Nationalrat

Koalition präzisiert das Sterbehilfe-Gesetz

Symbolbild.
© APA/BARBARA GINDL

Koalition plant Anlaufstellen für Hilfe leistende Personen und bekräftigt das Bekenntnis zum Ausbau der Palliativversorgung.

Von Wolfgang Sablatnig

Wien – Die Koalition bleibt bei ihrem Ziel, das neue Sterbeverfügungsgesetz im Dezember zu beschließen und am 1. Jänner in Kraft treten zu lassen. Auf der Basis von fast 140 Stellungnahmen aus der Begutachtung haben Justiz-, Verfassungs- und Gesundheitsministerium den Gesetzesentwurf überarbeitet und gestern dem Nationalrat zugeleitet. An zahlreichen Stellen finden sich Ergänzungen und Klarstellungen, um Unsicherheiten zu vermeiden. Derartige Klarstellungen forderten etwa Apotheken und private Pflegeeinrichtungen. Neu ist die Ankündigung von Anlaufstellen für Personen, die Hilfe für Sterbewillige leisten, um diese mit ihren Sorgen und Ängsten nicht allein zu lassen. Details dazu liegen noch nicht vor.

Das „Sterbeverfügungsgesetz“ wurde notwendig, weil der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das absolute Verbot der Sterbehilfe aufgehoben hat. Die neue Rechtslage gilt ab 1. Jänner 2022. Dennoch legten ÖVP und Grüne erst im Oktober ihren Entwurf für eine Neuregelung der sensiblen Frage vor. Für die Begutachtung durch Experten und Öffentlichkeit blieben nur drei Wochen, die aber rege genutzt wurden.

Sterbehilfe über Verfügung

Der Weg zum „assistierten Suizid“ soll über eine Sterbeverfügung führen. Wer eine solche errichten will, muss unheilbar krank sein, sodass entweder ein naher Tod wahrscheinlich ist oder die betreffende Person in ihrer Lebensführung dauerhaft beeinträchtigt ist.

Vor der Sterbeverfügung muss eine umfassende Aufklärung durch zwei ärztliche Personen stehen. Nach dieser Beratung ist eine Wartefrist von zwölf Wochen vorgesehen. Für schwerst kranke Menschen, deren Lebenserwartung nur noch höchstens sechs Monate beträgt, liegt die Frist bei zwei Wochen.

Mit der Sterbeverfügung kann die sterbewillige Person (oder ein Helfer) in einer Apotheke ein tödliches Präparat beziehen. Die Einnahme soll in einem „privaten Rahmen“ erfolgen, heißt es in den Erläuterungen zum Gesetz. Eigene Suizidstationen oder -organisationen sind nicht vorgesehen. Die letzte Handlung muss die sterbewillige Person jedenfalls selbst vornehmen. Was an Hilfestellung darüber hinaus geht, bleibt als „Mitwirkung an der Selbsttötung strafbar“ und ist mit sechs Monaten bis fünf Jahren Haft zu bestrafen.

Klarstellungen im neuen Gesetz betreffen diesen Ablauf. Vor allem private Spitäler und Pflegeeinrichtungen haben auf Klarstellungen gedrängt, dass sie assistierten Suizid in ihrem Bereich nicht unterstützen müssen. Auch die Apotheken forderten, das Prinzip der Freiwilligkeit der Hilfestellung für sie ausdrücklich festzuschreiben.

Überhaupt fallen die entsprechenden Vorgaben nun detaillierter aus als im ersten Entwurf. Neu ist die Möglichkeit, dass sterbewillige Personen in die Sterbeverfügung auch nachträglich Helfer aufnehmen. Auch diese können dann das Präparat bei der Apotheke abholen.

Parallel zum neuen Gesetz soll in den kommenden Jahren die Hospiz- und Palliativversorgung ausgebaut werden. Vorgesehen ist eine gemeinsame Finanzierung durch Bund, Länder und Gemeinden. Der Bund will dafür in den kommenden drei Jahren 108 Millionen Euro zur Verfügung stellen.

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