aber auch über Reiters Gambe. Von ihr und nicht von Pauwels E-Gitarre dröhnen Anklänge von Metal-Riffs.
Ein erhellendes, zeitgenössisches Intermezzo fügt das Trio mit Francesco Filideis „ ... And here they do not“ (2014) ein, einem rein instrumentalen Kommentar zu Henry Purcells „Welcome to all the pleasures“ (1683). Das Epische der Ode wird hier von Gambe und Stimme klanglich erforscht – und dekonstruiert. Das Prusten und Schnauben der Musikerinnen lässt so manchen im Publikum schmunzeln.
So wurde dieses Konzert zwar finster, aber nicht dunkler als schwarz, wie der Titel vorgab. Dem Trio ist in kurzen, bittersüßen Melodien gelungen, auch in Laien die Neugier auf mehr zu wecken. (bunt)