Verfassungsjurist zur Impfpflicht: Strafen müssen angemessen sein
Innsbruck – Kein Verfassungs-, sondern ein Bundesgesetz wird es sein, das der von der Regierung mit Februar 2022 in Kraft tretenden Impfpflicht die rechtliche Basis gibt. Dieses muss dafür zunächst im Nationalrat beschlossen und dann vom Bundesrat bestätigt werden, wie Verwaltungs- und Verfassungsjurist Peter Bußjäger erklärt. „Das ist in wenigen Wochen zu schaffen – bei entsprechend minimierter Begutachtungsfrist“, meint der Experte. Nachdem die Regierungsparteien – im Nationalrat reicht deren absolute Mehrheit – auch im Bundesrat wieder über eine Mehrheit verfügen, seien auch dort keine Verzögerungen zu erwarten. Ein Inkrafttreten der Impfpflicht mit Februar 2022 hält Bußjäger damit für durchaus realistisch.
Auch was die grundsätzliche Zulässigkeit einer Impfpflicht für alle angeht, sieht er keine Hürden und verweist auf das Beispiel der Masern-Impfpflicht in Tschechien. Dort hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt, dass diese rechtens ist, weil die Strafen nicht unangemessen hoch und etwa ungeimpfte Kinder trotzdem nicht vom Unterricht ausgeschlossen werden dürfen. Ähnlich verhalte es sich bei der für Österreich angedachten Coronaschutz-Impfpflicht.
Die Verfassung schütze außerdem zwar das Recht auf körperliche Integrität, „bei öffentlichem Interesse sind derartige Eingriffe aber zulässig“, macht Bußjäger klar. Angesichts der Corona-Lage sei dieses öffentliche Interesse auch gut zu argumentieren. „Was nicht geht, ist dass die Leute mit Gewalt zur Impfung gezwungen werden. Auch eine Beugehaft halte ich etwa für nicht zulässig“, so der Verfassungsjurist. Strafen dürfen empfindlich, aber nicht überschießend sein und werden im Verwaltungsstrafrecht angesiedelt sein. Auch dürfe so eine Strafe nur einmal verhängt werden. „Die Politik muss sich schließlich immer an der Verhältnismäßigkeit orientieren“, erinnert Bußjäger. Sollte die Impfpflicht dennoch nicht den gewünschten Effekt bringen – etwa wenn eine neue, noch aggressivere Virusvariante auftaucht –, dann bleiben der Politik immer noch Möglichkeiten nachzuschärfen und Konsequenzen für Impfverweigerer ins Strafrecht zu verlagern.
Einen Ausschluss von ungeimpften Kindern vom Unterricht könne es nicht geben. „Man darf den Kindern nicht verwehren, dass sie klüger werden als ihre Eltern“, so Bußjäger. Impfverweigerndes Lehrpersonal könne man mit Änderungen im Dienstrecht aus den Klassen verbannen. (np)